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Attac-Positionspapier:
Alternative Weltwirtschaftsordnung

Maintainer: Markus Göker, Version 1, 26.06.2003
Projekt-Typ:
Status: Archiv

(1)

Attac-Positionspapier
"Wege zu einer Alternativen Weltwirtschaftsordnung" (AWWO)

1. Entwurf der AG AWWO (Stand: 25.6.2003)


Hinweise zur Nutzung
Vorbemerkung der Redaktionsgruppe (Entstehungsgeschichte, weiteres Verfahren u.a.)

GLIEDERUNG:

Einleitung (Warum und wozu dieses Grundsatzpapier? Adressaten?)

Hauptteil:

I. Die herrschende Weltwirtschaftsordnung - Analyse und Kritik:

            Folgen der neoliberalen/kapitalistischen Globalisierung
       Was bedeutet Globalisierung?
       Ursachen der Globalisierung
Transnationale Konzerne
1. Weltwirtschaftsordnung und Umwelt
       Wachstumsdoktrin
2. Welthandelssystem: WTO und Weltagrarmarkt
3. Weltwährungs-, Weltfinanzsystem
4. Weltwirtschaftsordnung und Kriege
5. Die EU: Motor der Globalisierung

II. Alternativen

II.1 Leitideen:
1. Leitbild: Nachhaltige Entwicklung
       A: Abschied vom Wachstum; B: Zukunft des Wachstums
2. Perspektiven der Globalisierung:
       Kulturelle Vielfalt/Orientierung an der Lebenswelt
       Sicherung der Menschenrechte
2.1 Alternative: Globalisierung gerechter gestalten
2.2 Alternative: Entglobalisierung- von der Weltmarkt- zur Binnenorientierung
2.2 Alternative: Lokalisieren statt Globalisieren

II.2 Wege zu einer alternativen Weltwirtschaftsordnung
1. Weltwirtschaftsordnung im ökologischen Gleichgewicht
2. Neuordnung des Handels mit Gütern und Dienstleistungen
      -   Reform des Handelsregimes und der WTO
      -   Weltagrarmarkt, TRIPS
      -   Entglobalisierung
3. Neuordnung der Währungs- und Finanzbeziehungen
      -   Entschuldung
      -   Zukünftige Rolle von IWF und Weltbank
4. Kontrolle und Machtreduzierung Transnationaler Konzerne
5. Zukünftige Rolle und Weiterentwicklung der EU

Schluss:
Strategien und Bündnisse auf dem Wege zu einer alternativen Weltwirtschaftsordnung

(2)

Hinweise zur Nutzung:
  • In dieses Positionspapier können zu einzelnen Abschnitten und Absätzen Kommentare eingefügt werden, und zwar über den Link "Kommentar" an der entsprechenden Textstelle. Diese Kommentare können wiederum kommentiert werden.
  • Beim Schreiben von Kommentaren bitte Name und Email-Adresse angeben.
  • Zur Anzeige von Kommentaren auf eines der Minus-Zeichen ("-") klicken, die am Anfang von Abschnitten/Absätzen sind.
  • Neue Kommentare per Email erhalten: Eine leere Email schicken an subscribe*attac-awwo@opentheory.org (Neue Kommentare werden gesammelt bis 6 Uhr morgens.)
  • Wer das Positionspapier ohne Kommentare ausdrucken möchte, sollte auf die Seite www.attac.de/awwo gehen.

(2.1) Dritter "Hinweis zur Nutzung" falsch, 27.06.2003, 13:08, Michael Kox: Den dritten "Hinweis zur Nutzung" habe ich leider falsch angegeben. Um die Kommentare zu lesen braucht man NICHT auf das Minus-Zeichen zu klicken; durch solch einen Klick verschwinden die Kommentare nur.

(3) Vorbemerkung der Redaktionsgruppe der AG AWWO

(3.1) Einladung zum Treffen, wo an dem Papier weitergeabeitet wird, 07.09.2003, 19:21, Michael Reinecke: Liebe Leute! Im Namen der AWWO-Redaktion lade ich alle Interessierten zur dritten Wochenendtagung der Unter-AG Alternative Weltwirtschaftsordnung nach Hannover ein. Eine ausführliche Einladung findet ihr unter http://www.attac.de/awwo/

(4) Liebe GlobalisierungskritikerInnen bei Attac,
vor euch liegt nun der 1. Entwurf für das Positionspapier, wie es vom Attac-Ratschlag in Göttingen (Jan. 2003) beschlossen worden ist. Der Beschluss lautete:
- Der Ratschlag beschließt, dass Attac ein grundsätzliches Positionspapier "Für eine ökologische und solidarische Weltwirtschaftsordnung" (Arbeitstitel) erarbeitet.
- Der Arbeits- und Diskussionsprozess soll in den einschlägigen Arbeitsgruppen von Attac als auch in den Ortsgruppen, auf Workshops der kommenden Ratschläge und der Sommerakademie und in enger Abstimmung mit dem Wissenschaftlichen Beirat von Attac erfolgen. (Die AG Welthandel und WTO [insb. die Unter-AG "Alternative Weltwirtschaftsordnung, AWWO"] bietet sich an, diesen Arbeitsprozess zu koordinieren.)
- Auf dem Herbst-Ratschlag 2003 wird dem Plenum ein Zwischenbericht zum Stand der Diskussion vorgelegt; auf dem Frühjahrs-Ratschlag 2004 wird der Entwurf des Grundsatzpapiers abschließend diskutiert und verabschiedet.

(5) In einem breiten Diskussionsprozess wurden von der Arbeitsgruppe AWWO ein Gliederungsentwurf erarbeitet und daraufhin von einzelnen Attac-AGs, Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats und von Mitgliedern der AG AWWO Textbeiträge erbeten. Etliche zugesagte Beiträge wurden bisher (noch) nicht zugesandt, ein Beitrag aus feministischer Sicht wird Anfang Juli fertig und euch gesondert zugeschickt ("Ergänzungslieferung"). Es finden sich noch viele Lücken, die in den nächsten Monaten geschlossen werden sollten. Wer fühlt sich berufen?

(6) Die AG AWWO hat eine Redaktionsgruppe aus bisher drei Personen (Heinrich Fecher, Michael Reinecke, Eckhard Stratmann-Mertens) beauftragt, die redaktionelle Bearbeitung der eingesandten Texte vorzunehmen. Auf bisher zwei Wochenendtagungen der AG sind der (vorläufige) Gliederungsentwurf und der 1. Rohentwurf diskutiert und daraufhin noch einmal verändert worden.

(7) Am 14./15.6.03 ist der vorliegende Entwurf auf dem Seminar des Wissenschaftlichen Beirats "Wege zu einer Alternativen Weltwirtschaftsordnung" in Haus Villigst/Schwerte mit Mitliedern der AG AWWO diskutiert worden. Der vorgesehene Arbeitstitel "Attac-Grundsatzerklärung" stieß dabei auf breite Ablehnung, da er zu sehr den Eindruck eines "Parteiprogramms" erwecke; vorgeschlagen wurden u.a. "Memorandum", "Manifest", "Denkschrift" oder auch "Positionspapier". Hier sollten in der kommenden Diskussion verschiedene Vorschläge geprüft werden. Die Debatte während des Seminars zeigte auch, dass der vorliegende 1. Entwurf in seiner Gesamtanlage noch sehr unfertig ist: die Gliederung wirke zu systematisch-geschlossen, die Akzente seien zu wenig deutlich, die Sprache unlebendig; auch sollten mehr grundlegende Fragen (Demokratie-, Frauen-, "System"frage) aufgeworfen werden.

(7.1) Handhabung, 02.09.2003, 07:41, Jörn Wiertz:

Ich sehe die Gefahr, dass wir uns in der systematischen Erarbeitung eines Positionspapiers im Dickicht der Details verstricken.

Am Ende steht ein Papier, das weder mehr Übersicht vermittelt noch unserer Verschiedenheit Raum lässt. Das beschreiben unterschiedlicher Positionen ist kein Ausweg. Außerdem sollte ein Positionspapier nicht nur unsere eigene Arbeit erleichtern (wie es ja ach im Antrag vom Januar beschrieben ist), sondern muss gleichzeitig nach außen wirken, d.h. „lesbar“ sein.

Wir sollten uns bei der weiteren Erarbeitung vom Sinn und Zweck dieses Papiers leiten lassen. Die Aufzählung unterschiedlicher Positionen bringt uns nicht weiter. Sie bremst eher die Entwicklung statt sie zu befördern.

Ich werde in den nächsten Tagen (für die AG Sitzung am 20./21.9.) meine Vorstellungen konkreter ausgearbeitet als Diskussionsansatz vorlegen.

(7.1.1) Ergänzung:, 15.09.2003, 10:48, Jörn Wiertz:
Um die Diskussion nicht noch weiter zu komplizieren: Ich finde wir sollten auf der AWWO-Tagung am 20/21.9. den Gliederungsentwurf von Mohssen Massarrat als Grundlage nehmen.

Über die „Einleitung“ sollten wir uns grundsätzlichere Gedanken machen. Wir brauchen m.E. eine konzentrierte Einleitung die bereits einen Überblick über unsere Positionen verschafft.

(7.2) Handhabung, 04.09.2003, 12:38, Gert Köhler, Tübingen: Eine Vorgehensweise, die zur 2. Fassung (gestraffter, konsensfaehig, oeffentlichkeitswirksam, wichtige Loecher gestopft) fuehren koennte, waere folgende:
(a) betrachte die gegenwaertige Fassung als einen exzellenten Anfang (b) erarbeite eine kurze Liste von Forderungen (ausgehend von den jetzigen Formulierungen) (c) schreibe die 2. Fassung so, dass die Forderungen in (b) untermauert sind. Anderes weglassen oder in den Reader stecken und fuer die 3. Fassung aufheben.
Mein Vorschlag fuer einen Forderungskatalog waere in etwa: (1) “lernend gehen wir voran” als Prinzip (von Zapatistas, jetzt im Schlussparagraph) (2) oekologischer Umbau der Industriegesellschaften (jetzt im Vorschlagsteil) (3) massive Entwicklungsfinanzierung fuer die Zweidrittelwelt (grosses Loch in der jetzigen, ersten Fassung) (4) Demokratisierung der Weltwirtschaft (mit vielen Unterpunkten aus der jetzigen Fassung) (5) bis (10) weitere Forderungen

(8) Es ist beabsichtigt, dass in dem Positionspapier nicht nur Konsenspositionen von Attac dargestellt werden. Dort, wo ein Konsens (noch) nicht erreicht werden kann, sollen kontroverse Positionen nebeneinander dargestellt werden. In großen Teilen ist der bisherige Entwurf recht "reformistisch". Dies ist nicht die Absicht der AG AWWO oder der Redaktionsgruppe, sondern hängt einzig damit zusammen, dass bisher nicht mehr "kritischere" Beiträge eingegangen sind. Dies kann und soll sich ändern.
Die AG AWWO beabsichtigt, zur Fundierung der Alternativdebatte einen Reader (evtl. auch ein Buch) herauszugeben, der zu den wichtigsten Themenbereichen ausführlicher kontroverse Positionen darstellt. Für dieses Projekt ist dem Wissenschaftlichen Beirat eine Zusammenarbeit vorgeschlagen worden.

(9) Mit der Attac-weiten Verschickung des 1. Entwurfes sind nun alle Interessierten, die lokalen Gruppen wie die bundesweiten AGs, eingeladen, sich an der Debatte um ein Attac-Positionspapier zu einer Alternativen Weltwirtschaftsordnung zu beteiligen, Kritik zu formulieren oder am besten eigene Textbeiträge beizusteuern.

(10) Ergänzungs- oder Änderungsvorschläge für den nächsten Entwurf schickt bitte an die Redaktionsgruppe unter: attac-awwo-redaktion@listen.attac.de . Die Vorschläge sollten auch im unten genannten Webforum zur Diskussion gestellt werden; sie werden auf Wunsch des Autors/der Autorin oder auf Initiative der Redaktionsgruppe auch dokumentiert auf der Website www.attac.de/awwo. Von dort kann auch dieser Entwurf runtergeladen werden. Vor allem für kürzere Vorschläge bitten wir die AutorInnen, sich mit einer Dokumentation im Webforum zufrieden zu geben.

(11) Um über das Positionspapier zu diskutieren, gibt es (ab 26. Juni) ein Webforum unter www.opentheory.org/attac-awwo/text.phtml. Dort können zu einzelnen Abschnitten und Absätzen des Papiers Kommentare eingefügt werden; diese Kommentare können wiederum kommentiert werden.

(12) Wir werden versuchen, die eingehenden Beiträge zu ordnen und für die Überarbeitung zu einem 2. Entwurf zu bearbeiten. Hinsichtlich der Länge des Positionspapiers schlägt die AG AWWO vor, dass die Endfassung maximal 20 Seiten umfasst.

(13) Der weitere Zeitplan bis zum Herbstratschlag im Oktober 2003 sieht folgendermaßen aus:
1. Auf dem Kongress McPlanet.com und auf der Sommerakademie gibt es jeweils Workshops, wo der 1. Entwurf vorgestellt wird und diskutiert werden kann.

2. Änderungsvorschläge sollen bis zum 15. September an die o.g. Redaktionsadresse geschickt werden. Die AG AWWO tagt am 20./21. September und wird den Stand der Diskussion und die anstehende Überarbeitung des Entwurfes beraten. Bis Ende September wird dann ein 2. Entwurf erstellt und rechtzeitig vor dem Herbst-Ratschlag Attac-weit verschickt.

3. Auf dem Herbst-Ratschlag wird ein Zwischenbericht der Arbeit an dem Positionspapier gegeben, diskutiert und das weitere Verfahren beraten werden.

(14) Wir wünschen uns allen nun eine engagierte und kontroverse Diskussion des Entwurfes und grüßen herzlich

die Redaktionsgruppe: Heinrich Fecher, Michael Reinecke und Eckhard Stratmann-Mertens

25.6.2003

(15) Einleitung: (Warum und wozu dieses "Positionspapier"? Adressaten?)

(15.1) zur Einleitung, 19.08.2003, 20:04, Jörn Wiertz:

Wir sollten die grundlegenden Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens offensiv aufwerfen. Sie den einfältigen „Ursache-Wirkung“ Rezeptvorschlägen des „Mainstream“ entgegensetzen. Die vorliegende Einleitung ist eine zu kleinmütige Rechtfertigung und hört sich an wie eine Kapitulationserklärung wenn uns etwa die „transnationalen Konzerne zwingen(!) die treibenden Kräfte… beim Namen zu nennen,…“
Wir wollen sie beim Namen nennen und wir wollen diese Welt verändern. Dies sollte auch in der Einleitung zu Ausdruck kommen. Hier schon sollten wir in Grundzügen ein Weltbild entwickeln, das über die bloße Abgrenzung zum Bestehenden hinausgeht.

Zwei Punkte sind mir besonders wichtig:
1. Eine klare Prioritätensetzung: Wirtschaften ist nicht Zweck an sich, sondern muss sich dem Ziel der Schaffung einer „sozialen“ Gesellschaft unterzuordnen.
2. Die unbedingte Anerkennung des „Weltanschaulichen Pluralismus“ ist Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben der Völker.


zu 1)
a) Ich halte den Titel „Wege zu einer alternativen Weltwirtschaftsordnung“ für unglücklich. Wir sollten nicht die eine Weltwirtschaftsordnung anstreben. Sofort fragt sich doch, wer bestimmt diese Ordnung und wer ordnet? Unser Ziel sollte die Ermöglichung von Gesellschaften sein in denen sich Menschen nach ihren Vorstellungen und Wünschen möglichst ungehindert entwickeln können. Das steht in Gegensatz zu der gegenwärtigen gesellschaftlichen Ideologie. Danach hat sich alles dem Diktat der Wirtschaft unterzuordnen und nur dem einen Ziel, dem Wachstum, unterzuordnen. Mit dieser Doktrin wird sowohl der Sozialabbau im Innern betrieben, als auch die immer weiter auseinander klaffende Schere zwischen Arm und Reich im Weltmaßstab weiter geöffnet.

b)Wir brauchen unbedingt die Möglichkeit das Völker sich aus dem Einheitsbrei des Weltmarktes verabschieden um die eigene soziale Entwicklung zu fördern. Wir brauchen ebenfalls eine Konkretisierung wie wir ohne „freien Welthandel“ als Industrieländer diese Entwicklung niocht nur nicht sankti-onieren, sondern unterstützen wollen. Diese Position sollten wir bereits in der Einleitung darlegen, die Konkretisierung sollte im Papier selbst erfolgen.

zu 2) „Vielfalt ist unsere Stärke“, dieser Satz aus dem ersten Punkt unseres Selbstverständnisses ist etwas ganz anderes als das Streben nach einer (der „richtigen“) Meinung. Die Einleitung (und auch die Vorbemerkung) klingen aber danach. Meinungsvielfalt ist nach unserem Selbstverständnis keine möglichst auszumerzende Schwäche, sondern eine Stärke. Letztlich die unabdingbare Bedingung für Entwicklung.
Es geht hier um weit mehr als die Frage „wie führe ich die innerorganisatorische Diskussion“ und „wie respektvoll gehe ich mit der Meinung des Anderen um“. Die Vorstellung dass sich verschiedene Auffassungen, Meinungen und Wertvorstellungen gegenseitig fördern und nicht entgegenstehen, ist letztlich Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben weltweit. D.h. wir sollten uns eben auch nicht einbilden aus der beschränkten Sicht unserer vermeintlichen Realität klären zu können was „richtig“ ist. Hier wäre es allerdings wichtig für „offene“ Lösungen einzutreten, statt mit Schlagworten wie „Privatisierung“ oder „Neoliberalismus“ ungewollt „eindimensionale“ Lösungen (Zentralismus und Dirigismus) zu implizieren.

Ich habe darauf verzichtet konkrete Ausformulierungen vorzuschlagen wie ich zunächst die Einigung auf inhaltliche Grundzüge für wesentlicher halte. Nach einer solchen Einigung sollte die genaue Ausformulierung ohnehin verhältnismäßig leicht von statten gehen.

(16) "Eine andere Welt ist möglich". Weltweit eint dieser Slogan Globalisierungskritiker und –gegner in ihrem Widerstand gegen die neoliberale Globalisierung. Wir sind nicht länger bereit, die Globalisierung wie einen Sachzwang oder gar als naturhaft-unausweichlich hinzunehmen. Indem wir die Möglichkeit von Alternativen propagieren, untergraben wir auch die Legitimation derjenigen, die die konzerngesteuerte Globalisierung vorantreiben und von ihr profitieren. Die Zunahme von Armut in weiten Teilen der Erde, die immer größer werdende Kluft zwischen den reichen Industriestaaten und den armen Gesellschaften des Südens, die Ausbreitung von globalen Umweltproblemen sowie die Konzentration von ökonomischer und politischer Macht in Händen von transnationalen Konzernen zwingen uns, die treibenden Kräfte und Interessen hinter diesen Entwicklungen beim Namen zu nennen, aber auch gleichzeitig nach Auswegen zu suchen.

(17) "Wir setzen uns ein für eine ökologische und solidarische Weltwirtschaftsordnung" (Attac-Erklärung, Frankfurt 2002). Diese Zielmarke reicht auf Dauer genauso wenig aus wie der pure Appell, eine andere Welt sei möglich. Zunehmend wird in der globalisierungskritischen Bewegung selbst als auch in der hellhörig gewordenen Öffentlichkeit konkret nach unseren Alternativen gefragt. Diese Fragen wollen wir mit der vorliegenden Positionsbestimmung von Attac aufgreifen.

(18) Das "Positionspapier" beschreibt "Wege zu einer alternativen Weltwirtschaftsordnung". Es gibt nämlich nicht den einen Königsweg, sondern zur Vielfalt der globalisierungskritischen Bewegung und von Attac selbst gehört auch eine Vielfalt von politischen und strategischen Wegen und Ansätzen. Das "Papier" bringt diese Vielfalt zum Ausdruck und soll zugleich einen breiten gesellschaftlichen Diskurs über diese Wege anstoßen. Damit ist dieses "Papier" zugleich eine Station des Diskussionsprozesses, in dessen Verlauf sich diese Positionsbestimmung weiter differenzieren und verändern wird.

(19) Die Absicht des "Positionspapiers" ist es, das zum Ausdruck zu bringen, was allen Gruppierungen und Aktiven bei Attac gemeinsam, was Konsens ist. Damit kann dieser Konsens auch in der Gesellschaft breiter diskutiert und verankert werden. Genauso werden in dem "Papier" aber auch verbleibende Unterschiede und Differenzen bei Attac hinsichtlich der Zielbestimmung und der Wege zum Ziel deutlich gemacht. Darin sehen wir nicht eine Schwächung unseres Netzwerkes und der Bewegung; im Gegenteil: Je klarer Differenzen deutlich gemacht werden, umso lebhafter und fundierter kann der Diskurs darüber geführt werden. Die Lebendigkeit der politischen Auseinandersetzung bringt uns voran und bietet Orientierung für alle diejenigen, die Unbehagen an den Auswirkungen der Globalisierung empfinden.
Das Spannungsverhältnis zwischen reformorientierten Globalisierungskritikern und radikalen Globalisierungsgegnern kann sich als förderlich für eine gemeinsame Wegstrecke zu einer alternativen Weltwirtschaftsordnung erweisen: Denn ohne langfristige Utopien laufen kurz- bis mittelfristig ansetzende Reformvorschläge Gefahr, von den herrschenden Kräften vereinnahmt zu werden; und ohne die Fähigkeit, konkrete und praktisch wirksame Reformen vorzuschlagen, verlieren radikale Utopien ihren Realitätsbezug.

(20) Attac ist ein Netzwerk innerhalb der globalisierungkritischen Bewegung; dieses "Positionspapier" ist gerade aufgrund seiner Offenheit und Vielfältigkeit kein statisches Programm, vielmehr ein Zwischenergebnis. Es nimmt die Alternativansätze aus den unterschiedlichen Bewegungs- und Gruppenzusammenhängen auf. Ohne sich in detaillierten Einzelforderungen zu verlieren, will es Eckpunkte einer ökologischen, solidarischen und demokratischen Weltwirtschaftsordnung deutlich machen und damit öffentlich zur Diskussion stellen.

(21) Hauptteil:

(22) I. DIE HERRSCHENDE WELTWIRTSCHAFTSORDNUNG -
       ANALYSE UND KRITIK

(23) [ Die folgenden Themen sind in dem Entwurf noch nicht abgedeckt; diese weißen Felder müssen noch bearbeitet werden:

(23.1) Treibende Kräfte ... / transnationale Konzerne, 01.07.2003, 14:55, Stefan Raphael: Textvorschlag: Transnationale Konzerne sind zweifelsohne eine der Triebfedern der gegenwärtigen Form der Globalisierung - und einer ihrer größten Profiteure. Die Anzahl transnationaler Unternehmen stieg innerhalb von etwa 10 Jahren von etwa 7.000 auf über 60.000 im Jahr 2000 (lt. UNCTAD). Die Vorteile für diese Unternehmen sind vielfältig. Durch die Möglichkeit, ganze Unternehmensbereiche zu verlagern, werden die lediglich - wenn überhaupt - national operierenden Gewerkschaften erheblich geschwächt. Durch konzerninterne Transaktionen, sog. Transfergelder, werden Unternehmensgewinne in Länder mit niedrigen Steuern oder gar Steueroasen und Offshore-Zentren verschoben. Der Umfang solcher Operationen lässt sich daran abschätzen, dass nahezu 60 Prozent des Welthandels innerhalb multinationaler Unternehmen abgewickelt werden. Die Erosion der Steuereinnahmen schwächt die Handlungsfähigkeit der Nationalstaaten zusehends. Die Nationalstaaten werden quasi einer Steuerkonkurrenz ausgesetzt, worauf die stetige Absenkung der Unternehmenssteuersätze in den OECD-Staaten in den Jahren 1988 bis 1998 hindeutet. Das führt zunächst zu einem Entzug staatlicher Einflussnahme, zumal entsprechende supranationale Regulationsmechanismen bislang fehlen. Schlussendlich kann diese Entwicklung zu einer Aushöhlung der Demokratie führen.

(23.1.1) Re: Treibende Kräfte ... / transnationale Konzerne, 01.07.2003, 22:08, Petra Haarmann: Ich verstehe aber Deine Intention nicht. Willst Du jetzt die Exklusionsmaschine Staat, die historisch genuiner Teil der von Dir beschriebenen Entwicklungsbewegung ist, gegen eben diese in die Waagschale werfen? Das ist nicht nur aussichtslos, sondern fördert geradezu völkisch konnotierte Krisenvermittlungsideologien.

(23.1.1.1) Re: Treibende Kräfte ... / transnationale Konzerne, 04.07.2003, 13:16, Uwe Berger: ließe sich nicht endlich mal eine verständnisebene aufbauen, in der die phaenomene in der soziologie genauso betrachtet werden wie beispielsweise im licht (die drei farben rot-gelb-blau) in der Geschlechtsbildung ist es auch so : es sind drei Hormone, die in ihrer verteilung über mann /.../frau entscheiden. und dreischritte... Holzfeuchte und trocknung läßt sich ohne luft und dampf und temperatur und ausdehnung auch nicht denken und fühlen. Öffnet mal Euren Arbeitsspeicher oder fürchtet Ihr ´ne überflutung?

(23.1.1.1.1) Re: Uwe Berger, 07.09.2003, 14:36, Michael Kiersch: Kein Kommentar.

(23.1.1.1.1.1) Kain, komm-intern??, 09.09.2003, 04:49, Uwe Berger: Was soll das denn nun schon wieder heißen? ein frommer Wunsch, ein kategorischer imperativloser Impferatief? Soll´s sagen: kam, sah´s und mir versiegten die Worte??? ich stellte keine Fragen, um eine Antwort zu bekommen, ich möchte Einsicht! und zwar: sehen möchte ich sie, wie sie genommen wird!

(23.1.1.1.1.1.1) Re: Kain, komm-intern??, 09.09.2003, 14:50, Bernd König: Was soll das denn hier Uwe! Wenn die Leute sich ernsthaft mit der Problematik unserer Gesellschaft auseinandersetzen, dann sollten wir das nicht durch Irritation torpedieren! Wäre das nicht eher etwas für dei Projekt "Sinn macht, was Sinn macht", dass sich mit dem Zusammenhang zwischen Wahrnehmung und Denken auseinandersetzt? Im übrigen sollten wir beide uns doch eher um die Kunst kümmern...

(23.1.1.1.1.1.1.1) 15.09.2003, 17:52, Michael Kiersch: Danke Bernd! Nichts für ungut Uwe.

(23.1.1.1.1.1.1.1.1) keinen kommentarlosen, 19.09.2003, 23:57, Uwe Berger: lieber Bernd, irgendwann wird den Leuten, die sich hunderte von Seiten Text aufgespult haben, einleuchten, daß das auch mit ein paar Worten geht. Dann müßte man allerdings selber denken. Wenn Einer Selbstentfalltung delegieren möchte, dann muß er ein Kommando dafür geben können, keine langen Diss,kuss,!!onen. Und kommandiert Euren nächsten, wie Euch selbst
°°:---:´
ich lass mich nicht verdrängen, da wo das "SelbstLos" ist, da bin ich sowieso schon, erst außerhalb von Raum und Zeit weiß einjeder: "ich bin hier zum erstenmal" und "einen Ersten gibt es nicht"!!! In dieser Welt hier gilt aber noch die olympische Dissziplin: seid dabei und lernt verlieren, lernt doping, ohne sich erwischen zulassen; und reiht Euch ein in die looserfraktion der ehemaligen Goldmedalliengewinner. schönschön war die Zeit :) übrigens Berta Lask hat am 17.11. ihren 125. Geburtstag.

(23.1.1.1.1.1.1.1.1.1) Eine Frage der Tonlage, 20.09.2003, 19:07, Bernd König: Und Theodor Wiesengrund Adorno hatte am 11.9. 2003 seinen 100sten Geburtstag.
Fragt sich nur noch, welches Register wann das richtige ist und wann es sich lohnt Christian Morgenstern und James Joyce durch Theodor W. Adorno und Walter Benjamin auszutauschen...

(23.1.1.1.1.1.1.1.1.1.1) der Gegenstand, 20.09.2003, 19:13, Bernd König: Dass die meisten hier (mich eingeschlossen) nicht denken können und allzu schnell irgendwelche netten Theorien hinklieren, über die sie v.a. nicht genügend nachgedacht haben, dass weiss ich spätestens, seit ich mich jetzt etwas mehr mit Adorno beschäftige...

(23.1.1.1.1.1.1.1.1.1.1.1) Re: de :Ge:gen:stand:, 21.09.2003, 21:10, Uwe Berger: ach, denken können schon alle, es läßt sich nur jeder aus seiner zeitachse rausschubsen. - Berta Lask war doch in Falkenberg. Dort hatten sie eine Papierfabrik. Und die erfindung des Buches war gewissermaßen "auf einen schlag" an xbelibiger Stelle sein Aufmerksamkeit hinzuwenden. Nach dem langen Gebrauch von Rollen, die müßen erst abgerollt werden um s ein e S icht der Dinge zu ändern. "Könnt Eure Rollen perfekt" sonst raschelt es auf der Probe immer so, Nunja_der Augenblick

(23.1.2) Schlussendlich kann diese Entwicklung zu einer Aushöhlung der Demokratie führen..., 09.09.2003, 13:55, Bernd König: Kann führen ? Hat schon geführt ! Inwieweit hat der ständige Bezug von Politikern und Politikerinnen auf den ökonomischen Sektor und ihre Unterordnung einzig unter die Wünsche der ökonomischen Elite etwas mit Demokratie zu tun ? Die transnationalen Konzerne können über ihr gewaltiges Kapital die Politik steuern und tun dies auch. Die Parlamente werden unter diesen Bedingungen nur noch zu Showveranstaltungen fürs Volk. Was für eine Macht hinter einzelnen Persönlichkeiten steht, sieht man schon daran, dass ein bekannter New Yorker Milliardär und Wirtschaftsguru, von dem ich leider nur weiss wie er sich ausspricht (George sprich:Zorosch) durch seine Verlautbarungen zwei Weltwirtschaftskrisen ausgelöst hat: die Asienkrise und die Russlandkrise. Letztere löste er durch ein Interview in der Washington Post aus, indem er sagte, dass er sich wünschte, dass der Rubel abgewertet würde, 24 Stunden später war der Rubel so im Keller, wie es sich überhaupt nur denken lässt, was George Zorosch wiederum sauer werden liess, tritt er doch in Osteuropa als großer Mäzen auf...

(23.1.2.1) Abkommen über weltweit geltende Sozial(mindest-)standards gegen GATS, 09.09.2003, 14:04, Bernd König: Was natürlich helfen würde, wäre wenn sich alle Staaten an einen Tisch setzen und Sozialstandards festlegen, die weltweit gelten sollen, aber so etwas ist so utopisch, dass es nicht eintreten wird. Da sich jeder Staat selbst der Nächste ist, lassen sich die Staaten erpressen.

(24) Die Globalisierung ist ein Umbruch von historischen Dimensionen. Sie verändert die Gesellschaft mit enormem Tempo und greift tief in unsere Lebensbedingungen ein. Ihr Leitbild ist der Neoliberalismus mit dem Versprechen, die Globalisierung bringe Wohlstand für alle. Dies hat sich jedoch nicht erfüllt, im Gegenteil.

(24.1) Markt, Finanzen - Kleinklein für die "Kleinen"?, 11.08.2003, 15:01, Sigrid Asamoah: Diese Ansicht überschätzt die Naivität selbst derjenigen, die von den global players profitieren. Spätestens seit Mitte der 80er, sieht man das gemischter. (Vielleicht hat attac nach diversen NGO's zumindest einen indirekten Einfluss darauf, dass sich die Argumentation pro Markt kritischer geriert.) Sollten man in den verbreiteten Mechanismus verfallen, nun anzunehmen - bei Enttäuschung über eine leere Phrase - das Gegenteil sei richtig? Verarmung der öffentlichen Hand armer Länder infolge von "Strukuranpassungsmassnahmen" bei Überschuldung ist das Problem. Ist aber Re-Re-Regionalisierung die Lösung? "small-is-beautiful" ist doch wohl eher was für Leute, deren Konsumbedürfnisse im Großen und Ganzen befriedigt sind, also die "Satten". Oder wollt ihr den Computer, an dem ihr sitzt, selbst produzieren, ihn womöglich mit einem Fahrraddynamo betreiben? Finde ich scheinheilig.

(24.1.1) Re: Markt, Finanzen - Kleinklein für die "Kleinen"?, 09.09.2003, 14:09, Bernd König: Immerhin haben die transnationalen Konzerne erkannt, dass ein Netzwerk kleinerer Einheiten wesentlich effektiver ist als behäbige große Einheiten.

(25) Folgen der neoliberalen/kapitalistischen Globalisierung :

(26)

(27) Die ungleiche Verteilung des Reichtums wird nicht zuletzt ermöglicht durch eine analoge Ungleichverteilung der Ressourcen- und Umweltnutzung. Derzeit werden rund 80 % der Stoffströme (Ressourcen) weltweit für den materiellen Wohlstand der Menschen in der industrialisierten Welt in Bewegung gesetzt, also für ca. 20 % der Weltbevölkerung. Der Verfall der Weltmarktpreise für mineralische und agrarische Rohstoffe, die nach wie vor für die meisten Nicht-Industrieländer die Hauptexportprodukte sind, und die damit gegebene Verschlechterung der terms of trade sind ein herausragender Faktor sowohl für die Armutsentwicklung in vielen Regionen der Welt als auch –korrespondierend- für Wohlstandsgewinne in den Industriestaaten.

(27.1) 29.06.2003, 16:43, Petra Haarmann: Vielleicht klärt Ihr mal für Euch selbst welchen "Reichtum" Ihr eigentlich meint. Das geht in Eurem Papier nämlich wild durcheinander. Geht es Euch um stofflichen Reichtum oder um abstrakten Reichtum in Form von Wert und Geld, der ja das Produktionsziel im Sinne vom Mehrprodukt im Kapitalismus ist? Wenn das bei Euch "in eins" fällt, dürft Ihr Euch nicht wundern, daß in den im kapitalistischen Sinne "reichen" - also wertreichen - Ländern die größten Mengen an materiellen Ressourcen und Gütern als Träger der Wert"substanz" bewegt werden.

(28)

(28.1) rückkehr der armut, 26.06.2003, 22:55, DerManfred Manfred: dazu ein link: http://www.armut.at/

(28.1.1) Re: rückkehr der armut, 28.06.2003, 17:57, Uwe Berger: http://www.armut.at/

(28.1.2) Re: rückkehr der armut, 28.06.2003, 21:46, Sascha Tasche: www.nationale-armutskonferenz.de Das gleiche nur von der Bundesrepublik Deutschland.

(28.3) Zusatz, 29.06.2003, 11:54, Stefan Raphael: Ich habe einen Punkt mit dem Ziel eingearbeitet, den Sozialabbau plausibler zu machen: Durch Finanz- und Wirtschaftskrisen werden über Nacht ganze Volkswirtschaften ruiniert und verlieren Hunderttausende ihren Arbeitsplatz. Die Armut ist in die Industrieländer zurückgekehrt. Auch bei uns nehmen soziale Unsicherheit, Ausgrenzung und Ungerechtigkeit zu. Unternehmensgewinne werden nicht mehr dort versteuert, wo sie erwirtschaftet werden, sondern in Steuerparadisen und Offshore-Zentren. Die Steuereinnahmen der Nationalstaaten sinken zusehends und schränken deren Handlungsfähigkeit massiv ein. Infolge dessen werden die sozialen Sicherungssysteme abgebaut und von Privatisierung bedroht. Renten, Gesundheit, Bildung sollen zur Ware werden. Demokratie wird untergraben, weil Global Player mit der Drohung, den \\\"Standort\\\" zu wechseln, zunehmend die Politik diktieren. Kulturelle Vielfalt wird durch eine ökonomisch mächtige Kulturindustrie eingeebnet. Die Suggestivkraft von Werbung und Markenlogos bestimmt immer stärker Wertorientierungen und gesellschaftliche Leitbilder.

(28.3.1) Re: Zusatz, 29.06.2003, 16:50, Petra Haarmann: Ach ja, die bösen, bösen neoliberalen Subjekte die ganze "Volks"wirtschaften zum eigenen Vorteil ruinieren. Und dagegen stehen jetzt die Anti-Subjekte, wahrscheinlich "Völker" (was für eine widerliche ethno-maskierte Affirmation einer historisch erst im Kapitalismus entstandenen Exklusionsformation), die mit Herz und Hand den Schurken das Handwerk legen. Was bei Euch fehlt, ist eine Analyse warum die "Armut" zurückkehrt. Vielleicht distanziert Ihr Euch gedanklich mal vom wunderschönen "Arbeitsplatz", der ja als Vermittlung des menschlichen Lebens zunehmend überflüssig wird.

(28.3.1.1) Re: Zusatz, 01.07.2003, 10:56, Stefan Raphael: In diesem Bereich des Positionspapiers geht es lediglich um eine Beschreibung der gegenwärtigen Situation, also die herrschende Weltwirtschaftsordnung. So lautet ja auch die Kapitelüberschrift. Die Analyse der Ursache für die Rückkehr von Armut - oder meiner Meinung nach besser: die Gründe für wachsende Armut - macht mehr Sinn im späteren Verlauf der Ausführungen, wenn es um eine Beschreibung der Alternativen geht. Dort lassen sich aus einer entsprechenden Analyse Maßnahmen ableiten, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Warum wird der Arbeitsplatz zur Vermittlung menschlichen Lebens zusehends überflüssig? Vielleicht kannst Du das ja noch etwas ausführen.

(28.3.1.1.1) Re: Zusatz, 11.08.2003, 15:09, Sigrid Asamoah: Wichtig ist doch der Lohn für die Arbeit und nicht der "Platz" - da stimme ich von anderer Seite kommend, Petra Haarmann zu. Nur beispielsweise setzt der Platz des Industriearbeiters und sein "Ernährerlohn" eine Hausfrau an ihrem "Platz" voraus, die "reproduktive" Leistungen für die Zahlungsbilanz der Volkswirtschaften kostenlos bereitstellt. Erhält sie so i h r e n Lebenssinn? Wie Eva in der 2. Fassung der Genesis durch Adam, als Gefährtin? Nicht alle haben sich auf den "Plätzen" - Heim, Dorf, Staat, kulturelle symbolische Rolle - Nation - so pudelwohl gefühlt, die nun von der Globalisierung zerknabbert bzw. verflüssigt werden. Natürlich hat jedes Ding mindestens 2 Seiten. Zurück auf die für einige ehemals festen, warmen und von Geburt an gesicherten und freigehaltenen "Plätze" wird aber nicht gehen und ist auch nicht wünschenswert.

(28.3.2) Kulturindustrie und kulturelle Vielfalt, 09.09.2003, 14:44, Bernd König: Die kulturelle Vielfalt hat immer noch ihre Nischen. Diese sind aber in Zeiten einer (auch künstlich herbeizuführenden) Krise ("Wenn ihr nicht die Bedingungen a,b,c... herbeiführt, investieren wir nicht bei euch ") in weit stärkerem Maße einer, dem System inhärenten, Marktlogik ausgesetzt. Gut ist dann nur, was auf dem Markt ankommt, was den Kunstschaffenden, die ebenfalls in einer Krise stecken, aus dieser verhilft und so ist es nicht die Kulturindustrie an sich (wenn ein kleines Label, Verlag etc. erfolgreich ist, besteht die Gafahr, dass es von Medienriesen wie Bertelsmann geschluckt wird), die solche Nischen bedroht, sondern auch die angespannte Wletwirtschaftslage. Allerdings ist damit noch nicht gesagt, dass solche Medienriesen wie Bertelsmann automatisch auf eine Verflachung der Literatur hinarbeiten (die Bertelsmann AG leistet sich Suhrkamp als kulturelles Feigenblatt und die Mitarbeiter von Suhrkamp schöpfen ihre AutorInnen ausschließlich bei großen Literaturwettbewerben ab: hier sorgt der Markt also für eine Erhaltung des Niveaus, was er meistenteils nicht tut). Allerdings haben nicht alle Medienmogule (Silvio Berlusconi, Rupert Merdock) eine kulturelle Ader und Medienriesen wie Bertelsmann sind, wegen ihrer Größe, für solche Leute wiederum interessant... Es gibt also beide Aspekte, wobei der Aspekt der Niveaubedrohung und Verflachung und einer damit einhergehenden Uniformisierung - da man sich an dem orientiert, was man als Geschmack einer "möglichst breitesten Masse" annimmt und da man weiter annimmt das die Masse nichts kennt, dass man der Masse nichts zumuten kann. Wie soll die Masse aber etwas kennen, wenn es ihr nicht vorgestellt wird ?

(28.3.2.1) Ich seh nur dass Kommerz tendenziell zu Vereinheitlichung führt. Welches ist denn der andere Aspekt?, 15.09.2003, 17:49, Michael Kiersch: Sicher kann man nicht pauschal behaupten, die Medienriesen würden sämtliche Kunst unterdrücken. Aber du sagst ja selbst, Suhrkamp sei nur ein kulturelles Feigenblatt, also letztendlich nur im Sinne des Profits. (So krass würde ich das noch nicht mal sehen, vielleicht werden ja einige Projekte auch einfach gefördert, weil sie einzelnen Vorstandmitgliedern einfach gefallen; die haben ja auch nicht unbedingt den Massengeschmack.) Tendenziell muss kommerzielle Kunst aber schon den Massen hinterlaufen, Kunst für Spezialisten rechnet sich nun mal nicht so gut (weder für große noch für kleine Unternehmen). Insofern sehe ich nur diesen einen Uniformitäts-Aspekt, oder siehst du noch einen snderen? Du hast den anderen ja nicht benannt (den Nicht-Verflachungs-Aspekt); vielleicht hab ich den ja übersehen.

(29)

(29.1) 28.06.2003, 21:54, Sascha Tasche: Ich glaube nicht - jedenfalls bin ich zu diesem Zeitpunkt nicht davon überzeugt - dass die Globalisierung ein Grund für die Zunahme sexistischer Sichtweisen ist, viel mehr liegt es an den Menschen und deren Erzieher sowie auch zum Teil an den Staat.

(29.1.1) 30.06.2003, 15:19, Clemens Dorner: Richtig! Aber beides, Globalisierung und die "Zunahme sexistischer und struktureller Gewalt", ist auf das kapitalistische Werte- und Wirtschaftssystem zurückzuführen.

(29.1.2) Parallelität, 11.08.2003, 15:22, Sigrid Asamoah: Kann es nicht sein, dass viele Diskriminierungen erst jetzt sichtbar werden und einem Irrtum Vorschub leisten? Mehreren eigentlich: Nicht-Männer sind eine "Ware" (nicht deren spezifische Arbeitskraft), daher hilflos und zu beschützen, indem sie in die traditionellen Formen der Ausbeutung zurückgesperrt werden - besser e i n Patriarch als v i e l e Freier: verringert die AIDS-Gefahr - und manchmal die persönlichen Zugangsmöglichkeiten zum geschmähten Gelde und damit zumindest keine größere Abhängigkeit als vor - sagen wir mal - 50 Jahren. Dass die Minderbezahlung von Frauen an regulären Arbeitsplätzen erst derartig von seiten einiger ihre Privilegien einbüssenden Männer beweint wird, seit ihre eigene Perspektive prekär geworden ist, lässt mich schon länger an der Lauterkeit so mancher Weltverbesserungsmotivation zweifeln. Dann macht doch mal eine Demo gegen Sextourismus oder Dumpingpreise am Autobahnstrich - ich möchte über 50% Männer dort sehn! Anstatt kostenlos die "Schwachen" zu bedauern.

(30)

(30.1) 28.06.2003, 21:58, Sascha Tasche: Ist es denn so, dass auf den Philipienen oder in Ägypten soviele Menschen leben wie in den OECD-Staaten? Vielleicht liegt es an mir, aber vielleicht sollte man es so formulieren, dass ein Vergleich auch nachvollziehbar ist. Aber das die Lösungen verschleppt werden, etc. sehe ich genau so.

(30.1.1) ?, 07.09.2003, 19:31, Michael Reinecke: Vielleicht liegt es an mir, aber ich versteh deinen Einwand nicht. Der Vergleich bezieht sich doch nur auf die Umweltbelastung pro Mensch. Um auszusagen, dass ein OECD-Mensch die Umwelt durchschnittlich 15-30 mal so stark belastet wie ein Nicht-OECD-ler, muss ich doch nicht deren Anzahl kennen!?

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(32) Was bedeutet "Globalisierung"?

(32.1) 28.06.2003, 22:02, Sascha Tasche: Gehört meiner Meinung nach weiter oben. Alle definationen gehören an den Anfang, damit es keine Misverständisse geben kann. Das gilt vorallem dann, wenn der Begirff bereits verwendet wurde. Ansonsten würde ich, wenn dieser Begriff erst wieder viel später kommt, eine kurze Formulierung zur Erinnerung und - wenn zweckmäßig - die Angabe der Position der Defination angeben - also auf welcher Seite bzw. unter welchem Punkt.

(33) (Unter Globalisierung wird im Folgenden 1. ein komplexer Prozess und 2. das (politische) Vorantreiben dieses Prozesses verstanden.)

(34) Allgemein kann Globalisierung als die Entstehung einer weltweiten, überregionalen Ebene (sei sie nun politisch, wirtschaftlich und/oder kulturell) verstanden werden. Sie geht einher mit einer Unterordnung der nationalen, regionalen und lokalen Einheiten unter die Macht- und Funktionsimperative der globalen Ebene.

(35) Der Prozess der Globalisierung ist nicht neu, er ist so alt wie der Kapitalismus selbst. Neu am derzeit stattfindenden Prozess der Globalisierung ist lediglich der Umfang und die Tiefe der den gesamten Globus umfassenden Kapitalisierung der Welt. Wesentlich für diesen Prozess ist die Tendenz der globalen Zerstörung von Selbstversorgungswirtschaften und regionaler Wirtschaftsformen zur Schaffung von Märkten und abhängigen Konsumenten. Seit ungefähr Mitte der achtziger Jahre führt der Prozess der wirtschaftlichen -und politisch forcierten- Globalisierung zu einer neuen Dynamik der internationalen wirtschaftlichen Verflechtung: Während von 1950 bis 2000 die Weltwirtschaftsleistung (BIP) kontinuierlich "nur" um mehr als das Sechsfache gestiegen ist, wuchsen die internationalen Handelsströme um das Siebzehnfache. Schneller noch als der Welthandel wuchsen -seit Mitte der achtziger Jahre- die Direktinvestitionen und das global zirkulierende Finanzkapital vermehrte sich sogar noch schneller. Seit etwa Mitte der neunziger Jahre haben auch Unternehmenszusammenschlüsse und Firmenübernahmen an Häufigkeit und Transaktionsvolumen drastisch zugenommen. Die Transnationalen Konzerne wickeln einen zunehmend großen Teil des Welthandels konzernintern ab. Die jüngste Welle von Fusionen und Firmenübernahmen (z.B. Vodafone/Mannesmann) führt zu einer Konzentration industrieller Macht in Megakonzernen – mit dem Ziel einer Aushöhlung des Wettbewerbs und der Zunahme des politischen Einflusses.

(36) In einem weiteren Sinne meint Globalisierung auch das (politische) Vorantreiben dieses komplexen Prozesses. Denn Globalisierung ist ein politisch gestalteter und gestaltbarer Prozess. Sie wird getragen und forciert von internationalen Organisationen -vor allem WTO, IWF und Weltbank-, die in unterschiedlichem Maße auf das nationalstaatliche Recht einwirken.

(37) Kontroverse um den Begriff des Freihandels:

(37.1) Nicht nur Freihandel behandeln, sondern Marktwirtschaft analysieren., 18.09.2003, 21:05, Michael R.: Ich halte es für sehr wichtig, dass wir an dieser Stelle grundsätzlich zur Marktwirtschaft Position(en) beziehen: zum Konkurrenzprinzip, zur Allokationsfunktion, zum Effizienzkriterium, zum Problem der (Macht-)Konzentration, zur Messbarkeit von Nutzen usw. Nur so können wir den Neoliberalismus überzeugend kritisieren.

„Je marktwirtschaftlicher desto effizienter.“ Zu dieser Aussage würde sich sicher eine Bevölkerungsmehrheit bekennen. Wenn wir die Schädlichkeit des Neoliberalismus einsichtig machen wollen, müssen wir die Aussage präzisieren und offen diskutieren. Denn Neoliberalismus ist eine konsequente Fortführung marktwirtschaftlicher Prinzipien – auch wenn sie zuweilen zur Rechtfertigung anti-marktwirtschaftliche Abkommen wie dem TRIPS genutzt werden. Wer die Marktwirtschaft nicht abschaffen will, muss sagen wo die Grenze ist zwischen schädlicher und nützlicher Marktwirtschaft – bzw. welche marktwirtschaftlichen Elemente schaden und welche nutzen.

Ein Element, das sich oft als schädlich erweist, ist das Konkurrenzprinzip, das nicht nur zwischen Unternehmen sondern auch zwischen Individuen wirkt, und zwangsläufig ihr Denken mitprägt. Nicht umsonst versuchen viele Unternehmen gegen innerbetriebliche Konkurrenz anzuarbeiten und den „Teamgeist“ zu stärken. Nicht zu ermessen ist allerdings der Schaden, den Konkurrenzdenken außerhalb der Arbeit verursacht, wenn es selbst in unsere intimsten Lebensbereiche vordringt.

Eine wesentlich nützlichere Funktion der Marktwirtschaft ist die Koordination der vielen ökonomischen Einzelentscheidungen mit Hilfe von relativen Preissignalen (Allokationsfunktion).

Das legt die Frage nahe, ob es eine modifizierte Marktwirtschaft geben kann, in der die Konkurrenz gedämpft wird, ohne das Prinzip der Preisbildung über Angebot und Nachfrage zu beschädigen. Möglicherweise könnte eine solche relativ preisneutrale Konkurrenzdämpfung durch ein leistungsunabhängiges Grundeinkommen erzielt werden. Wenn zuvor vorwiegend wegen des Einkommens (zumindest als mittelbares Ziel) konkurriert wurde, dann müsste die Konkurrenz nach Einführung des Grundeinkommens schwächer werden, wenn man annimmt, dass der Bedarf nach Geld mit der Höhe des Einkommens abnimmt (übliche Annahme in der Ökonomie). Der durchschnittliche Preis für Arbeitskräfte würde vermutlich zunehmen, weil das Angebot geringer würde. Ebenso der Preis für arbeitsintensive Produkte. Insofern wäre die Einführung dieses Grundeinkommens nicht preisneutral. Zu überlegen wäre, ob dieser Preiseffekt nicht trotzdem wünschenswert wäre und den gesamtgesellschaftlichen Nutzen maximieren könnte.

Klar ist jedenfalls, dass die wirtschaftlichen Folgen ganz stark von den Reaktionen der Menschen auf das Grundeinkommen abhängen (wobei das Verhalten wiederum davon abhängt, ob man an das Grundeinkommen gewöhnt bzw. damit aufgewachsen ist). Das verdeutlicht, dass wir bei der Diskussion der Marktwirtschaft unser Menschenbild nicht ausklammern dürfen.

Gegen das Konkurrenzprinzip spricht auch, dass Monopole u.U. effizient sein können, wenn der Monopolist dann nicht unberechtigt hohe Preise verlangt (geeignet wäre vielleicht ein öffentlich-rechtlicher Monopolist). Bsp. ebay: Es wäre eindeutig ineffizient, wenn die Nutzer einer Börse wie ebay noch mehrere konkurrierende Börsen abklappern müssten, um ein geeignetes Produkt zu finden. (Oder würde sich auch unter Konkurrenzbedingungen eine Kooperation ergeben, so dass jeder die Angebote der anderen Börsen übernimmt, und wer verkauft, wird am Gewinn beteiligt? Ist das so bei den Wertpapierbörsen?)

Zu hinterfragen ist auch die uralte Behauptung, dass der gesellschaftliche Nutzen am Größten sei, wenn jeder konsequent seinen eigenen Nutzen zu maximieren versucht. Das würde noch nicht einmal klappen, wenn es keine Kapitalkonzentration und wirtschaftlichen Machtungleichgewichte gäbe. Z.B. ist bekannt, dass Pharmaunternehmen ihre PR-Abteilungen u.a. damit beschäftigen, den Kunden neue Krankheiten einzureden, um entsprechende Medikamente absetzen zu können. Es ist für nutzenorientierte Unternehmen halt oft profitabler, nicht vorhandene Bedürfnisse zu befriedigen, sondern neue zu schaffen (Werbung). Wer das nicht für ineffizient hält, der muss einen ganz speziellen Effizienzbegriff haben. Solche Argumente müssten bei der Debatte um die Privatisierung staatlicher und kommunaler Unternehmen berücksichtigt werden.

Ein übliches globalisierungskritisches Argument ist, dass die Öffnung von Märkten nur dann für beide Seiten vorteilhaft sein kann, wenn beide wirtschaftlich gleich stark sind und gleiche Umwelt- und Sozialstandards haben (Stichwort Standortkonkurrenz). Wäre es nicht aber selbst dann möglich, dass das Wirtschaften in dem vergrößerten Markt langfristig ineffizienter wird, da die Dynamik komplexer und unberechenbarer wird?

Wenn wir die Allokationsfunktion (s.o.) und die ungestörte Preisbildung für wichtig erachten, dann müssen wir z.B. vorsichtig sein mit der Forderung, öffentliche Verkehrsmittel zu fördern. Die Preise für den öffentlichen Verkehr sollten genauso die verursachten Umweltschäden widerspiegeln, wie Preise für Individualverkehr. Sollten Bahn & Co (aufgrund zu geringer Auslastung) umweltschädigender als das Auto sein, wäre es gut, wenn sie pleite machten (oder eine konzertierte Aktion für bessere Auslastung sorgte). Dabei wären allerdings Personen zu berücksichtigen, die sich zwar einige Bahnfahrten im Jahr aber kein eigenes Auto leisten können. U.U. ist es umweltfreundlicher, diesen Personen Autos zu schenken, als wegen ihnen den öffentlichen Verkehr aufrecht zu erhalten. (Der öffentliche Verkehr ist echt nur als ein Beispiel für ein allgemeineres Prinzip gedacht.)

Einige dieser Überlegungen mögen falsch sein. Sie sollen nur die Diskussion anreißen, die wir – meiner Meinung nach - bisher vernachlässigt haben. Wichtig ist, dass wir das Thema Marktwirtschaft offen und kontrovers diskutieren, uns fehlende Informationen besorgen und unsere verschiedenen Positionen dazu herauskristallisieren und darstellen.

(38) [ Strittig ist, ob der Begriff des Freihandels von Attac positiv aufgegriffen werden sollte. ]

(39) Variante A:
Nach herrschender neoliberaler Lehre führen internationaler Wettbewerb und Freihandel zu Wirtschaftswachstum und damit zu mehr Wohlstand, der sich annähernd gleichmäßig über alle Volkswirtschaften verteile. Wirtschaftswachstum durch Freihandel löst aber nicht die weltweiten Probleme der Armut und der globalen und nationalen Umweltzerstörung, sondern bedingt sie vielmehr und führt zu einer doppelten Ausbeutung:
- der Ausbeutung der Entwicklungsländer durch die Einfuhr von Ressourcen, die auf Grund ihrer Knappheit in Zukunft den Entwicklungsländern für ihre eigene Entwicklung fehlen;
- der Ausbeutung der Weltgemeinschaft durch die globale Schädigung der natürlichen Lebensgrundlagen infolge der Verknappung von Ressourcen für zukünftige Generationen und der Überlastung der Umwelt mit Emissionen aller Art.
Die Freihandelsdoktrin steht nicht für freien Handel, sondern für eine konzerngesteuerte Wirtschaft, frei von staatlicher und gesellschaftlicher Kontrolle sowie frei von Verantwortung für die Natur und die kommenden Generationen. Der Begriff erweist sich als zutiefst verlogen, denn Liberalisierung der Märkte heißt eben nicht freier Zugang aller zum Markt, sondern nur Liberalisierung der Antitrustgesetze, also Befreiung von Recht und Gesetz.

(39.1) Freihandel, 05.10.2003, 01:37, Markus Göker: Während Michael R. schon den tautologischen Charakter von Variante B zum Freihandel dargelegt hat -- m.E. geht Variante B nicht weit über ein Erklärung des guten Willens hinaus --, zeigt auch Variante A erhebliche Mängel. Beispiel: "Die Freihandelsdoktrin steht nicht für freien Handel". Liebe Güte, wofür, wenn nicht für Freihandel, soll eine Freihandelsdoktrin eigentlich stehen? Zunächst braucht man eine Begriffsklärung, z.B. "'Freihandel' bedeutet unbeschränkten zwischenstaatlichen Güteraustausch. Das Gegenteil ist nicht die Abwesenheit von Güteraustausch, sondern einen Austausch von Gütern, der von der jeweiligen Region festgelegten Schutzzöllen oder Ein- und Ausfuhrbeschränkungen unterliegt." Dann kann man klären, ob Freihandel gutzuheißen ist oder nicht. Natürlich ist er es nicht. Aber das muß das AWWO-Papier erst noch zwingender darlegen (z.B. warum Ricardos Theorie der komparativen Kostenvorteile nicht greift). In ATTAC sind möglicherweise nicht alle Freihandelsgegner; hierbei sollte der Zusammenhang zu den unterschiedlichen Perspektiven (Globalisierung gerechter gestalten -- Deglobalisierung -- Lokalisierung) deutlich werden. Als eine der Säulen, auf denen die Globalisierung ruht, scheint mir der Freihandel nur mit der erstgenannten Position kompatibel.

(40) Variante B:
Freihandel als eine Form friedlichen, gleichberechtigten Austausches zwischen Völkern und Regionen ist wünschenswert; Freihandel als eine Form sozialdarwinistischen Wettkampfes ist abzulehnen. Märkte brauchen einen Rahmen, der ordnet, lenkt und erhält. Diese sind am besten, wenn sie möglichst demokratisch fundiert sind. Marktfreiheit darf nie Demokratie beschädigen. Nur Volkswirtschaften, deren Regelsystem diese Funktionen ausfüllen kann, können erfolgreiche Marktwirtschaften ausbilden und erfolgreich am internationalen Handel teilnehmen.

(40.1) 28.06.2003, 21:50, Sascha Tasche: Ich bin für diese Variante, da sich Freihandel für mich positiv anhört.

(40.1.1) 29.06.2003, 21:35, Petra Haarmann: Ich bin auch für "Freihandel", weil es ein so treffender Ausdruck für die mittlerweile weltweit geltende Form der negativen Vergesellschaftung ist. Letztere führt z.B. auch dazu, daß frau/man "dafür" oder "dagegen" zu sein hat. Die Voraussetzungen der Fragestellung darf aber niemals in Frage gestellt werden. Weiter bin ich auch für "Freihandel", weil die Unhaltbarkeit aller Träumereien, daß dieses System noch zu retten ist umso schneller deutlich wird. Das hat der gute, alte Karl schon so gesehen.

(40.1.1.1) 30.06.2003, 15:41, Clemens Dorner: Das sehe ich ganz genau so. Außerdem sollten wir uns die passenden Wörter nicht stehlen lassen. An Petra: Was meinst Du mit "negativer Vergesellschaftung"?

(40.2) Variante B sagt fast nichts aus, 18.09.2003, 21:08, Michael R.: Alle Aussagen aus Variante B sind quasi-tautologisch, also überflüssig (bis auf die Letzte, die hängt davon ab, was man unter „erfolgreich“ versteht). Deshalb kann ihr fast jeder zustimmen - auch die WTO. (Deswegen fand ich sie wohl anfangs selbst ganz toll.)

Die entscheidenden Fragen werden ausgeklammert: Kann es überhaupt „Freihandel als eine Form friedlichen, gleichberechtigten Austausches zwischen Völkern und Regionen“ geben? Und wenn ja: Wie muss ein entsprechender Rahmen aussehen, der die Märkte „ordnet, lenkt und erhält“? Und was wäre z.B. die erwähnte demokratische Fundierung von Märkten? Ist die WTO nicht eine Institution zur demokratischen Fundierung von Märkten? Immerhin wird dort im Konsens beschlossen, also zählt die Stimme jedes noch so popligen Landes. Und so geheim, wie immer behauptet wird, sind die Verhandlungen dort auch nicht. Sie sind aber so umfangreich, dass es für eine Gruppe von Aktivisten enorm schwierig ist, ihre demokratische Qualität zu beurteilen. Natürlich haben die Verhandlungspartner ganz unterschiedliche Machtpositionen – aber liegt das am Demokratiedefizit?

(41) Ursachen der Globalisierung

(42) [ Hier steht die Diskussion noch am Anfang; u.a. ist strittig, ob wir es bei der Globalisierung mit der "Systemfrage" Kapitalismus zu tun haben und was unter Kapitalismus genau zu verstehen ist.

Hinter der unterschiedlichen Redeweise von der "neoliberalen" bzw. der "kapitalistischen" Globalisierung verbergen sich tieferliegende Differenzen hinsichtlich der Analyse der Weltwirtschaftsordnung und ihrer Entwicklungstendenzen. Aus den je unterschiedlichen Analysen resultieren auch verschiedene, z.T. gegensätzliche Maßnahmenvorschläge: Im einen Fall wird die Einleitung einer alternativen Entwicklung über eine politische Regulierung der Globalisierung angestrebt; im Falle einer grundsätzlichen Kapitalismuskritik wird die Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise gefordert.

Wir halten es – mehr als zehn Jahre nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus und dem Siegeszug des Kapitalismus – für notwendig, dass bei Attac und in der Öffentlichkeit wieder eine politische Auseinandersetzung über die grundlegenden Fragen der herrschenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse einsetzt. Dies sollte verbunden werden mit einer Debatte über die Reichweite und Durchsetzbarkeit von politischen Regulierungsansätzen und von Ansätzen für eine systemverändernde Wirtschafts- und Gesellschaftsentwicklung. Hier geht es wieder um Fragen der Notwendigkeit und der Ausgestaltung von Marktwirtschaft und Wettbewerb, von alternativen Formen gesellschaftlichen Eigentums, von gesellschaftlicher Rahmenplanung und Wirtschaftsdemokratie, nicht zuletzt auch um die Veränderung der gegenwärtigen Lebens- und Arbeitsformen.

Der Diskurs über diese sog. Systemfragen wird nur dann konstruktiv verlaufen können, wenn er undogmatisch und begrifflich präzise geführt wird und die historischen Erfahrungen mit dem Realsozialismus mitreflektiert. ]

(43) Variante A:
Globalisierung ist Folge des kapitalistischen Wachstumszwanges. Kapitalismus kann ohne Wachstum nicht existieren; er treibt die Unternehmen zu ständiger Expansion. Kapitalismus braucht Selbstversorgungswirtschaft als Basis seiner Existenz und vernichtet diese gleichzeitig im Interesse seine Profits.

Wachstum ist quasi das Lebenselixier des Kapitalismus. Wachstumstheorien versuchen sich in Begründungen dafür, dass unendliches Wachstum möglich sei. Selten aber wird gefragt, warum Wirtschaftswachstum überhaupt notwendig ist.

(43.1) "Wachstumsideologie" oder "Finanzmärkte" schuld?, 26.11.2003, 15:12, Sigrid Asamoah: Wie kam es denn, dass sich der Kapitalismus durchsetzte? Sonst wird der Punkt des "Sündenfalls" nur noch hinten verlagert, aber nicht erklärt. Oder wars doch was Psychisches, die Gier? Oder gar das "raffende Kapital" d.h. die vaterlandslosen schachernden Fremdlinge, als sie Israel noch nicht hatten? Vgl. weiter oben, dass es ausreicht, von Soros zu wissen, dass er sich "Zorosch" ausspricht und irgendwie das Böse will und bekommt - einen fallenden Rubel. Entweder eine historische Analyse, die dann wohl etwas umständlicher ausfällt, oder eine selbsterbaute Kirche.

(44) Variante B:
Eine mächtige Triebkraft der wirtschaftlichen Globalisierung sind die internationalen Finanzmärkte. Sie entstanden mit der Auflösung des Systems fester Wechselkurse und der daran anschließenden, auch vom IWF vorangetriebenen Liberalisierung der Finanz- und Bankenmärkte.

1. Transnationale Konzerne (TNK)

(45) Die international operierenden Unternehmen umschlingen die Welt wie eine Krake und bestimmen, wohin das Geld wandert, welche Güter auf dieser Welt produziert werden und wer sie sich leisten kann. Sie lassen die Welt nach ihrer Pfeife tanzen:
- Eine nationale Politik gegen die multinationalen Konzerne ist heute nur noch schwer möglich. Diese versuchen durch Druck auf die Löhne, Sozialleistungen und Umweltnormen ihre internationale Konkurrenzfähigkeit zu steigern; sie unterlaufen damit internationale Bestimmungen, spielen die Staaten gegeneinander aus und senken dadurch international die Sozial- und Umweltstandards.
- TNK tragen weltweit unter dem Strich zur Erhöhung der Arbeitslosigkeit bei. Ihre Nettobeschäftigungseffekte sind negativ, da der Beschäftigungsabbau über Verlagerungen, Fusionen, Arbeitsintensivierung, Rationalisierung und Verdrängung der heimischen Unternehmen die Beschäftigungsausweitungen (direkte und indirekte) überschreitet.
- Durch ihre enorme Durchsetzungsfähigkeit zahlen die TNK kaum Steuern, erhalten hohe Subventionen und tragen damit in vielen Fällen zur explosiven Staatsverschuldung bei.
- Zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen und politischen Interessen versuchen Medienkonzerne, die Weltöffentlichkeit mit gigantischen Täuschungsmanövern irrezuführen und von ihren Aktionen zu überzeugen. Ansichten, die nicht zur kapitalistischen Globalisierung passen, haben kaum einen Platz in den Medien der Weltunternehmen.
- Durch die Transnationalen Konzerne wird weltweit der Graben zwischen Verlierern und Gewinnern immer tiefer. Anstatt den Einkommensabstand zu beheben, erweitern die TNK durch ihre Weltmarktbeherrschung und ihr Profitstreben die Kluft, treiben einen Großteil der Weltbevölkerung in die Armut und bewirken für eine Minderheit wachsenden Reichtum. Aufgrund der Weltmarktbeherrschung der Multis verschlechtern sich die Terms of Trade (reale Austauschverhältnisse) für die Entwicklungsländer und steigen deren Auslandsschulden. Was die Entwicklungsländer an Zinsen den transnationalen Banken zahlen, übersteigt bei weitem den Finanzbetrag, den sie von den Industrieländern erhalten.

(46) 2. Weltwirtschaftsordnung und Umwelt

(47) Globaler Handel und ausländische Direktinvestitionen aus den Wohlstandsökonomien verbreiten deren ressourcenintensives Wirtschafts- und Konsummodell weltweit. Die Globalisierung der Produktionsprozesse führt dazu, daß Kosten und Nutzen von einander getrennt werden: Die Umweltschäden sammeln sich in den unteren Produktionsstufen, die Wohlstandsökonomien genießen das Endprodukt. Tatsächlich handelt es sich dadurch bei der festgestellten Verringerung der Umweltbelastung in den Wohlstandsökonomien zu großen Teilen um reine Verlagerungseffekte.

(48) Steigender Handel bedeutet steigende und beschleunigte Stoffströme sowie steigenden Verkehr. Steigender Verkehr bedeutet Steigerung des Energieverbrauchs und der Schadstof- und Treibhausgasemissionen. Insbesondere haben die relativ billigen Transportkosten (u.a. Fall der Flugkosten auf ein Drittel im Zeitraum von 1950 bis 1990) die Zunahme des Welthandelsvolumens begünstigt.

(49) Durch einen globalen Wettbewerb geraten die Regierungen unter Druck, der Wettbewerbsfähigkeit" Vorrang vor der Ökologie einzuräumen. Die von der WTO geforderte Nichtbeachtung der Produktionsweise von Importen unterminiert stringente Standards für die einheimische Wirtschaft. Durch dieses Prinzip sowie das der Nichtdiskriminierung und ihrer Ablehnung des Vorsorgeprinzips ist die WTO tendenziell auf Kollisionskurs mit einigen multilateralen Umweltabkommen.

(50) Die globalisierten Finanzmärkte und nicht zuletzt IMF und Weltbank verlangen stabile Währungen, ausgeglichene Budgets und Rückzahlung der Auslandsschulden. Nötig ist daher die Erwirtschaftung von Exportüberschüssen und Devisen. Für die Entwicklungsländer heißt dies hauptsächlich den Verkauf ihrer natürlichen Ressourcen. Fallende Preise und Währungen führen zu weiter steigender Ressourcenextraktion, um den Geldwert der Exporte stabil zu halten.

(51) Wachstumsdoktrin

(52) [ Es ist offensichtlich, dass es bei Attac zur Wachstumsfrage kontroverse Positionen gibt, die in Teil II.1.1. dargestellt sind. Der folgende Abschnitt ist aus wachstumskritischer Sicht geschrieben. ]

(53) Wie in der nationalen Wirtschaftspolitik, so ist auch in der Weltwirtschaftpolitik Wachstum das zentrale Ziel aller Anstrengungen; Armut ist in dieser Sichtweise das Resultat eines zu geringen Wachstums. In den Wachstumsrechnungen (Indikator BIP bzw. BSP) wird nur bilanziert, was in Geldwerten erfaßt wird. Im BIP werden alle in Geldwerten erfaßten Transaktionen positiv bilanziert, gleichgültig, ob es sich dabei um gesellschaftlich nützliche oder schädliche Aktivitäten handelt.

(54) Alternative Wohstandsindices, die nicht nur die Geldströme, sondern auch Faktoren wie Ressourcenbestand, Gesundheit, Verteilungsgerechtigkeit etc. einbeziehen, deuten darauf hin, daß in den Industriestaaten seit Mitte der siebziger Jahre die durchschnittliche Lebensqualität bei anhaltendem Wachstum sinkt. Eine Steigerung des BIP kann also mit einer Erhöhung der Lebensqualität einhergehen, jedoch ebenso in das Gegenteil umschlagen.

(54.1) 04.10.2003, 23:34, Markus Göker: An diesem Absatz zeigt sich m.E. deutlich das Dilemma der Wachstumsdiskussion, wie sie bislang im AWWO-Papier dargelegt ist. Wenn von Wachstum die Rede ist, muß zunächst geklärt werden: Was wächst? Ansonsten redet man von Phantomen. Im AWWO-Papier wird vollkommen zurecht darauf hingewiesen, daß das BSP (oder das BIP) kein sinnvoller sozialer und ökologischer Indikator ist. Es ist daher nur konsequent, BIP-Wachstum als makroökonomisches Ziel aufzugeben. Dagegen ist es vollkommen inkonsequent, nun eine Schrumpfung des BIP zu verlangen. Der letzte Absatz sagt es selbst: unter Umständen kann eine Erhöhung des BIP eine "Erhöhung der Lebensqualität" nach sich ziehen (hier wäre freilich "nachhaltig" noch mit einzubeziehen). BIP als Meßgröße aufgeben bedeutet: weder sein Steigen noch sein Schrumpfen zu verlangen. Zu fordern ist statt dessen eine Steigen des Werts alternativer Wohlfahrtsindices, die das AWWO-Papier ja bereits nennt. Gemeint sind wohl ISEW oder GPI -- wenigstens im Reader sollte näher auf diese Meßgrößen eingegangen werden. Schrumpfen muß hingegen, wie die Ecological Economists gezeigt haben, die Nettodurchlaufmenge des gesamten Wirtschaftssystems an Materie und Energie, dessen "physisches Ausmaß". M.E. ist der Großteil der Konfusion, der die Debatte um Abschnitt II.1.1 durchzieht, durch diese Verwechslung zu erklären. Im Zuge der Überarbeitung dieses Abschnitts, mit der ich beim letzten AWWO-Treffen beauftragt worden bin, und im Einklang mit den Vorschlägen der Tübinger AWWO-Gruppe, möchte ich versuchen, diese begrifflichen Unklarheiten zu beheben. Unter anderem sollte immer präzise von "BIP-Wachstum" gesprochen werden, sofern es (wie meistens) gemeint ist.

(55) Die Industrieländer beanspruchen schon jetzt die gesamte ökologische Kapazität des Planeten. Das Wachstum des industrialisierten Nordens beruht seit der Kolonialzeit wesentlich auf asymmetrischen Wirtschaftsbeziehungen, die eine Ausbeutung billiger Ressourcen aus dem Süden erlauben. Eine Nachahmung des westlichen ressourcenintensiven Entwicklungsmodells durch die sog. Entwicklungsländer hingegen würde die ökologischen Dimensionen des Planeten – und d.h. auch: die Basis aller ökonomischen Aktivitäten – sprengen.

(56) Wachstum steht auch im Mittelpunkt jener Armutsbekämpfungsstrategien, wie sie von IWF, Weltbank und WTO vertreten werden. Auch hier werden die volkswirtschaftlichen und sozialen Schäden blinden Wachstums ignoriert: Bodendegradation, Rodung von Wäldern, Artenschwund, Klimawandel, Absinken des Grundwasserspiegels, Umweltgifte etc. zerstören mit den natürlichen Lebensgrundlagen auch die ökonomische Basis von unzähligen Haushalten – besonders bei jenen zwei Milliarden Menschen, die direkt vom Zugang zur Natur leben.

(57) 3. Welthandelssystem: WTO und Weltagrarmarkt

(58) Die WTO ging 1995 aus dem GATT von 1947 hervor. Dieses war ein multilaterales Abkommen, dessen Unterzeichner sich auf freihändlerische Prinzipien verpflichteten. Der Geltungsbereich dieser Prinzipien wurde im Laufe der Welthandelsrunden ausgeweitet, zugleich wurden deutliche Senkungen der Durchschnittszölle erreicht. Dieses Regime hatte und hat einseitige Begünstigungen der Industriestaaten zur Folge. Die 1994 abgeschlossene Uruguay-Runde des GATT verschärfte den Trend zu der ungleichen Entwicklung zwischen zwischen Nord und Süd: Laut einer Studie von OECD und Weltbank wird sich der Zuwachs des Welthandels infolge der beschlossenen Handelsliberalisierung zu gut zwei Dritteln auf die OECD-Wirtschaften verteilen, zu knapp einem Drittel auf den "Rest der Welt"; der große Verlierer dieser GATT-Runde mit absoluten Einkommensverlusten wird Afrika sein.

(58.1) HINWEIS: Tippfehler - Doppeltes Wort, 28.06.2003, 22:23, Sascha Tasche: Tippfehler: zwischen zwischen Nord und Süd - dritte Zeile von unten.

(58.1.1) 07.09.2003, 19:39, Michael Reinecke: Danke! Wird korrigiert.

(59) Viele arme Länder können ihre Interessen nicht in die Verhandlungsprozesse der WTO einbringen, obwohl formal das Prinzip "one country – one vote" gilt. Gleichzeitig sind die Kosten der administrativen Umsetzung von WTO-Abkommen enorm. Es gibt also eine strukturelle Benachteiligung der armen Länder innerhalb der WTO. Diese droht durch die Ausdehnung des WTO-Rechts auf weitere Bereiche wie Dienstleistungen, Agrar, öffentliche Beschaffung, Investitionen etc. noch verschärft zu werden. Zugleich werden dadurch z. T. UN- Organisationen unterhöhlt (die WTO ist keine UN-Organisation!) und eine an bestimmten wirtschaftlichen Interessen ausgerichtete Sicht anderen Lebensbereiche, z. B. Umweltschutz, Arbeitsstandards etc. "übergestülpt". Zu erwähnen ist hier vor allem die Rechtsprechung durch das WTO-Streitschlichtungsverfahren, die von Handelsjuristen ausgeübt wird und teilweise ein Primat der "Freihandels" über andere Rechtsfelder durchzusetzen sucht.

(60) Der Agrarsektor wurde mit dem "Agreement on Agriculture (AoA)" erst 1995 in die multilaterale Welthandelsordnung einbezogen. Allerdings ist diese Einbeziehung sehr dürftig, nach wie vor dominieren Quoten und Subventionen, auch die durchschnittlichen Zölle sind deutlich höher als im Industriebereich. Die Agrarverhandlungen sind von entscheidender Bedeutung für die Entwicklungsländer. Agrarlobbys und Regierungen der Industrieländer haben bisher keine substantiellen Angebote gemacht, die den Interessen der Entwicklungsländer entgegen kommen.

(61)

(62) 4. Weltwährungs-, Weltfinanzsystem:

(63) [ In der AG AWWO wird von Samirah Kenawi (Attac Berlin) eine Position vertreten, die dem Geld- und Zinssystem sowie der Verschuldung einen überragenden Stellenwert für die Analyse und die Überwindung der Finanzkrisen beimisst. Diese Position wird von der AG nicht geteilt. Der folgende Text von Samirah ist nicht Bestandteil dieses Entwurfes für das Grundsatzpapier; er soll aber Diskussionsbedarf signalisieren. Die Debatte um diese Position soll in einem späteren Reader zur Grundsatzerklärung vertieft werden.

(64) Samirah Kenawi:

(65) Die Weltwirtschaft hat in den letzten Jahre schwere Krisen, ausgelöst von Finanzspekulationen, miterlebt. Inzwischen drohen neue schwere Finanzkrisen infolge allgemeiner Überschuldung der Banken. Zur Überschuldung von Banken kommt es vor allem durch notleidende (nicht rückzahlbare) Kredite. Nahezu alle Banken leiden inzwischen unter einer wachsenden Zahl dieser notleidenden Kredite. Nach gängigem internationalen Bankrecht würde dies zu umfangreichen Bankzusammenbrüchen führen. Diese Insolvenzen werden dadurch vermieden, dass die einzelnen Regierungen direkt oder indirekt immer mehr dieser faulen Kredite zu Lasten der Steuerzahler übernehmen. Hieraus erklärt sich die wachsende Staatsverschuldung und der weltweite Abbau von Sozialsystemen, denn Steuergelder werden zunehmend für Wirtschaftssubventionen, d.h. als Finanzspritzen zur Verhinderung von Firmen- und Bankeninsolvenzen eingesetzt. Nicht wegen explodierender sozialer Kosten, sondern wegen explodierender "Förderkosten" für die Wirtschaft muss der Steuerzahler bluten und das Sozialsystem verhungern.

(66) Bei genauer Analyse der Probleme wird jedoch deutlich, dass die dem Staat auf dem Weg der "Unternehmensrettung" aufgebürdeten Schulden nur die Folgen (d.h. die Kehrseite) privater Vermögensbildung sind. Private Vermögen und dazu nötige private oder öffentliche Schulden haben inzwischen jedoch ein Maß erreicht, dass die Zinslasten die öffentlichen und privaten Kassen zu erdrücken drohen. Das Ende der Verschuldungskrise wird jedoch erst erreicht sein, wenn die Zinslast 100% der privaten und öffentlichen Einkommen erreicht hat.

(67) Mit Buchungstricks (Wegbuchen der Verluste) und Schuldenmoratorien kann die Zinslast zeitweise reduziert werden. Gelöst wird das Problem damit nicht. Vielmehr wird die Lösung des Problems aufgeschoben. Damit aber wachsen die ökologischen und sozialen Probleme, die Folge der Verschuldungskrise sind, so dass die Gefahr besteht, dass uns die ökologischen oder sozialen Probleme einholen, bevor die Schuldenfalle endgültig über uns zusammenschnappt. ]

(68) Verschuldung
Die Überschuldung von vielen Entwicklungsländern ist der bekannteste Ausdruck der Abhängigkeit, die aus Wirtschaftsbeziehungen erwachsen können. Neben den Verwerfungen, die bis auf die Kolonialzeit zurückgehen, haben korrupte Eliten maßgeblich zum Verschuldungsproblem beigetragen, aber auch eine keynesianische Politik, die eine unbegrenzte öffentliche Verschuldung propagierte und häufig für Strukturwandel falsch eingesetzte. Das Überschuldungsproblem der Länder bedarf einer grundsätzlichen Lösung, da sonst ein Durchbrechen des Kreislaufes der "Unterentwicklung" nicht möglich ist.

(69) Rolle von IWF und Weltbank
Die Weltbank und der IWF sind die Träger der nach dem 2. Weltkrieg in Bretton Woods entstandenen Weltfinanzordnung. Ursprünglich war der IWF nur für den Ausgleich von Zahlungsbilanzungleichgewichten zuständig, während die Weltbank und ihre Töchter sich verschiedenen Fragen der Entwicklungsfinanzierung widmeten. Die von ihnen finanzierten Großprojekte stehen einer lokalen eigenständigen Entwicklung oft entgegen. Zugleich mischte sich der IWF durch seine Strukturanpassungsprogramme immer stärker in die Weltbankaufgaben ein.

(70) Die neoliberale Ideologie des "Washington Consensus" überhöhte den IWF zu einem Machtinstrument, um die neoliberale Doktrin durchzusetzen, ohne Ansehen spezifischer Situationen von Volkswirtschaften. Lange genug hat der IWF als Krisenmanager - in Asien 1997/98, Brasilien1998/99 und Argentinien 2001 - versagt und durch seine an Konditionen gebundenen Kredite die Lage in diesen Ländern noch weiter verschärft. Immer wieder intervenierte er in den Krisen-Ländern, um als Schuldeneintreiber das Kapital der ausländischen Gläubiger und Kapitalanleger zu retten.

(71) Im IWF und in der Weltbank haben die USA eine Vetoposition (rund 18% der Stimmen) und zehn Industrieländer zusammen eine absolute Mehrheit (rund 52% der Stimmen). Sie bestimmen damit die internationale Finanzordnung allein, und sie richten sich dabei oft nach den Interessen von Banken und Multis und nicht nach denen der Menschen in jenen 130 Entwicklungsländern, die zusammen nur rund 33% der Stimmen halten.

(71.1) 28.06.2003, 22:38, Sascha Tasche: ...was eine eindeutig ein Fehler der IWF ist - große Staaten mehr Stimmrecht anzuerkennen. Es sollte genau andersherum laufen. Es ist wahrlich eine Unmenschlichkeit.

(72) 5. Weltwirtschaftsordnung und Kriege

(73) Die ungleiche und asymmetrische Entwicklung, die sich in und zwischen den verschiedenen Gesellschaften und Nationen auf der Grundlage der kapitalistischen Wirtschaftsordnung unter neoliberalem Regime ergibt, wird durch die Kriege, die die G 8-Staaten führen und geführt haben und durch viele Kleinkriege in einer ganzen Reihe von Ländern der Peripherie noch verstärkt und auf die Spitze getrieben.

(74) In diesen Kriegen (2. und 3. Golfkrieg, 1991 und 2003, Kriege im Kosovo und in Afghanistan) geht es um weltweite oder regionale Vorherrschaft, um die Kontrolle wichtiger Rohstoffe und Lebensmittel, um die Kontrolle von Waren- und Finanzmärkten, um die Kontrolle von Migrationströmen oder um den verzweifelten Kampf um Überlebenschancen... Die meisten dieser Konflikte und Kriege wären nicht möglich ohne Waffenexporte der führenden Industriestaaten, z.T. in Zusammenarbeit mit mehr oder weniger mafiosen Sektoren in den Ländern der Peripherie.

(75) Die politische Ökonomie der westlich dominierten Weltgesellschaft bereitet auf diese Weise nicht zuletzt die Grundlage für terroristische Aktivitäten. Dies anomischen Entwicklungen in der Welt (ethnische Massaker, Vertreibungen, Terror) liefern gleichzeitig die willkommenen Vorwände, um unter Verweis auf die Aufrechterhaltung des westlichen Wertehorizonts (Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Marktwirtschaft, die Achse des Guten) die nach dem 2.Weltkrieg bis zum Ende des Kalten Krieges entwickelten und anerkannten rechtlichen Standards (UN-Charta, Menschenrechte, Völkerrecht, Genfer Konvention) massiv zu deregulieren durchaus vergleichbar und parallel zu den ökonomischen Deregulierungen im Rahmen von WTO und IWF.

(76) Im Zuge dieser Entwicklung wurden auch Zielsetzung, Reichweite und inhaltliche Bestimmung der jeweiligen nationalen "verteidigungspolitischen Richtlinien entsprechend erweitert. Es geht ausdrücklich um die weltweite Sicherung der ökonomischen Interessen (Einflusssphären, Rohstoffe) der führenden Industrienationen..

(77) 6. Die EU: Motor der Globalisierung

(78) [Die folgenden Abschnitte entstammen zu einem geringen Teil einem offiziellen Positionspapier der EU-AG von Attac (Marburg 2002) und zum größten Teil einem Papier der Europa-AG von Attac Berlin, Sept. 2002. Die Abschnitte sind redaktionell bearbeitet.]

(79) [EU-AG von Attac:] Die Europäische Union gehört zu den Organisationen, die der Motor der neoliberalen/ kapitalistischen Globalisierung sind. Seit ihren Ursprüngen hat sie sich dem Ziel verschrieben, den "freien Wettbewerb" in einem einheitlichen Binnenmarkt zu realisieren. Zusammen mit den USA arbeitet sie auch in der Welthandelsorganisation (WTO) daran, die neoliberale Wirtschaftspolitik weltweit durchzusetzen. Ihre Vorschläge für eine weitere Liberalisierung der Dienstleistungssektoren zeigen, dass die EU in möglichst vielen Bereichen Deregulierung, Liberalisierung und Privatisierung vorantreiben möchte. Ein Ziel, dass vor allem den Interessen der großen Konzerne gerecht wird und unter dem insbesondere die Entwicklungsländer zu leiden haben.

(80) [Europa-AG von attac Berlin]

(81) Die EU hat die Ideologie des Freihandels und der Liberalisierung der Kapitalströme innerhalb Europas weit schneller und entschlossener umgesetzt, als die internationalen Handels- und Finanzinstitutionen auf globaler Ebene. Damit wurde in den EU-Mitgliedstaaten in weiten Teilen das vorgelebt, was heute weltweit durchgesetzt werden soll.

(81.1) undifferenziertes freihandel bashin, 30.10.2003, 21:15, gerd ??: Freihandel kann aber doch auch vorteilhaft sein. Auch der Deutsche Zollverein war "Freihandel", die Situation vorher ineffiziente Kleinstaaterei. Freihandel heisst Freihandel im binnenmarkt. Aber nach aussen kann und muss man natürlich protektionistisch bleiben.

(82)

(83)

(84) Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) und die Einführung des Euro Anfang dieses Jahres sind ein wesentlicher Schritt zur Vollendung des Europäischen Binnenmarktes. Eine gemeinsame europäische Währung kann dazu beitragen, auch über Europa hinaus schädliche Wechselkursschwankungen sowie ihre spekulative Ausnutzung zu verhindern und die Koordinierung der Währungspolitik zu erleichtern. Mit den Grundpfeilern der EWWU werden allerdings die Weichen in eine Richtung gestellt, die im Hinblick auf ein demokratisches und solidarisches Europa höchst fragwürdig sind: Der europäische Stabilitätspakt schreibt die Verringerung der Haushaltsdefizite und der Staatsverschuldung verbindlich vor, ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche und soziale Situation in den Ländern Mitgliedstaaten zu nehmen. So wird nicht nur eine konjunkturfördernde Wirtschaftspolitik in Zeiten der Krise völlig verhindert. Die Verpflichtungen durch den Stabilitätspakt haben auch in zahlreichen Ländern zur Kürzung sozialer Leistungen geführt.
Die Geldpolitik, vor allem die Bestimmung der Leitzinssätze, ist einer unabhängigen Europäischen Zentralbank übertragen, die vor allem dem Ziel der Inflationsbekämpfung verpflichtet ist. Während sich Kapitalanleger dadurch auf hohe Renditen ohne große Inflationsrisiken verlassen können, werden arbeitsmarktpolitische und konjunkturelle Auswirkungen der Geldpolitik vernachlässigt. Auch international läuft eine übermäßig stabilitätsorientierte Geldpolitik die Gefahr, eine Konkurrenz mit dem Dollar und anderen Währungen um die niedrigste Inflation und damit die höchsten Renditen zu provozieren, welche ausschließlich den Kapitalanlegern nützt.

(85)

(85.1) HINWEIS: Tippfehler, 28.06.2003, 22:49, Sascha Tasche: Fürspre cherin - letzte Zeile 6. Wort von rechts.

(85.1.1) 07.09.2003, 19:43, Michael Reinecke: wird auch korrigiert. besten dank!

(86)

(87)

(88) II. ALTERNATIVEN

(89) II.1 LEITIDEEN:

(90) [ - Frauengerechte Weltwirtschaftsordnung (in Arbeit, Fertigstellung Anfang Juli)
- Demokratisierung der Weltwirtschaft : Die Bedeutung des Lokalen/von Regionen,
von Nationalstaaten, regionaler Zusammenschlüsse; Reform und Stärkung der UN
- Zukunft der Arbeit (Zeitwohlstand u.a.)
- Erhalt und Weiterentwicklung sozialer Sicherungssysteme

Diese Aspekte sind in dem vorliegenden Entwurf noch nicht bearbeitet worden; z.T. sind Beiträge dazu erbeten worden, aber bisher noch nicht fertiggestellt. ]

(91) 1. Leitbild: Nachhaltige Entwicklung

(92) [Die Verwendung des Begriffes Nachhaltige Entwicklung ist innerhalb von Attac strittig. ]

(93) Das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung zielt auf die Integration unterschiedlicher und häufig gegenläufiger Prozesse: die ökonomische Entwicklung von Gesellschaften bei Wahrung der ökologischen Lebensgrundlagen weltweit und unter Gewährleistung der Gerechtigkeit; das Postulat der Gerechtigkeit umschließt dabei nicht nur das gleiche Recht auf Entwicklung für alle jetzt lebenden Menschen in Nord und Süd, sondern auch für die zukünftigen Generationen.

(94) 1992 einigte sich die Weltgemeinschaft auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro auf das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, wobei die Industriestaaten ihre vorrangige Verantwortung für ein Umsteuern in Richtung ressourcenschonender Entwicklung anerkannten. Die Erklärung von Rio proklamiert: "Das Recht auf Entwicklung muss derart verwirklicht werden, dass die Bedürfnisse gegenwärtiger und zukünftiger Generationen auf Entwicklung und Umwelt gerecht erfüllt werden" (Grundsatz 3). Das Prinzip der "nachhaltigen Entwicklung" wird seitdem gerne für Fensterreden verwendet, tatsächlich umgesetzt wird jedoch das der neoliberalen Globalisierung, wie es in der WTO seit 1995 sinnbildlich institutionalisiert wurde: anstelle eines den Naturverbrauch beschränkenden Umweltschutzes das Niederreißen jeglicher Beschränkungen. Von den Betreibern der Globalisierung wird die Säule der ökonomischen Entwicklung auch als Wahrung der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit interpretiert, um damit die ökonomische Dominanz der Industriestaaten auf dem Weltmarkt zu legitimieren.

(95) Trotz der Vereinnahmung des Nachhaltigkeitskonzeptes ("nachhaltige Globalisierung") enthält dieses Konzept ein grundlegend kritisches Potential gegenüber den herrschenden ökonomischen und ökologischen Ausbeutungsverhältnissen. Nach dem Gleichheitsgrundsatz haben alle Menschen auf der Erde das gleiche Recht auf Entwicklung und damit gleiche Zugangs- und Nutzungsrechte zu Ressourcen und der Umwelt (Boden, Luft und Wasser). Dieses Recht wird jedoch begrenzt durch die Endlichkeit der Ökologie sowie die gleichrangigen Rechte zukünftiger Generationen. Demgemäß haben die Entwicklungsländer ihre Nutzungsrechte bei weitem noch nicht ausgeschöpft, die Industrieländer hingegen ihr Konto längst und bei weitem überzogen. Es können nicht weiterhin 20% der Weltbevölkerung 70-80% der natürlichen Ressourcen konsumieren. Laut Umweltprogramm der Vereinten Nationen müssen die Industrieländer ihren Rohstoffverbrauch um 90 % senken und ihr Konsumverhalten ändern – eine Zielsetzung, die dem Prozess der weiteren Globalisierung und der allseits angestrebten Produktionssteigerung (Wirtschaftswachstum) durch weitere Liberalisierung des Welthandels diametral entgegengesetzt ist.

(96) Nachhaltige Entwicklung erfordert also ein grundlegendes Umdenken: nämlich den Abschied von der Vorstellung, dass das Wirtschafts- und Wohlstandsmodell der hochindustrialisierten Gesellschaften samt ihrer kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Organisationsform das Leitbild von globaler Entwicklung sein könne. Ein nachhaltiger Begriff von Entwicklung, welche global die natürlichen Lebensgrundlagen sichert und für soziale Gerechtigkeit sorgt, ist nicht messbar in quantitativen Wachstumsgrößen des Welthandelsvolumens oder des Welt-BIP.

(96.1) 20.07.2003, 12:46, Alfred Müller: Den letzten Satz streichen, da er a. einen gedanklichen Bruch zu dem Vorhergesagten und darstellt und b. die Bedeutung des Vorhergesagten schmälert.

(96.1.1) 07.09.2003, 20:01, Michael Reinecke: Stimmt! Ich bin auch für Streichen - zumal wir eine Kritik am BIP schon in Absatz 53 und 54 drin haben.

(97) [ Es folgen zwei kontroverse Positionen zum Problemkomplex "Wachstum". ]

Alternative A: Abschied vom Wachstum

(97.1) 20.07.2003, 12:55, Alfred Müller: Die Alternative A ist deutlicher zu bezeichnen, z.B. Nullwachstum in Industriestaaten

(98) Eine gerechte und zukunftsfähige Weltwirtschaftsordnung setzt die Abkehr von einer Fortschritts- und Entwicklungsidee voraus, die auf naturvergessenem Wachstum basiert – und das zunächst und vor allem in den industrialisierten Ländern, die mit ihrem übermässigen Ressourcenverbrauch die Lebenschancen der Menschen im Süden und der künftigen Generationen verringern. In den wenig industrialisierten Ländern dagegen kann das Wachstum bestimmter Wirtschaftssektoren, auch der Volkswirtschaft insgesamt, durchaus ein wichtiger und notwendiger Bestandteil auf dem Weg aus der Armut sein; entscheidend jedoch ist, auf welcher Ressourcenbasis und unter welchen sozialen Bedingungen dieses Wachstum stattfindet.

(98.1) 04.10.2003, 23:50, Markus Göker: Auch an diesem Absatz (ich kann gar nicht alle Absätze hier kommentieren, für die das zutrifft) ist problematisch, daß, wenn von Wachstum gesprochen wird, BIP-Wachstum gemeint ist. "Naturvergessenes Wachstum" impliziert, daß es auch ein anderes Wachstum gibt. Der Ausdruck ist schwammig und sollte ersetzt werden.

(99) Um unser bisheriges Wachstums- und Entwicklungsmodell (und die dahinter stehenden Kapitalinteressen, das westliche Konsummodell und die asymmetrischen Wirtschaftsbeziehungen) nicht in Frage stellen zu müssen, hat man als Ausweg aus dem Widerspruch zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit den Begriff des "nachhaltigen Wachstums" geprägt, der bereits vielerorts die "nachhaltige Entwicklung" ersetzt. Es zeigt sich jedoch, daß die Effizienzgewinne z.T. durch das Produktionswachstum national wie weltweit überkompensiert werden, die absolute Belastung also in wichtigen Bereichen steigt. Andererseits reichen die erzielten Effizienzgewinne bei weitem nicht aus, um national wie global auf einen nachhaltigen Entwicklungspfad einzuschwenken.

(100) Die Dimensionen der drohenden ökologischen und daraus folgenden sozialen Katastrophen erfordern einen tieferen strukturellen Wandel, sowohl in unserer Lebensweise als auch in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen:

(100.1) 20.07.2003, 12:51, Alfred Müller: Ergänzung: Lebensweise ist um Wirtschafts- und Lebensweise zu ergänzen

(101) - Ein Wandel unseres Wohlstandsbegriffs und unseres Lebensstils ("Gutes Leben" als primäres Ziel und nicht Waren- und Geldakkumulation)
- Aufhebung der asymmetrischen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Nord und Süd, die eine Ausbeutung von billigen Ressourcen durch die Industrieländer erlauben.

(102) Weiter mit Variante A:
- Schrumpfung ressourcenintensiver Wirtschaftsbereiche wie etwa der Automobilindustrie; kein weiteres Wachstum des Luftverkehrs
- Abkehr von der Fixierung der Wirtschaftspolitik auf BIP-Wachstum und Definition neuer wirtschaftspolitischer Ziele und der entsprechenden Indikatoren.

(102.1) 13.07.2003, 13:30, Patrick Brehm: Welche Wirtschaftsbereiche im Rahmen einer nachhaltigen Weltwirtschaft schrumpfen würden, ist gar nicht gesagt. Gerade für die Branche der Automobilindustrie gibt es positive Szenarien auch bei veränderten Rahmenbedingungen. Bei allem Prinzip des Klartextredens, ich würde überhaupt keine Branchen nennen, weil hier sofort überflüssige Widerstände entstehen. Weiterhin sehe ich keine Notwendigkeit zwischen Variante A und Variante B zu unterscheiden. B ist meines Erachtens wesentlich klarer.

(102.2) 04.10.2003, 23:52, Markus Göker: Patrick Brehm hat mit seinem Kommentar dieses Absatzes recht. Insgesamt ist Variante A keine selbständige Position und sollte mit B vereinigt werden.

(103) oder mit Variante B:
- Das Ziel "stetiges gesamtwirtschaftliches Wachstum" (gemessen am BIP) wird aufgegeben. Es wird durch das Ziel ersetzt, die ökologischen Grundlagen des Wirtschaftens zu bewahren oder wiederherzustellen (ökologisches Gleichgewicht). Eine diesem Ziel verpflichtete ökologische Wirtschaftspolitik ist eine selektive Wachstums- und selektive Schrumpfungspolitik: besonders umweltbelastende Wirtschaftssektoren müssen schrumpfen, ökologisch verträgliche Sektoren sollen wachsen (z.B. erneuerbare Energien).
- Eine weltweit nachhaltige Entwicklung erfordert von den Industriestaaten (der OECD) eine wirtschaftliche Wende hin zu einer Gleichgewichtsökonomie, d.h. zu einer Wirtschaft ohne (BIP-)Wachstum. Die derzeitigen rezessiven Tendenzen in der Wirtschaft sind nicht so sehr eine Gefahr, der es durch eine wachstumsfördernde Politik zu begegnen gilt, sondern eine Herausforderung, den Übergang zu einer nicht-wachsenden Wirtschaft sozial- und umweltverträglich zu gestalten.
- Der Verzicht auf weitere Produktions- und Einkommenssteigerungen (Volkseinkommen) ist für die reichen Industriestaaten ein Gebot der globalen ökologischen Stabilität und der sozialen Gerechtigkeit; anders ist eine Überwindung der Armut in den Ländern des Südens - mithilfe auch eines gesamtwirtschaftlichen Wachstums - bei Wahrung der globalen ökologischen Stabilität nicht möglich. Voraussichtlich ist sogar ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts in den reichen Staaten notwendig. Nachhaltigkeit weltweit zielt damit auf einen gerechten Ausgleich der ökonomischen und ökologischen Entwicklungschancen zwischen Nord und Süd.

(103.1) 13.07.2003, 13:45, Patrick Brehm: Kleine Änderung (mit großer Bedeutung): lieber von einer Wirtschaft ohne Zwang zum Wachstum sprechen als von einer Wirtschaft ohne Wachstum. Verlangen wir nämlich Nullwachstum, kann man uns leicht nachweisen, dass das nicht funktioniert, weil in bestimmten Branchen Wachstum notwendig sein wird. Aber es darf den wirtschaftlich und politisch Handelnden nicht um die Frage gehen, ob positives, Null- oder negatives Wachstum. Es geht um die Verwirklichung einer ökonomisch-sozial-ökologisch nachhaltigen und gerechten Wirtschaftsordnung. Wenn es in dieser rein (BIP-)statistisch noch Wachstum gibt, soll mir das recht sein. Bloß zur heiligen Kuh, wie heute, darf es nicht erhoben werden.

(103.2) 20.07.2003, 13:17, Alfred Müller: Zum Satz:"Eine weltweit nachhaltige Entwicklung ..." ist der Begriff "Gleichgewichtsökonomie" zu streichen. Der Satz lautet dann: ... eine wirtschaftliche Wende zu einem Null-Wachstum. Grund: Ein Null-Wachstum führt noch nicht zur wirtschaftlichen Stabilität. Dafür sind ander Voraussetzungen erforderlich. Auf kapitalistischer Basis verschärft ein Null-Wachstum sogar die Instabilitäten. Zum Satz: Die derzeitigen rezessiven Tendenzen ... Dieser Satz ist sachlich falsch und ist zu streichen, da jede Wachstumsschwäche im Kapitalismus die Arbeitslosigkeit und die Haushaltslücke fördert.

(103.3) 04.10.2003, 23:55, Markus Göker: Auch hier ist Patrick Brehms Kommentar nur zuzustimmen. Ich hatte an anderer Stelle schon erwähnt, daß das BIP als makroökonomischer Indikator überwunden werden muß, wie das AWWO-Papier selbst sagt, daß daraus aber auch folgt, daß eine Forderung nach der Schrumpfung des BIP sinnlos ist. Eine "Gleichgewichtsökonomie", soll wohl heißen "eine Ökonomie im ökologischen Gleichgewicht", kann man nicht durch "Nullwachstum" und/oder Schrumpfen des BIP, sondern ein Sinken der physischen Durchlaufmenge des Wirtschaftssystems erreichen, bis diese ein Niveau erreicht hat, auf dem nachhaltiges Wirtschaften möglich ist. Die gegenwärtige Massenarbeitlosigkeit in den Industrieländern ist vor allem eine Folge der stark angestiegenen Arbeitsproduktivität. Diese Steigerung war nur möglich, da Rohstoffe und Energie zu billig waren. Hohe Abgaben auf Ressourcen und Energie senken die Rationalisierung auf das ökologisch verträgliche Maß und sichern so Arbeitsplätze, wie bereits in der Diskussion um die Ökosteuer festgestellt wurde (Görres et al. 1994, Worm 1995, S. 137ff.). Insofern ist Alfred Müllers Kommentar nicht zuzustimmen (ihm wäre wieder die Differenzierung von BIP- und physischem Wachstum zu empfehlen). Dabei ist unbestritten, daß wesentlich drastischere Maßnahmen erforderlich sind -- bis zu festgelegten Abbauraten für Rohstoffe --, als im Umfeld der Ökosteuer-Diskussion bislang erörtert wurde.

(103.4) 30.10.2003, 21:18, gerd ??: Was du nicht bedenkst: Güterproduktion verschiebt sich immer stärker in den bereich der Immaterialgüter, für die andere Ökonomien gelten. Z.B. Software. die kann beliebig reproduziert werden. der Konsum ist dabei nicht-rivalisierend.

(104) oder mit Variante C:
- Auf kürzere Sicht scheint eine Phase starken Wachstums auch aus ökologischer Sicht geradezu nötig, denn die Wirtschaft der wohlhabenden Länder wie auch der Schwellenländer ist derart nicht-nachhaltig, daß ein rascher radikaler Umbau vorgenommen werden muß, um anspruchsvolle ökologische Ziele zu erreichen. Ein rascher radikaler Umbau bedeutet hohe Investitionen und impliziert damit ein hohes wirtschaftliches Wachstum. Damit ist jedoch nicht "business as usual" gemeint, sondern ein "qualifiziertes Wachstum": nachhaltige Bereiche wie etwa erneuerbare Energien wachsen stark und überkompensieren damit die Schrumpfung nicht nachhaltiger Bereiche wie den der Verfeuerung fossiler Energieträger.
- Dieses Wachstum darf jedoch nicht einen weiteren Anstieg des Ressourcenverbrauchs nach sich ziehen. Nötig ist daher auch eine "Effizienzrevolution", die den Wachstumseffekt überkompensiert, d.h. die drastische Verringerung des Ressourcenverbrauchs pro produzierter Gütereinheit. Nach dem Gesetz des abnehmenden Grenznutzens dürfte es jedoch immer schwieriger werden, Wachstum durch steigende Effizienz überzukompensieren. Jegliche wirtschaftliche Aktivität verbraucht Ressourcen, auch eine "Dienstleistungsökonomie". Auch ein "nachhaltiges Wachstum" wird daher irgendwann an seine ökologischen Grenzen stoßen. In der Zwischenzeit noch möglichen Wachstums muß daher der Übergang zu einem nicht-wachsenden System vollzogen werden.

(104.1) 13.07.2003, 13:58, Patrick Brehm: Variante B und C unterscheiden sich darin, ob wir ein gesamtgesellschaftliches BIP-Wachstum für vertretbar halten oder nicht. Variante B verneint dies, Variante C fordert Wachstum, schränkt es aber auf "qualitatives Wachstum" ein. Vorsicht aber vor Variante C! Wenn wir argumentativ irgendein Wachstum für notwendig für den ökologischen Umbau halten, erlauben wir der Wirtschaftspolitik weiterhin, Wachstum als oberste Maxime ihres Handelns zu betrachten. Es läuft auf die alte Vorstellung hinaus, wir benötigten BIP-Wachstum, um Umweltschäden bekämpfen zu können. Genau dies ist jedoch falsch. Wenn BIP-Wachstum etwas mit Ressourcenausbeutung zu tun hat, wird das BIP-Wachstum in einer nachhaltigen Wirtschaft wahrscheinlich gestoppt. Wie schon an anderer Stelle gesagt: Es kommt nicht auf die Entwicklung irgendeines Indikators an, sondern auf die realwirtschaftlichen Veränderungen in den Stoffströmen.

(104.1.1) 05.10.2003, 00:13, Markus Göker: Patrick Brehm hat recht. Diese "Veränderungen in den Stoffströmen" werden durch den andernorts vorgeschlagenen Begriff der physischen Durchlaufmenge des Wirtschaftssystems erfaßt. Andererseits hat auch Alfred Müller recht, wenn er fordert, Variante C mit Alternative B zu vereinigen.

(104.2) 20.07.2003, 13:25, Alfred Müller: Die Variante C gehört zur Alternative B, da ein positives BIP-Wachstum gefordert wird.

(105) Solche Veränderungen erfordern natürlich einen tiefgreifenden Wandel auch in der Beschäftigungspolitik, der Steuerpolitik und den sozialen Sicherungssystemen, deren Finanzierung bislang auf permanentem Wachstum beruht. Von entscheidender Bedeutung, um den Wandel möglich, akzeptabel und nicht nur "sozialverträglich", sondern gemeinwohlfördernd zu gestalten, wird es sein, eine gerechte Verteilung des Volkseinkommens zu erzielen und den Trend zur sozialen Schere umzukehren. Arbeitszeitverkürzungen sowie die verstärkte Einbeziehung höherer Einkommen und Vermögen in die Finanzierung der sozialen Sicherung sind hier zu nennen.

(105.1) 20.07.2003, 13:36, Alfred Müller: Die Contra-Argumente beziehen sich zu einseitig auf die Umweltbezogenheit. Eine fundierte Null-Wachstumsforderung muss aufzeigen, dass bei einem Null-Wachstum nicht nur die Umwelt geschont wird, sondern auch die Arbeitslosigkeit, die Staatsverschuldung und die Armut gesenkt werden kann. Zum Abschluss der Contra-Ausführungen fehlt der entscheidende Hinweis, dass die Durchsetzung des Null-Wachstums die Überwindung der kapitalistischen Wirtschaftsweise erfordert. Wirtschaftswachstum folgt zwangläufig aus den kapitalistischen Strukturelementen. Forderungen nach Null-Wachstum sind daher mit Forderungen nach einem alternativen nachhaltigen Wirtschaftssystem zu verknüpfen.

(105.2) 05.10.2003, 00:19, Markus Göker: Die Vorschläge der Tübinger AWWO-Gruppe dazu, die wiederum auf den Arbeiten der Ecological Economists beruhen, hatte ich oben schon dargelegt. Sie scheinen mir die von Alfred Müller in seiner Kritik dieses Absatzes angeführten Punkte angemessen zu berücksichtigen. Da in diesem Absatz m.E. fehlt, daß auch die zu drastisch zu erhöhenden Abgaben auf Rohstoff- und Energieverbrauch für die "Finanzierung der sozialen Sicherung" heranzuziehen wären, scheint mir der Abschnitt nicht zu "einseitig auf die Umwelt" bezogen, eher im Gegenteil.

(106) Alternative B: Zukunft des Wachstums

(107) Weiteres Wirtschaftswachstum mit den derzeitigen Produktionstechnologien führt zu weiterer Verschwendung knapper Ressourcen und weiterer Umweltbelastung (z. B. Treibhauseffekt). Daraus folgt jedoch nicht die Forderung nach Nullwachstum, sondern die Forderung nach Änderung der Produktionstechnologien.

(107.1) 05.10.2003, 01:23, Markus Göker: Alternative B hängt dem Irrglauben an, daß höhere Ressourceneffizienz hinreicht (daß sie notwendig ist, soll gar nicht bestritten werden), um der ökologischen Problematik Herr zu werden, m.a.W. daß es eine rein technische Lösung des Problems gibt. Vielleicht genügen meine eigenen dürren Worte (siehe unten), um zu belegen, daß das nicht zutrifft. Wie Michael Reinecke unten anführt, ist zu erwarten, daß dieser These in ATTAC dennoch einige (wieviele?) anhängen. Ich kann aus meiner wachstumskritischen Sicht heraus nicht bestreiten, daß ich Alternative B gern ganz los hätte (wobei man die letzten beiden Absätze getrennt behandeln sollte, wie Alfred Müller vorgeschlagen hat). Die Ergebnisse der Tübinger AWWO-Gruppe waren: "Wir stimmen mit den Thesen auf S. 10 zur Wachstumsdoktrin und mit der Variante B von Alternative A (Abschied vom Wachstum) auf S. 16ff. weitgehend überein, lehnen die Variante C von Alternative A teilweise und Alternative B (Zukunft des Wachstums) auf S. 18f. hingegen kategorisch ab." Was tun? Vor allem: Wer hat Alternative B denn verfaßt?

(108) Weiteres Wirtschaftswachstum ist notwendig:
- Arbeitslosigkeit und Armut auf der Welt sind nicht bei Nullwachstum zu bekämpfen. Es müssen mehr und besser bezahlte Arbeitsplätze entstehen. Beschäftigung ist eine abhängige Variable der Produktionsmenge. Also muß die Produktionsmenge wachsen. Selbst wenn eine radikale Umverteilung von Vermögen, Einkommen und Arbeit bei Nullwachstum politisch durchsetzbar wäre, würde die Weltbevölkerung für immer in konstanter Armut leben.
- Hinzu kommt, daß die Weltbevölkerung wächst und damit ständig mehr Arbeitsplätze und damit Wachstum benötigt, um ihren Lebensstandard auch nur zu erhalten.
- Hinzu kommt, daß die ständig steigende Arbeitsproduktivität durch technischen Fortschritt ständig Arbeitsplätze vernichtet und daher Wachstum notwendig ist, um die bestehende Beschäftigung auch nur zu erhalten.

(108.1) Weitere Not wenden ist : Wirt_schaft_´ s_wach_s_tum, 29.06.2003, 12:25, Uwe Berger: Jegliche Logig endet immer mit einem Desaster (Der Ast bricht ab, an dem sich der Verstand grad´festhält oder der Stern an dem man sich in seiner Zeit orientiert hat, fällt irgendwann vom Himmel) zum Glück ist das natürliche Dasein nicht nur auf logische oder nur-kausale Zusammenhänge angewiesen (MonoKausal kommt erst gar nicht in die Tüte). Diese arbeitsteilige Gesellschaft produziert doch in erster Linie Müll. Seitdem Sparsamkeit ausgebrochen ist, hat sich nicht diese Müllmenge reduziert, sondern die Zahl derer, die daran profitieren dürfen. Vielleicht wär´s mal angebracht auszubilden, einen Platz in der Gemeinschaft zu finden (lernen, nicht nur-ich zu sein), an Stelle der ewigen Umschulung zum unteilbaren in_diesem_wie_Du_sein,_um...* . Selbstverständlich je mehr Wachs, desto länger kann die Kerze sein, aber der Docht ist uns dabei nicht Schnuppe. "Wachst, um..." was zu erreichen. Nur, was ist dieses eigentlich? Die Ideale unzufriedener Eltern? Das Ideal eines unzufriedenen Gör´? Die ideale Masse, die sich den einzelnen so denkt, wie sie ihn br_auch_t (be-nutzt) [be-nötigt]. Nur ist der Einzelne so nicht, nämlich ist er darüber schon mit 4 Jahren hinausgewachsen. Will_sagen: die ganze Erziehungsscheiße ist nur ein Kleinstümmeln menschlicher Möglichkeiten, damit sich niemand traut zu sagen, der Kä!se wäre nackt.

(108.2) Achtung, Saboteure!, 13.07.2003, 14:19, Patrick Brehm: Huch, neoliberale Argumentation in einem Attac-Papier? Mir stehen alle Haare zu Berge. Aus der Tatsache, dass Beschäftigung unter anderem von der Auslastung der Produktionskapazitäten abhängt, lässt sich aber nicht fordern, dass deshalb als einziger Weg die Produktionsmenge erhöht werden muss. Beschäftigung hängt genauso von der verwendeten Produktionstechnologie und strukturellen Rahmenbedingungen ab, z.B. der Frage, ob wir eine zentralisierte arbeitssparende Massenproduktion haben oder dezentrale Wirtschaftseinheiten mit vielen Arbeitsplätzen. Genauso der letzte Spiegelstrich: Mit der hier angeführten Begründung macht die neoliberale Wirtschaftspolitik immer so weiter wie bisher: Wir brauchen Wachstum für die Arbeitsplätze. Leider ist dies ökologisch unmöglich, gegen diese mörderische Logik gehen wir doch an. Außerdem: Wer sagt denn, dass in einer nachhaltigen Wirtschaft die Arbeitsproduktivität noch steigt? Es sollte uns dann um Steigerung der Ressourcenproduktivität gehen, die ggf. auch mit sinkender oder konstanter Arbeitsproduktivität einhergehen kann. Technischer Fortschritt in einer nachhaltigen Wirtschaft vernichtet Ressourceneinsatz, nicht Arbeitsplätze.

(108.2.1) Bewusst mehrere Sichtweisen berücksichtigt., 18.09.2003, 20:47, Michael R.: Es gibt aber nun mal etliche bei attac Aktive (vor allem aus SPD- und gewerkschaftsnahen Kreisen), die diese Position vertreten; und da das Papier das gesamte attac-nahe Meinungsspektrum wiedergeben soll, dürfen wir diese (Minderheiten- ?)Position nicht ganz ausklammern. Ich bin auch kein Freund von Wirtschaftswachstum, aber ich möchte die Kontroverse lieber austragen als die Wachstumsfreunde aus attac auszugrenzen (was du wohl ähnlich siehst, wie ich deinen späteren Kommentaren entnehme).
Ich würde die Wachstums-Position übrigens nicht als neoliberal bezeichnen – aber das ist natürlich Definitionssache.

(108.3) 05.10.2003, 00:29, Markus Göker: Alternative B läßt generell die Einsicht vermissen, wie tiefgreifend die ökologische Problematik tatsächlich ist. Das zeigt sich besonders deutlich in folgendem Abschnitt (S. 18, Z. 37f.): "Hinzu kommt, daß die Weltbevölkerung wächst und damit ständig mehr Arbeitsplätze und damit Wachstum benötigt, um ihren Lebensstandard auch nur zu erhalten." Warum diese These zweifelhaft ist, läßt sich leicht an Hand der sogenannten Ehrlich-Gleichung (Holdren und Ehrlich 1974) erläutern. Der Ressourcenverbrauch der Weltwirtschaft ist das Produkt aus drei Faktoren: erstens der Gesamtbevölkerungszahl, zweitens dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Konsum (in bestimmten Einheiten für den Konsum) und drittens dem durchschnittlichen Ressourcenverbrauch pro Konsum-Einheit. Verbesserte Technik - so nötig sie ist - kann offensichtlich nur den dritten Faktor vermindern (Townsend 1993). Solange also die Weltbevölkerung (erster Faktor) wächst, wird höhere Ressourceneffizienz diesen Effekt allenfalls ausgleichen können. Der Ressourcenverbrauch pro Einheit des Konsums kann aber aus rein physikalischen Gründen nicht auf Null gehen (Ehrlich et al. 1993). Eine Verminderung der Durchlaufmenge der Weltwirtschaft kann so nicht erreicht werden; Alternative B will das Problem allenfalls vor sich her schieben. Eine Alternative Weltwirtschaftsordnung muß die Kontrolle des absoluten Ausmaßes menschlichen Wirtschaftens - das von allen konventionellen ökonomischen Theorien unterschlagene Thema (vgl. u. a. Daly 1999) - und damit die Kontrolle der Bevölkerungszahl mit beinhalten. Diese Aussage vermissen wir nicht nur in Alternative B, sondern auch in Alternative A - und dem kompletten Entwurf des Positionspapiers. Sie ist um so bedeutsamer, als eine Steigung des Lebensstandards in der sogenannten Dritten Welt selbstverständlich erstrebenswert ist. Viele Linke glauben, das Bevölkerungsproblem unter das Verteilungsproblem subsumieren zu können. Nach unserer Auffassung ist gerechte Verteilung ein notwendiges, aber nicht hinreichendes Mittel, um mit der Bevölkerungsentwicklung zurechtzukommen. Wer glaubt, Umverteilung sei ein hinreichendes Mittel, macht sich von der These des demographischen Übergangs abhängig. Für diese These gibt es aber empirische Gegenbeispiele. Armut mag außerdem Ursache hoher Geburtenraten sein, aber hohe Geburtenraten sind auch Ursache von Armut. Geburtenkontrolle als Mittel der Armutsbekämpfung sollte mittlerweile hinlänglich anerkannt sein (z. B. Daly 1971). Man kann nicht warten, bis z.B. China und Indien den Pro-Kopf-Verbrauch der westlichen Welt erreichen, um dann ihre Geburtenrate zu senken. Und das geht auch nicht bei einem weltweit ausgeglichenerem Pro-Kopf-Verbrauch. Wie immer wird zunächst linear extrapoliert und nicht exponentiell, das tatsächliche Bevölkerungswachstum also kraß unterschätzt. Auch Variante B von Alternative A leidet am Technikoptimismus (S. 18, Z. 2ff.). Wenig überzeugend ist auch die These, für den ökologischen Umbau sei jetzt Wachstum - welches? - erforderlich (S. 17, Z. 44ff.). So wird auch das "Überkompensieren" (S. 17, Z. 51) fragwürdig. Richtig wäre z. B., zu sagen, daß, falls vor dem Hintergrund des notwendigen Sinkens des physikalischen Durchsatzes der Weltwirtschaft für die jetzigen Entwicklungsländer eine Übergangsphase höherer physischer Durchlaufmenge erforderlich wäre, die Industrieländer das durch eine noch stärkere Zurücknahme der dortigen Durchlaufmenge an Materie und Energie ausgleichen müßten.

(108.3.1) Geburtenraten, 26.11.2003, 15:30, Sigrid Asamoah: OK, kein Neoliberalismus und blindes Hoffen auf automatische Gelichgewichte. Aber der "Dempografie" - also - wem sonst -den vermaledeiten Weibern den schwarzen Peter zuzuschieben, die immer für zuviel oder zuwenig Vermehrung sorgen, fällt dahinter noch zurück. Die Natur ist hier Kultur. Ich empfehle einen Blick über den Tellerrand in die Boersenzeitung-online Stichwort "Demografie" aus der 3. Novemberwoche 2003. Wahrscheinlch auch ein Grund, warum sich zum Punkt - welch Wortungetüm "frauengerechte(?) Globalisierung" hier nix tut. Da vergeht einer ja die Lust!

(108.3.1.1) Re: Geburtenraten, 27.11.2003, 16:06, Markus Göker: Der durchweg polemische Kommentar ist von zwei Mißverständnissen geprägt. Zum einen wird behauptet, wer auf die Bedeutung des Faktors Demografie hinweise, betrachte Kultur als Natur. In Wahrheit setzt die Erkenntnis, daß wir in einer physisch begrenzten Welt leben, nicht voraus, daß sich Kultur auf Natur reduzieren, gesellschaftliche Gegebenheiten durch naturwissenschftlich faßbare erklären ließen. Sie setzt lediglich voraus, daß menschliches Leben wie alles Leben eine energetisch-materielle Grundlage hat und diese notwendig, NICHT hinreichend ist, um gesellschaftliche Vorhgänge zu erklären. Wir empfehlen einen Blick über den Tellerrand der Börsenzeitungen hinaus. Genügend Originalliteratur hatten wir angegeben. Weitere Hinweise finden sich unter http://www.attac.de/tuebingen/awwo.php. Die zweite Unterstellung besteht darin, wer für Bevölkerungskontrolle plädiere, schiebe "den vermaledeiten Weibern den schwarzen Peter" zu. Nonsens, schon allein aufgrund der biologischen Grundlagen der menschlichen Fortpflanzung. Ich empfehle einen Blick ins Biologiebuch. Der Erfolg der Kampagnen zur Bevölkerungskontrolle zeigt, daß sie unmittelbar mit der Emanzipation der Frauen verknüpft sind. Oder hat die Verbesserung der Bildung und die Sicherung des Zugangs zu Verhütungsmitteln nichts mit Emanzipation zu tun? Umgekehrt dürfte viele patriarchale Kulturen durch große Zahl von Kindern als Statussysmbol geprägt sein (siehe z.B. Maturana und Verden-Zöller 1997).

(108.4) Technischer "Fortschritt", 05.10.2003, 00:42, Markus Göker: Alternative B überzeugt auch nicht in ihrer Sicht der Erhöhung der Arbeitsproduktivität: "Hinzu kommt, daß die ständig steigende Arbeitsproduktivität durch technischen Fortschritt ständig Arbeitsplätze vernichtet und daher Wachstum notwendig ist, um die bestehende Beschäftigung auch nur zu erhalten." Das will den Bock zum Gärtner machen. Offensichtlich erzeugt ja, wie ich oben geschildert habe, der technische "Fortschritt" die hohe Arbeitslosigkeit - und erhöht den Ressourcenverbrauch.

(109) Es ist ein "nachhaltiges" Wachstum (d.h. Wachstum mit gleichzeitigem Wandel der Produkionstechnologien) und ein "verteilungsgerechtes" Wachstum (d.h. Wachstum, das die Einkommen der Armen, nicht der Reichen steigert) anzustreben.

(109.1) Variante 37c, 13.07.2003, 14:24, Patrick Brehm: Es sind Nachhaltigkeit und Verteilungsgerechtigkeit anzustreben. Ob dies mit Wachstum der statistischen Größe BIP einhergeht, ist doch sch..egal!

(110) Das Problem bei der Diskussion um die Zukunft des Wachstums liegt darin, daß das Wachstum im Kapitalismus keine politisch steuerbare Größe darstellt, sondern das Ergebnis der Eigendynamik des kapitalistischen Wirtschaftsprozesses ist. Die Diskussion unterstellt eine Steuerbarkeit des Wirtschaftsprozesses, die in der Realität nicht gegeben ist. Die Steuerungsmöglichkeiten sind durch die neoliberalen Reformen der letzten zwanzig Jahre noch weiter eingeschränkt worden.

(110.1) Eine andere Welt IST möglich!, 13.07.2003, 14:30, Patrick Brehm: Hey, wir sind bei Attac! Eine andere Welt IST möglich! Seit Jahren will man uns weismachen, dass es keine Alternativen gibt und die Politik eh keinen Einfluss auf die Wirtschaft hat. Wenn wir diesen Abschnitt schreiben, können wir das ganze Papier einstampfen. Natürlich lässt sich die Wirtschaft noch steuern. Zugegeben, früher - ohne weltwirtschaftliche Vernetzung - war dies einfacher, und die Steuerbarkeit dürfte durchaus wieder erhöht werden.

(110.2) 20.07.2003, 13:49, Alfred Müller: Dieser Absatz ist einer der wichtigsten der Wachstumsdebatte. Da der kapitalistische Wirtschaftsprozess in seinen Kernbereichen (Bspl. Investiton,Produktivität, Zyklenentwicklung, Arbeitslosigkeit)nicht zu steuern ist, bleibt die Wachstumsdebatte rein akademisch, wenn sie nicht mit der Diskussion um ein besseres alternatives Wirtschaftssystem verbunden wird. Dieser Absatz gehört aber nicht zur Alternative B. Er sollte die Wachstumskontroverse abschließen und zu den Schlussbetrachtungen dieses Kapitels gehören.

(110.3) 05.10.2003, 00:50, Markus Göker: In diesem Absatz wird übersehen, daß das BIP-Wachstum erst seit dem Zweiten Weltkrieg eine explizite politische Forderung darstellt. Daß BIP-Wachstum explizit gefordert wird, ist ein Problem für sich, wie Patrick Brehm unten erläutert. Ansonsten ist der Abschnitt in sich widersprüchlich und widerspricht auch dem nächsten Abschnitt, wie Alfred Müller schon festgestellt hat.

(111) Anstatt endlose Debatten über das wünschenswerte Wachstumsmuster für die gesamte Welt zu führen, sollte attac dafür kämpfen, die Eingriffsmöglichkeiten von Staat und Zivilgesellschaft in die Marktwirtschaft zu erhalten und erweitern (z.B. Subventionen, Handelsbeschränkungen, Ökosteuern, Investitionen). Die konkrete Ausgestaltung wäre in jedem Land / jeder Region vor Ort demokratisch von den Betroffenen und ihren Vertretern zu entscheiden.

(111.1) Wachstumsdebatten: ja und nein!, 13.07.2003, 15:03, Patrick Brehm: Die Debatte um Wachstum ist wichtig und unwichtig.
1. Zunächst müsste eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Bedeutung des Wachstums auf Teufel komm raus forciert werden. Warum? Weil alle unserere Vorschläge sich statistisch gesehen negativ auf das BIP auswirken könnten. Und somit wird von der herrschenden Ideologie mit der falschen Ausrichtung auf Gott Wachstum jeder Nachhaltigkeitsforschritt zunichte gemacht. Ökosteuern? Bloß nicht, schlecht fürs Wachstum. Tobin-Steuer: Um Himmels Willen, was wäre mit unserem Wachstum? Ökologische-soziale Handelsbeschränkungen: Schön wärs, aber geht nicht, weil das Wachstum leiden könnte. Also: Kampf dem Wachstumsbegriff als heilige Kuh!
2. Natürlich spielt das BIP-Wachstum in einer nachhaltigen, gerechten Weltwirtschaft keine bedeutende Rolle mehr, es ist jene statistische Kennziffer, an der sich Verschiedenes ablesen lässt (durchaus auch: hohes BIP: Kennzeichen einer wohlhabenden Gesellschaft, welche nicht mehr auf hohe BIP-Wachstumsraten angewiesen ist; niedriges BIP: Kennzeichen einer Gesellschaft mit wenig materiellem Wohlstand, deren Wachstumsraten auch in Zukunft steigen sollten). Es lässt sich etwas über eine Volkswirtschaft ablesen, ist aber an sich kein Ziel der Wirtschaftspolitik mehr.
Vielleicht lässt sich über jene Unterscheidung der Debatten auch die verschiedenen Strömungen in Attac unter einen Hut bringen. Die Wachstumsdebatte in diesem Papier erscheint noch sehr zerfasert. Ich bin noch nicht lang genau dabei, um mir das erklären zu können, aber womöglich gibt es Strömungen in der Bewegung, die die zerstörerische Kraft des realwirtschaftlichen (Stoffströme-)Wachstums und des ideolgischen Wachstumsziels noch nicht wahrgenommen haben. BIP-Wachstum für Gesellschaften im Süden oder Osten mag im Kampf gegen die Armut akzeptabel oder wünschenswert sein, für hochentwickelte Industrienationen ist es das falsche Ziel.

(111.2) 20.07.2003, 13:58, Alfred Müller: Hier ist genauer zwischen dem systemerhaltenden (reformistischen) und dem systemüberwindenden Ansatz zu trennen, damit die inhaltliche Kontroverse deutlicher wird. Dieser systemkonforme Absatz widerspricht dem Vorhergenden und sollte als solcher gekennzeichnet werden.

(111.3) 17.09.2003, 13:16, Stefan Karstens: Wenn man es genau betrachtet, ist das wirtschaftliche Wachstum nichts weiter als eine abstrakte Kennzahl zum Vergleich ökonomischer Leistungen. Sie sagt nichts darüber aus, wie diese zustande kommen und welche (z.B. soziale & Umwelt-) Folgen deren Erbringung hat.
Aber genau darum geht es (uns bei attac) doch: Den wirtschaftlichen Prozess so umzugestalten, dass er allen Menschen ein anständiges Leben in relativem Wohlstand & sozialer Sicherheit gewährleistet - und dies auf eine Art und Weise, welche weder die natürliche Umwelt, gewachsene sozial-kulturelle Strukturen noch die Lebenschancen künftiger Generation schädigt.
Wenn eine solche nachhaltige Ökonomie erst besteht - in welcher konkreten Form auch immer - ist es nicht mehr wichtig, ob sie nun ein Wachstum produziert oder nicht, da es ja ihr Wesensmerkmal ist, dass alle negativen Wachstumsfolgen kompensiert werden müssen, um überhaupt einen Gewinn zu erzielen.

(111.4) 05.10.2003, 01:01, Markus Göker: Hier wird eine falsche Alternative aufgestellt. ATTAC kann nur sinnvoll für eine nachhaltige und gerechte Weltwirtschaft eintreten, wenn auseinandergehalten wird, was nicht mehr wachsen darf bzw. sogar schrumpfen muß (das physische Ausmaß des Wirtschaftssystems), was wachsen soll (alternative Wohlfahrtsindices) und welche Größe irrelevant ist (das BIP). Das AWWO-Papier leistet das, wie gesagt, im Moment noch nicht. Zunächst muß man klären, wohin man möchte, und dann kann man sich überlegen, wie man da hin kommt. Kurzum: Der Absatz will sich einfach vor der Debatte drücken.

(112) 2. Perspektiven der Globalisierung:
Die Globalisierung gerechter gestalten – oder
Entglobalisierung – und/oder
Lokalisierung

(113) [ Hinsichtlich der Perspektiven für die Globalisierung lassen sich bei Attac idealtypisch drei Positionen unterscheiden, die bisher noch nicht deutlich voneinander abgegrenzt sind und auch in verschiedener Weise miteinander kombiniert werden:
1. Die Globalisierung gerechter gestalten – oder
2. Entglobalisierung – und/oder
3. Lokalisierung. ]

(114) Eine andere Ökonomie ist möglich! Angesichts der gegenwärtigen Realität vermeintlicher Sachzwänge und ihrer harten Wettbewerbs-, Kosten- und Leistungslogik ist kaum eine unmittelbare Revolution zu grundlegenden Veränderungen zu erwarten. Es gibt jedoch eine Reihe von konzeptionellen und politischen Ansatzpunkten der Veränderung, Umgestaltung und Neugestaltung. Dazu ist zunächst jedes Mittel förderlich, dem es gelingt, lebensweltliche, soziale, ökologische oder politische Gesichtspunkte im knallharten System des marktwirtschaftlichen Wettbewerbes zu verankern.
Mikroebene (KonsumentInnen, WählerInnen)
Mesoebene (Organisationen, Unternehmen: Von Fair trade, Greenpece, Corporate Social Responsibility (CSR) bis zu Gewerkschaftspolitik als Gegenmacht)
Makroebene (Politische Regulierungen und Reregulierung: Global Governance, Tobin- Steuer, Reform WTO, GATS, ILO, etc.)

(115) Das Ziel ist: Märkte müssen zu Instrumenten werden, sie dürfen nicht Selbstzweck sein; notwendig ist eine politisch-ethische Durchdringung und Steuerung von Märkten. Dazu sind gerechte Gestaltung der Globalisierung mittels politischer Regulierung, regionales Wirtschaften oder Lokalisierung sich ergänzende, komplementäre Strategien.

(115.1) 20.07.2003, 14:12, Alfred Müller: Dieser Abschnitt ist keynesianisch ausgerichtet. Hier hofft die Autorin/der Autor mit Hilfe des Staates und des gesellschaftlichen Drucks die kapitalistische Globalisierung umweltfreundlich, gerecht, sozial und nachhaltig gestalten zu können. Dies hoffen die Keynesianer seit fast 200 Jahren und bisher ohne Erfolg. Das Ziel ist daher nicht die Instrumentalisierung der Märkte, sondern die Schaffung einer ökologischen, solidarischen, gerechten und freiheitlichen Wirtschaftsweise. Und wenn der Marktmechanismus diesem Ziel im Wege steht, dann muss er durch eine alternative bessere wirtschaftliche Koordinierungsform abgelöst werden.

(116) Kulturelle Vielfalt/ Orientierung an der Lebenswelt

(117) Kulturelle Vielfalt bedeutet die Tatsache, dass die grossen Kulturen der Welt, ob europäisch, indisch, chinesisch, afrikanisch oder südamerikanisch geprägt eigene Wertsysteme besitzen. Diese Unterschiede gehen im universalistischen, individualistischen und a-historischen neo-liberalen Denken unter. Eine alternative Weltwirtschaftsordnung muss in der Lage sein, auch andere Wertsysteme und Wirtschaftsmodelle als die der marktwirtschaftlichen Tradition Europas zu verstehen und kulturorientiert zu gestalten. Dies setzt weiter zu stärkende Formen der internationalen Kooperation, der Partizipation und des zwischenmenschlichen Gedankenaustausche voraus.

(117.1) 15.09.2003, 23:05, Stefan Karstens: Im ersten Satz sollte die Aufzählung der grossen Kulturen gestrichen werden. Sie kann als unvollständig (islamische Kultur? Gibt es in Asien nur Indien und China? u.ä.) aufgefasst werden; auch ohne diese Nennung von Beispielen büßt der Satz nichts von seiner Aussagekraft ein.
Alternativvorschlag für Satz 2: "Diese historisch gewachsenen Unterschiede werden vom Universalitätsanspruch der neoliberalen Ideologie bedroht, welcher die Menschen der Welt als bloßen Absatzmarkt betrachtet."
Im dritten Satz sollte es heißen "marktwirtschaftliche Tradition des Westens...", um Anknüpfungen an sozialstaatliche Traditionen in Europa nicht zu widersprechen.

(118) Aus lebensweltlicher Perspektive, die den Menschen zuerst in seinen persönlichen, sozialen und den Sinnbezügen wahrnimmt, kann sich sogar herausstellen, dass die Richtung des Lernens umzudrehen ist. Die Diskussion um eine neue Weltwirtschaft hat eine zutiefst kulturelle Dimension, die sich unter der Oberfläche der wirtschaftlichen Globalisierung erstreckt.

Sicherung der Menschenrechte

(119) Nach dem 2.Weltkrieg ist ein rechtlicher Rahmen z.T. erst entwickelt, z.T. wieder hergestellt worden, der universelle rechtliche Normen verbindlich machen soll: die UN-Charta, das Völkerrecht, die Menschenrechte. Im Hinblick auf die konkrete Umsetzung ist evident, dass diese Rechte die Etablierung grundlegender ökonomischer, sozialer und ökologischer Mindeststandards erforderlich machen, ohne die sie nur sehr unvollkommen realisiert werden können.
Im Rahmen der UNO, in regionalen Zusammenschlüssen sind Organisationen und Vertragssysteme entstanden, die eine konkrete Umsetzung dieser Standards intendieren. Sie setzen sie z.T. beschränkt, z.T. nur proklamatorisch um; z.T. sind sie regelrecht kontraproduktiv. Als Beispiele für diese dreiteilige Abstufung seien genannt: die UN-Menschenrechtskommission, für die proklamatorische Umsetzung die Bedeutung von Umwelt- und Sozialstandards in der WTO , für die dritte Stufe, die Schwundstufe, die Inanspruchnahme internationaler Normen zur Legitimation der Kriege im Kosovo, in Afghanistan und im Irak.

(120) 2.1 Alternative: Globalisierung gerechter gestalten

(121) Den Vorteilen weltweiter Märkte bei der quantitativen Versorgung stehen qualitative Nachteile (Raubbau an ökologischen Ressourcen, Entfremdung, Peripherie-Regionen) entgegen. Manche dieser Nachteile sind durch veränderte Steuerung begrenzbar. So könnten umweltbezogene Standards die Ausdehnung von Welthandel beschränken, da sie wie eine Erhöhung von Transportkosten wirken würden. Dies ließe Raum für die Entstehung von weltweiten Märkten, wo der technologische Fortschritt sie im Rahmen der ökologischen Ressourcen sinnvoll erscheinen ließe. Solche Standards können nur Mindestniveaus definieren, die dann einen völker- übergreifenden Werte-Konsens darstellen.

(122) Orientierungsrahmen dieses Minimalkonsenses sollte die faktische Verwirklichung der allgemeinen Menschenrechte sowie ein allgemeines Prinzip der Nachhaltigkeit sein: Keine Volkswirtschaft bzw. Gemeinschaft hat das Recht, Ressourcen so in Anspruch zu nehmen oder Sozialbeziehungen so zu regulieren, dass unwiderrufliche Schäden für nachfolgende Generationen und/oder andere Gemeinschaften entstehen. Für den Handelsbereich bedeutet dies, dass keine Form von "beggar-thy-neighbour"-Politik akzeptiert werden darf. Dieses Prinzip kann jedoch nur umgesetzt werden, wenn die großen Wirtschaftsmächte sich einer Selbstbindung unterwerfen und dazu eine multilateral verankerte Rechtsetzung und Rechtdurchsetzung akzeptieren.

(123) 2.2 Alternative: Entglobalisierung - von der Weltmarkt- zur Binnenorientierung

(124) Eine nachhaltige Entwicklung [zum Begriff s.o.] zielt auf eine je eigenständige Entwicklung der Volkswirtschaften und Gesellschaften durch Binnen- und Regionalorientierung. Eine industrielle Gleichgewichtsökonomie erfordert einen Bruch mit der Doktrin der Globalisierung (sei sie neoliberal oder neokeynesianisch) und eine Wende hin zur Entglobalisierung (Deglobalisierung). Dabei müssen gerade die reichen Industriestaaten Vorreiter sein.

(125) Entglobalisierung heißt nicht Autarkiestreben und eine Abkopplung von internationalen Märkten. Internationaler und weltweiter Handel bleibt in vielerlei Hinsicht von Vorteil. Doch die Prioritäten für die wirtschaftliche Entwicklung und die Wirtschaftspolitik ändern sich grundlegend: Statt die wirtschaftliche, technologische und gesellschaftliche Entwicklung auf die Bedarfe für den Export, für den Weltmarkt auszurichten, steht im Vordergrund die Produktion für kleinräumigere Märkte: lokale, regionale (auch grenzüberschreitend; vgl. Euregio Aachen), nationale Märkte bis hin zu regionalen Wirtschaftsverbünden. Die Überschaubarkeit dieser Zusammenhänge ist eine wesentliche Voraussetzung für die Sicherung ihrer demokratischen Kontrolle und für verantwortliches Handeln der wirtschaftlichen Akteure.

(126) Eine Strategie der Entglobalisierung sucht den Weg zwischen den Versuchen, "die Globalisierung gerecht zu gestalten" und einer Lokalisierungsstrategie. Während die "gerecht Gestalten"-Strategie die Dynamik der Globalisierung stärkt, indem sie sie reformiert, unterliegt die Lokalisierungsstrategie der Gefahr einer Nischenpolitik ohne durchgreifende Wirkung. Es wäre sinnlos und im Einzelnen nicht begründbar, am grünen Tisch die Art und den Grad einer wünschenswerten nationalen und internationalen Arbeitsteilung zu skizzieren. Angemessen ist ein "induktives" Verfahren: Von der tatsächlichen Weltmarktintegration und den damit gegebenen Problemen auszugehen und Schritte zu einer Regionalisierung, einer Binnenorientierung der Wirtschaft anzugeben. Konkrete Schritte zur Entglobalisierung verbinden die Unterlassung von Maßnahmen, welche die Globalisierung weiter vorantreiben, mit solchen, die aktiv eine Wende zu einer regionalen Orientierung einleiten.

(127) Passive Maßnahmen (der Unterlassung):
- Maßnahmen der Exportförderung werden eingestellt (z.B. Subventionen, Hermesbürgschaften, Steuerbefreiung des Flugverkehrs, bestimmte Maßnahmen der Forschungs- und Technologieförderung, z.B. im Bereich der Gentechnologie, Metrorapid).
- Die Förderung von Transnationalen Konzernen und weiterer Fusionen durch Subventionen aller Art und durch das Wettbewerbsrecht (zuletzt Ministererlaubnis für die Fusion E.ON/Ruhrgas) wird unterlassen.
- Das Projekt weiterer Deregulierung der Weltmärkte wird aufgegeben. Dies schließt ein Moratorium für die gegenwärtige GATS-Runde/Doha-Runde ein.
- Eine wachstumsorientierte Wirtschafts-, Finanz-, Geld- und Zinspolitik wird abgelöst durch eine selektive Wachstums- und Schrumpfungspolitik, die insgesamt auf einen Gleichgewichtspfad ohne Wachstum einschwenkt.
- Aufgabe der Strukturanpassungsprogramme des IWF, der die Schuldnerstaaten zur Exportorientierung ihrer Ökonomien zwingt.
- Abschied von einer Orientierung der EU, die sie zum wettbewerbsfähigsten und "dynamischsten" Wirtschaftsraum der Welt machen will (Erklärung von Lissabon, 2000). Vorrang vor weiterer Liberalisierung der Märkte müssen Vereinbarungen für ökologische und soziale Standards haben.

(128) Aktive Maßnahmen:
Ökologischer Umbau mit dem Ziel einer Verringerung der Mengenströme von Exporten und Importen. Ein Wirtschaftsmodell, das Naturverbrauch bezahlen lässt, wird eher kleinformatige Produktionsweisen mit einem höheren Anteil an menschlicher Arbeit befördern. Zu den Instrumenten des ökologischen Umbaus gehören:
- Eine umfassende ökologische Steuerreform, die konsequent das Verursacher- und Vorsorgeprinzip anwendet. Ein wichtiger Baustein: die Transportpreise für Flug- und Schiffsverkehr.
- Eine dezentrale Energiepolitik, die auf Energieeinsparung und den forcierten Ausbau erneuerbarer Energie setzt.
- Der Aufbau einer Recyclingwirtschaft (Reduktion von Rohstoffimporten) und der Übergang zu langlebigen Produkten.

(128.1) Ex- und Im-, 26.11.2003, 15:36, Sigrid Asamoah: Was ein Export und ein Import ist, hängt wohl von der Seite der Theke ab, aber sie sind immer beides zugleich. Du meinst vermutlich den Binnenmarkt? Man macht sich ja lächerlich.

(129) Entgegen der weltweiten und anhaltenden Fusionswelle sind Instrumente einer wirksamen Fusionskontrolle und Entflechtung von Transnationalen Konzernen zu entwickeln.

(130) Binnenorientierte Außenwirtschaftspolitik:
- Entschuldung der Schuldnerstaaten als ein vorrangiges Ziel der "Entwicklungspolitik".
- Neuordnung der Weltwirtschaftsinstitutionen: Das Ziel müsste eine radikale Beschränkung der Macht von IWF, Weltbank und WTO sein, weder ihre pure Reform noch ihre Abschaffung, und die Schaffung eines pluralistischen Systems von internationalen und regionalen Institutionen und Organisationen.
- Das Leitbild dieser Neuordnung wäre ein nachhaltiger Internationalismus, der die Verschiedenheit von nationalen und regionalen Entwicklungen anerkennt und schützt.

(131) 2.3 Alternative: Lokalisieren statt Globalisieren

(132) Der Ansatz "Lokalisieren statt Globalisieren" bedeutet nicht einfach eine geographische Verengung der Wirtschaftsräume. Er impliziert eine andere Perspektive, ein anderes Modell von Wirtschaft und Gesellschaft als das herrschende kapitalistisch-patriarchalische Modell. Diese neue Ökonomie muss zunächst von einem anderen Begriff von"Gutem Leben" ausgehen: Eine neue Perspektive -die Subsistenzperspektive- kann uns von der selbstmörderischen Wachstumslogik des Industriesystems befreien. Das Ziel ist, wieder die Kontrolle über die unmittelbaren Lebensbedingungen in die Hand zu bekommen. Essen, Kleidung, Wasser, Transport, Wissen, Gesundheit usw. sollen weder von fernen Chefetagen multinationaler Konzerne aus bestimmt werden noch von globalen Bürokratien wie der WTO. Dieses Ziel kann nur durch eine Strategie der Lokalisierung erreicht werden. Der Versuch, von oben her eine neue Weltwirtschaft mit humanem Gesicht zu entwerfen ist ein Widerspruch in sich und wird unweigerlich in einem neuen Totalitarismus enden.

(132.1) \\\"Wachstumslogik des Industriesystems\\\", 06.07.2003, 08:34, Richard Kallok: Dem \\\"Industriesystem\\\" ist Entfremdung des/der Arbeitenden von seinem/ihrem Produkt, Verhinderung der Entwicklung konvivialer Werkzeuge u.ä. vorzuhalten, per se kennt das \\\"Industriesystem\\\" aber keine Wachstumslogik. Sie ist ein Kennzeichen des Kapitalismus und insofern müßte es in Zeile 29 heißen \\\"Wachstumslogik des kapitalistischen Industriesystems\\\". Auch die an dieser Stelle suggerierte Alternativlosigkeit der Perspektive \\\"Subsistenz\\\" ist nicht nur in hohem Maße diskussionswürdig sondern scheint mir auch zu anderen Pasagen des Papiers in Widerspruch zu stehen.

(133) Lokalisieren bedeutet eine Absage an kapitalistische und patriarchale Grundprinzipien und das Inkraftsetzen neuer Subsistenzprinzipien, z.B.:

(134) Die genannten Prinzipien lassen sich nur in kleineren Wirtschaftsräumen durchsetzen und überprüfen. Eine dahingehende Umstrukturierung der Wirtschaft verlangt andere Prioritäten, z.B.:

1. Landwirtschaft vor Industrie: Da die Nahrung immer noch aus der Erde kommt und lokal und regional erzeugt werden soll, kann Landwirtschaft nicht dem Industrie-Modell heutiger Prägung folgen. Dieses ist auf die Bedienung des Weltmarktes ausgerichtet. Die Kleinbauern müssen gestärkt werden. Sehr viel mehr Menschen als heute können Arbeit in der Landwirtschaft finden.
2. Produzenten-Konsumenten-Vereinigungen können Kleinproduzenten ein regelmässiges Einkommen und den Konsumenten gesunde Nahrung und andere Produkte sichern. Sie können vor allem wieder so etwas wie Verantwortung für die Erde bei beiden -Produzenten und Verbrauchern- herstellen.
3. Abschaffung von Agrarsubventionen, die das Agrobusiness ermutigen und die Kleinbauern liquidieren, die für lokale Märkte produzieren. Förderung der Umstellung auf ökologischen Landbau. Förderung der Forschung über alte, nachhaltige Anbaumehoden, sowohl in Ländern des Südens wie des Nordens.

(134.1) andere Prioritäten, 30.06.2003, 06:55, Uwe Berger: Der "Flächendeckende" Straßenbau muß aufhören!

(135) Wenn wir von lokaler Ökonomie reden, haben manche die Befürchtung, dass dies die Rückkehr zu vormodernen Herrschaftsformen nach patriarchalischen und feudalen Prinzipien bedeuten könnte. Das beste Gegenmittel gegen solche Befürchtungen ist ein bewusster Kampf von Männern und Frauen gegen patriarchale Verhältnisse. Dieser kann beginnen mit einer Umstrukturierung der hierarchischen, geschlechtlichen Arbeitsteilung. In einer neuen Ökonomie müssten nicht nur die Frauen die Arbeit machen, die Männer machen, sondern auch die Männer müssten die gesellschaftlich notwendige, unbezahlte Haus- und Subsistenzarbeit im Haus, in der Umwelt und in der Gemeinschaft machen. Erst wenn die Häfte der Menscheit diese Arbeit nicht mehr als Last, unwürdig und minderwertig ansieht, wird sich etwas an dem Geschlechterverhältnis ändern.

(135.1) befühlter Friede zwischen denen, die sich unterscheiden - miteinander den Platz und die damit verbundenen Aufgaben teilen, 26.06.2003, 13:40, Uwe Berger: Ich wollte den Satz mal positiv und im Gegensatz ausdrücken und muß feststellen, das wir unterscheiden offenbar ohne untere und von einander scheiden gar noch nicht denken können. Es sind nicht Geschlechterverhältnisse die herrschen, sondern eine Übereinkunft zwischen den "vorrangigen" Denkweisen. Zwischen Gefühl und Wissen besteht eine Einheit, die durch den Erkenntniszwang materieller Begebenheiten verwaltet und verunstaltet wird. In der Vergangenheit ist durch das Umschulen von Linkshändern eine Gefühllose Wissenssphäre aufgebläht worden. Dies wird im Tastaturzeitalter zurück gehen, aber die Beschulung und der damit verbundene Leistungszwang und die Bewertung (auch die eigene) "mit dieser Hand kann ich das nicht" lassen in einem das zwischen den Generationen transportierte Gefühl von Last, Unwürdig- und Minderwerdigkeit erst bewußt denken. Mit dem anschließenden bedürfniss der Entlastung, wie wir sie aus unserem Aufwachsen her kennen: derjenige, der im Haushalt die inneren Gefühlsgleichgewichte hält, nimmt den Schmerz, mit der Folge einer Abhängigkeit von dem einzelnen und dieser Versorgung. Wenn Papi und Mami nicht mehr so funktionieren schnitzt sich der oder die jenige eine Neue Person/Puppe dafür. Das Leben ist Ausdruck und damit einsehbar.

(136) Eine Umstrukturierung der lokalen Ökonomien im Norden wie im Süden im Sinne einer antikapitalistischen- antipatriarchalen Subsistenzperspektive müsste notwendigerweise zu einer Veränderung der globalen Strukturen führen. Mehr-oder-weniger auf Self Reliance ausgerichtete Ökoregionen, in denen der Import aus anderen ähnlichen Regionen nur eine ergänzende Funktion hat, nicht aber die Grundversorgung sichert, werden zu einer Schrumpfung des Welthandels führen,sie werden die Resourcenverschwendung, den Transport, den Verpackungsmüll, den Einsatz von Chemie in Landwirtschaft und Industrie drastisch reduzieren. Monokulturen aller Art werden sich nicht mehr lohnen, genau so wenig wie eine blosse Exportorientierung einer Wirtschaft. Deutschland z.B. wird aufhören müssen, sich bloss als "Industriestandort" zu verstehen. Was vom Welthandel dann noch übrig bleibt, muss nach den Prinzipien des fairen Handels organisiert sein; das bedeutet, dass es sogenannte Billiglohnländer nicht mehr geben wird.

(137) II.2 Wege zu einer alternativen Weltwirtschaftsordnung


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