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Funktion und Umbau der Universitäten oder alter Wein in neuen Schläuchen

Maintainer: Michael Doerffel, Version 1, 22.03.2002
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

Intro

(1) Bundesweit werden, wenn auch mit regionalen Unterschieden, die Hochschulen nach "neoliberalen" Kriterien umgebaut und die StudentInnen mit einer "Phraseologie des Grauens" (z.B. "Ergebnissteuerung", "Drittmittelfinanzierung", "konsekutive Studiengänge", "marktadäquate Weiterbildungsangebote" etc., etc.) traktiert. Im Zuge dieser Entwicklung und der drohenden Privatisierung von (finanziell lukrativen) Teilen des Bildungssystems durch das GATS (General Agreement on Trade in Services = Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) regen sich langsam selbst in der BRD Anfänge des studentischen Protests. Diese sollten als Chance begriffen werden. Vereinzelt und unorganisiert, wird es nicht möglich sein, mühsam erkämpfte studentische Freiräume zu verteidigen und eine weitere Verschärfung der Bedingungen (z.B. Zugangsbeschränkungen, Senkung des Zeitlimits, Erhöhung der Leistungsanforderungen) zu verhindern. Allerdings beschränken sich leider viele Protestierende darauf, ihre Forderungen nach mehr Geld, durch die Anbiederung an den "Standort" zu legitimieren, oder das (idealisierte) bisherige Bildungssystem zu verteidigen. Dabei wird vor allem der "Einflußverlust der demokratisch gewählten Parlamente und Regierungen" beklagt. Geflissentlich wird außer Acht gelassen, dass es ja gerade die Parlamente und Regierungen sind, die Verträge wie das GATS und die Umbaumaßnahmen vorantreiben. Außerdem stellen auch die jetzigen Unis keinen Ort der Emanzipation dar, sondern bereiten die Studierenden durch Leistungsdruck und Selektion auf den Arbeitsmarkt vor. Wir werden uns daher bemühen, in diesem Text kurz die Funktion der Unis im Kapitalismus aufzuzeigen, bevor einige Tendenzen und Auswirkungen der aktuellen Veränderungen dargestellt werden. Außerdem werden wir versuchen, Alternativen zum jetzigen Unibetrieb zu entwickeln. Es ist uns natürlich klar, dass alle im Text angesprochenen Punkte ausführlicher erörtert werden könnten und sich auch noch viele zusätzliche finden ließen (u.a.. die Reproduktion anderer Herrschaftsverhältnisse) - aber dafür gibt es schließlich den AK ... ;-)

(1.1) Re: Intro, 22.03.2002, 14:29, Wolf Göhring: GATS bietet auch tolle vorteile: Wenn eine bis dato oeffentliche dienstleistung durch einen privaten billiger angeboten wird, dann muss die oeffentliche hand die sache privatisieren. Nach dieser masche werden in australien internierungslager fuer fluechtlinge vom gleichen us-konzern bewacht, der auch amerikanische gefaengnisse betreibt. Oder die privatisierung der bundesdruckerei, die geld und personalweise druckt. Oder das leider geplatzte abkommen in argentinien, wonach ein von siemens gefuehrtes konsortium dort neue faelschungssichere personalausweise mit chip produzieren sollte, stueckpreis fuer den buerger etwa 30 US$. Der deal ist geplatzt, weil us-firmen das angeblich noch billiger koennen.# Mit unis kann man das genauso machen: Die forschunglabs der industrie werden outgesourcet (nichts ist dieser sache angemessener als dieses neudeutsch). Sie gruenden eine "universitaetsbetriebs gmbh & ko. kg auf aktien e.v." (oder welche geeignetere rechtsform sich noch finden lassen koennte) und bieten dem staat die produktion von diplom-naturwissenschaftlern und -ingenieuren zu einem garantierten stueckpreis an, der unter dem der staatlich betriebenen liegt. Schon ist die privatisierung faellig. Wer will da nicht einen lukrativen job in solch einer diplome produzierenden bude einnehmen?!

(1.1.1) GATS, Privatisierungen und Rolle des Staates, 23.03.2002, 09:09, Michael Doerffel: Ich gehe mal davon aus, dass das Ironie ist ;-) - auf zwei Sachen möchte ich aber noch eingehen:

1) Ich will nun mal keine Internierungslager, Chipkarten und Unis als elitäre (Aus)bildungsstätten - egal ob sie vom Staat, privat oder gemischt betrieben und finanziert werden.
Der Hauptunterschiede ist m.E., dass derlei Zeux, wenn es sich in der Hand bürgerlich-demokratischer Staaten befindet, noch in gewisser Weise von Idealismen und der "Volksmeinung" beeinflusst wird (was auch nicht immer weniger schlecht sein muss), während es in privatwirtschaftlicher Hand eben glasklar nach Wirtschaftlichkeit betrieben wird.

2) Interessant fände ich es v.a. folgendes zu klären: Bisher wurde ja oft gesagt, dass der Kapitalismus zu seiner Erhaltung einen "non-profit-sector" benötigt, sprich: der Staat als "idealer Gesamtkapitalist" stellt Infrastruktur, Gefängnisse, (Aus)bildungssystem etc. bereit. Wie geht das aber mit dem Trend zur Privatisierung ("Erschließung neuer Märkte"[?]) zusammen?
Okay, momentan finanziert der Staat dies hauptsächlich noch und lässt es nur durch private Firmen ausführen, aber bei der momentanen Finanzlage wird auch dies vielleicht bald obsolet sein. Kann mir da jemand weiterhelfen?

(1.1.1.1) Re: GATS, Privatisierungen und Rolle des Staates, 07.05.2003, 23:23, christoph niklaus kuropka: weiterhelfen kann man da nicht. unser "gesellschaftssystem" steuert auf den näxten zusammenbruch zu, genau aus den gründen, die du und alle anderen (die darüber nachdenken!) nicht verstehen. privatisierung ist nur ein letzter versuch, das gefüge, so wie es jetzt ist, noch eine zeit lang zu erhalten... die politik hat offensichtlich keine idee, wie es weitergehen soll und tut jetzt so, als wäre es eine lösung immer mehr teile des systems in privatwirtschaftliche hände zu geben, also sich nicht mehr direkt um sie zu kümmern, weil man ja nicht weiß wie man es anstellen soll. das ist feige verlogen und kurzsichtig, aber wem sage ich das... der kapitalismus ist nur die letzte ausprägung einer lebensweise, die wir seid der steinzeit nicht geändert haben. wir sind aber dazu in der lage sie zu ändern... ich schreibe am moment an einem text, in dem das einem breiten publikum verständlich gemacht werden soll. ich habe meine ideen soweit fertig, aber die struktur des ganzen macht mir noch etwas zu schaffen. wenn du lust hast mir dabei zuhelfen, wäre das... sicher eine hilfe. cnk uoaei@web.de

(1.2) Re: Intro, 08.05.2003, 00:07, christoph niklaus kuropka: es soll gespart werden am bildungssystem, einem system, das sowieso schon nicht das ist, was es eigentlich sein sollte, nämlich der beste weg uns menschen (egal welchem) so viel wissen zu vermitteln, wie er möchte und möglich ist. für einen solchen zweck sind schon die vorhandenen mittel zu wenig. welches system wir uns auch immer schaffen, es sollte doch vor allem eines sein, nämlich das beste für uns (die menschen) selber. jeder der hierbei mit wirtschfatlichen gründen argumentiert, hat noch nicht alles verstanden, denn das geld, was an welcher stelle auch immer fehlt, drucken wir doch selber! geld ist nur ein symbol für unsere gemeinschaftlichen anstrengungen und diese anstrengungen reichen wohl noch nicht aus oder gehen einfach in die falsche richtung, wenn an allen wichtigen stellen, wie etwa dem bildungs"sektor", nicht genug davon vorhanden ist. was du sagst ist alles gold richtig, aber ohne größere veränderungen in unserer lebensweise, im gesellschaftlichen system genauso, wie im denken und handeln so gut wie jedes einzelnen mesnchen, wird sich auch an den verhältnissen an den universitäten nichts ändern können. wir müssen auch bedenken, das wir heute noch als mitglieder und teile des "obersten teils" der menschheit leben und argumentieren. was wir bisher schon an (keineswegs ausreichender) menschlichkeit und vernunft genießen, verdanken wir unter anderem auch dem simplen umstand, das wir als bewohner einer "westlichen" industrie- informations- und dienstleistungsgesellschaft, die herren der welt sind. dieser luxus und überfluß hat außer bisher nicht dagewesenem reichtum, dekadenz, macht und verlogenheit, auch eine ruhe und vernunft hervorgebracht, die es uns erst möglich macht, uns etwas besseres als ein hierarchisches system vorzustellen. diese weltweite vormachtstellung ist schon lange dabei zu zerfallen und auch die momentanen "einsparungen" sind nichts mehr als ein letzter versuch den ganzen haufen in einem engeren korsett noch ein wenig länger aufrecht zu erhalten. der rest der welt wird sich nicht noch einmal kolonialisieren lassen. von diesem sinkenden schiff zu verlangen, das es mit bauarbeiten an den bildungs- und sozial"maschinen", beginnen soll, ist meiner meinung nach vergebene liebesmüh. wir brauchen ein neues. der "beste weg", den wir als bildungssystem brauchen, ist ein system das gar keines mehr ist: mit jedem von uns als lehrer und jedem auch als schüler. jede einteilung sorgt doch nur dafür das jedem einzelnen in seinem "eingeteilten" bereich alle nicht zu diesem bereich gehörenden handlungsmöglichkeiten genommen werden und er sich in fachidiotie um sich selber dreht und dreht und dreht...

Funktion der Unis im Kapitalismus

(2) Das Bildungssystem ist ein integraler Bestandteil der herrschenden Verhältnisse. Das Bildungssystem zu kritisieren, muss auch heißen, gesellschaftliche Verhältnisse in Gänze zu kritisieren! Die Universität ist - trotz oder gerade wegen der "Freiheit von Forschung und Lehre" - eine Institution, die Menschen in der Lehre mittels Konkurrenz und Leistungsdruck für den Arbeitsmarkt normiert. Gleichzeitig wird in der Forschung der Verwertung des Wissens (Patentrecht) Priorität gegenüber ihrer Hauptstütze, dem kommunikative Informationsaustausch, eingeräumt. Diejenigen, die die Selektion in der Schule am besten überstanden haben, werden hier weiter zur Elite geformt. Die Anerkennung der Pflicht, im gesellschaftlichen System zu funktionieren, wird an den Schulen mittels Zwang verinnerlicht. Dieser Prozeß setzt sich an den Universitäten auf (scheinbar) freiwilliger Basis fort. Zwang erfolgt dort durch den drohenden Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt und den zeitlichen Rahmen, der vorgegeben wird, diese Konkurrenz so früh wie möglich zu "genießen". Wie diese Zeit- und Zielvorgaben umgesetzt werden, bleibt im Ermessen der Studierenden, die jedoch ständig daran erinnert werden, Leistung auch zu bringen und freie Zeit nicht selbstbestimmt zu nutzen. Dabei "helfen" u.a. Studien- und Prüfungsordnungen, Zwangsexmatrikulationen, drohende BAföG-Streichungen und in naher Zukunft wohl auch bundesweit Studiengebühren, zumindest für die als "faul" diskriminierten Langzeitstudierenden.

(3) Der Aufwand für permanenten Zwang wäre schließlich auch zu groß. Das gesellschaftliche System und zuvorderst der Arbeitsmarkt braucht Menschen, die freiwillig funktionieren. Wie wenig ein universitäres Studium mit freier und selbstbestimmter Bildung zu tun hat, zeigt sich auch daran, dass die StudentInnen, als mit Abstand größte Gruppe der Universität, keine nennenswerten Mitbestimmungsrechte haben. Der gewährte Freiraum endet dort, wo die Grundlagen der Institution Universität und ihrer Funktion getroffen würden. Die künstliche Trennung in "Lehrende" und "Lernende", die Lehrinhalte, die Art ihrer Vermittlung etc. sollen als gegeben und notwendig anerkannt werden. Mit der Schaffung der Akzeptanz von Autorität und vorgeblichen "Notwendigkeiten", wird die Universität ihrer Rolle als Bindeglied zwischen Schule und Arbeitswelt gerecht. Dafür winkt braven Studierenden, die ihre Leistungs- und Anpassungswilligkeit beweisen, die Zugehörigkeit zur Elite; sie können es in dieser Gesellschaft zu etwas bringen. Diese (Aus)Bildung dient also nicht der Selbstentfaltung, sondern orientiert sich an wirtschaftlichen Interessen. Durch konstruierte Lehrpläne, ohne Bezug zu individuellen Interessen von Menschen, durch Lehrinhalte, die in einem festgelegten Zeitrahmen absolviert werden müssen, wird weder die selbstbestimmte Entwicklung und Entfaltung des Individuums noch Kreativität und Kritikfähigkeit gefördert.

(3.1) 07.05.2003, 23:32, christoph niklaus kuropka: ...das ist das problem. der grund für dieses problem ist, das die meisten menschen es nicht in seinem ganzen umfang erkennt. die gesellschaft, in der wir alle feststecken und eingeklemmt werden, ist ein plan, der nur ausgeführt wird, weil ihn die meisten von uns in sich tragen, weil wir keinen anderen weg sehen und weil noch viel zu viele den feind irgendwo sehen, aber nicht dort wo er ist, nämlich in unserem system. kein mensch ist schlecht von grund auf, wir sind nur insgesamt schlecht geordnet... wie schon gesagt schreibe ich im moment an einem laängeren text, der diesen umstand ausreichend zu erklären versucht, auch für solche, die noch nicht von alleine darauf gekommen sind, denn sie sind es, die wir erreichen müssen. ich kann jede ernstgemeinte hilfe dabei brauchen... cnk uoaei@web.de

Aspekte des "neoliberalen" Hochschulumbaus

(4) Auch wenn die Funktion der Universitäten im großen und ganzen gleich geblieben ist, so geht der Wandel in den kapitalistischen Staaten nicht spurlos an den Hochschulen vorüber. Wie angekündigt, hier nun einige... Aspekte des "neoliberalen" Hochschulumbaus

Privatisierung des öffentlichen Raums Universität

(5) Einhergehend mit der Ideologie des freien Marktes, der angeblich die effektivsten Lösungen produziert und Chancengleichheit für alle bietet, wird selbst der theoretische Anspruch der Universität als öffentlicher Raum nach und nach aufgegeben. Zu nennen ist hierbei vor allem das auch von der EU ratifizierte GATS, welches vorsieht, dass früher oder später privaten Unternehmen Zugang zu allen nicht rein staatsmonopolistisch geführten Dienstleistungssektoren gewährt werden muss. Eine der Auswirkungen dieses "neoliberalen" Trends sind Pläne zur Umsetzung von "Hochschulautonomie" und "Globalhaushalten", welche den Unis die Umwandlung in private Rechtsformen ermöglicht. Weitere sind die verstärkte Einwerbung von Drittmitteln, privatwirtschaftliche Betätigung, eigene Auswahl von Studierenden und Studienschwerpunktsetzung. Durch die chronische Unterfinanzierung wird ihnen dann auch nichts anderes übrig bleiben. In Zusammenhang damit ist auch die Ausbreitung von (kommerzieller) Werbung an den Unis zu sehen, die zudem ein Klima des Konsumterrors schafft, welche die StudentInnen immer auch an ihre Rolle als KonsumentInnen (und die dafür "notwendigerweise" zu erbringende Leistung) erinnert.

Studiengebühren und (Aus)bildung als Ware

(6) Schrittweise werden in verschiedenen Varianten (neuerdings Studienkonten und Bildungsgutscheine) Studiengebühren eingeführt. Zur besseren Legitimation trifft es zuerst die als "faul" diskriminierten Langzeitstudierenden, aber prinzipiell ermöglicht die sechste Novelle des HRG (Hochschulrahmengesetzes) den Bundesländern, Gebühren schon ab dem ersten Semester zu erheben. Studiengebühren bedeuten nicht nur eine Verschärfung der (sozialen) Selektion und des Leistungsdrucks und damit auch eine weitere Einschränkung des individuellen Gestaltungsspielraums, sondern auch die Transformation der (Aus)bildung in eine Ware. Für ihre bessere Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt, sollen die StudentInnen zahlen – oder anders ausgedrückt: in ihr persönliches Humankapital investieren. Dazu passt auch die Forderung zur Verkürzung der Studienzeiten und der Trend zur Schaffung kostenpflichtiger Weiterbildungsangebote. In möglichst kurzer Zeit soll sich das nötige Wissen für den Arbeitsmarkt angeeignet und später immer wieder auf eigene Kosten aktualisiert werden.

Verschärfung von Ausgrenzung, Selektion und Repression

(7) Die mit dem "Neoliberalismus" einhergehende Verschärfung des Konkurrenzkampfes spiegelt sich auch an den Unis wieder. Ein Beispiel dafür ist die Einführung konsekutiver und modularisierter Studiengänge (Bachelor/ Master), die unter dem Vorwand der "internationalen Vergleichbarkeit von Studienabschlüssen" eine Verschulung des Studiums (Bachelor) forciert - eine "wissenschaftliche Ausbildung" steht dann nur noch denen zu, die genügend Leistung für einen Master-Abschluss bringen. Zu der zunehmende Verregulierung passt aber auch die Umwandlung von Studienausweisen in Chipkarten. Diese eröffnen neue Möglichkeiten, Seminarbesuche zu kontrollieren und den Zugang zu universitären Bereichen zu beschränken. Waren die Bildungsmöglichkeiten schon immer durch unterschiedliche Finanzlage und Schulabschluß eingeschränkt, so stehen inzwischen auch die Mittel zur Verfügung "störende Elemente" (Obdachlose und andere Marginalisierte) vom Universitätsgelände fernzuhalten. Dazu sind Videoüberwachung und Einsatz von Sicherheitsdiensten nützliche Instrumente und haben dementsprechend Hochkonjunktur. Die Unis sollen ja schließlich "sauber und sicher" sein. Elitebildung und Ausgrenzung sind zwei Seiten der gleichen Medaille.

(7.1) Re: Verschärfung von Ausgrenzung, Selektion und Repression, 24.04.2002, 17:20, Schmendrik Zauberer: Hier würde ich dir erstmal recht geben wollen. Ein weiterer Aspekt der Ausgrenzung von Unis wären vielleicht noch die Uni-Cards, die zwar standortabhängig recht unterschiedlich funzen, aber doch häufig einen solchen effekt haben (können). ansonsten denke ich mal, das durch die mehrung des leistungsdruckes auch die soziale selektion ausgeprägter werden wird. denn schließlich bringen unterschiedliche soziale gruppen nicht nur unterschiedliche startbedingungen mit in die uni oder die schule, sondern oft auch unterschiedliche herangehensweisen an lernen und leistung.

(7.1.1) Uni-Cards, 25.04.2002, 15:57, Michael Doerffel: Mit den Uni-Cards stimme ich dir zu. Wir haben diesen Punkt aber bewusst herausgelassen, da wir ein Zeichenlimit hatten (das wir auch so schon leicht überschritten haben) und er einer ausführlicheren Erörterung bedurft hätte. Auf den ersten Blick sind Uni-Cards ja extrem praktisch, da sie die tausenderlei verschiedenen Systeme von Ausweisen, Zahlungsmöglichkeiten für Mensa, Kopierer etc. beseitigen. Es hätte also aufgezeigt werden müssen, dass und wie die Uni-Cards zur Überwachung (z.B.potentiell für Anwesenheitskontrollen und Leistungsabrechnungen) und zur (Verschärfung der) Ausgrenzung dienen. Falls wir mal eine ausführliche Version des Textes schreiben sollten, wird das sicher nachgeholt.

(7.1.2) Re: Verschärfung von Ausgrenzung, Selektion und Repression, 25.04.2002, 16:00, Michael Doerffel: Der Rest ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar. Ich denke, wer die HS-Reife (meist in Form des Abiturs) abgelegt hat, kommt soweit mit "unserem" Bildungssystem und mit Selektion klar, dass er/sie/es ähnliche Herangehensweisen haben wird wie andere auch. Die soziale Selektion verschärft sich m.E. eher über Angewiesensein auf Bafög (=> Zwang zur Einhaltung der Regelstudienzeit) und/oder dem Zwang, seine/ihre Arbeitskraft zur Finanzierung des Studiums verkaufen zu müssen, was halt weniger Zeit für Studium (und sonstige Aktivitäten ;-) ) mit sich bringt. Wenn dann auch noch Studiengebühren für "Langzeitstudierende" eingeführt werden ... :-(

Alternativen ...?

(8) Alternativen ...? Eine Uni unserer Vorstellung müsste ein Ort sein, an dem Menschen (unabhängig von Alter, Vorkenntnissen und sonstigen Ausgrenzungsmechanismen) zusammenkommen können, um sich gemeinsam und gleichberechtigt nach ihren eigenen Interessen zu bilden, ohne einem Verwertungszwang zu unterliegen. Dies ist zwar unter den strukturellen Sachzwängen des Kapitalismus bestenfalls ansatzweise zu verwirklichen, aber wir wollen auch nicht auf einen Zustand "nach der Revolution" warten. Ein Anfang könnte z.B. die Organisation alternativer Seminare sein. Diese stellen nicht nur ein "Experimentierfeld" für Selbstorganisation dar, sondern bieten auch die Chance, sich bereits im hier und jetzt möglichst gleichberechtigt mit selbstgewählten Themen zu befassen. Die Alternativen sollten Ausgangspunkt sein, die eigenen Spielräume zu erweitern, gleichzeitig müssen wir aufpassen, nicht nur als Innovationspotential in die Annalen des Kapitalismus einzugehen. verfasst von sy.bi.le. (syndikat bildung leipzig) Kontakt: faul@fau.org Sammlung bildungskritischer Texte unter: www.bildungskritik.de Infos zu der Idee eines alternativen Seminarverzeichnises in Leipzig unter: www.ag-seminare.forumfreiheit.de/

(8.1) Re: Alternativen ...?, 14.04.2002, 12:46, Michael Doerffel: bei den Ausgrenzungsmechanismen hätten wir wohl auch noch die finanziellen Möglichkeiten explizit erwähnen sollen - diese werden gerade in letzter Zeit noch wichtiger als vorher ... :-(

(8.1.1) Re: Alternativen ...?, 03.10.2003, 21:33, Werner Reimann: Ich denke die Uni sollte ein Ort sein, an dem der Unterschied zwischen Lernenden und Lehrenden aufgehoben wird. Es wäre wünschenwert zu wissen, wer Erfahrung mit einem Thema hat. Die Erkenntnisse aus verschiedenen Fachzweigen müssten auch auf den Unibetrieb angewendet werden. Wenn aus der Didaktik bekannt ist, daß eine Gruppe über 12 Personen nicht mehr wirklich lernfähig ist, sollte das Konsequenzen haben. Dabei käme man nicht umhin, Lernerfolge bei einzelnen die einen Sachverhalt schneller auffassen als andere, so einzubinden, daß sie andere unterrichten. Das würde die Anzahl der Lehrer, die ja immer Fehlen schneeballartig erhöhen. Die jetztige Konkurrenzsituation unter den Lernenden ist da wohl eher hinderlich. Diejenigen die Lehren müßten feststellen können, daß sie durchs Lehren den Stoff den sie lehren, vertiefen und Lernerfolge überprüfen können. Die Intensität des Lernen nimmt zu. Wenn man beim Lehren feststellt, daß man den Stoff eigentlich noch nicht durchdrungen hat, kann aus der Gruppe, die man lehrt verständnishilfe erbeten werden. Falls die nicht in der Gruppe vorhanden ist, kann diese Hilfe auch aus externen Gruppen erbeten werden. In dieser Situation muß die Rolle vom Lehrenden zum Lernenden oft überwunden werden. Eine Hierarchisierung von Wissenden und Unwissenden kann bei einem solchen Vorgang nur stören. Ich halte jedoch für die Aufarbeitung von unbekanntem Stoff, wie in der Forschung eine sich selbst bezweifelde Grundhaltung für notwendig. Ohne diese Haltung gibt es keine Wissenschaft sondern nur Lehrdogmen. Gerade wenn interdisziplinärer Stoff aufgearbeitet wird, sollte es keine homogene Autoritätsstruktur geben. Nur wenn die Gelernte ware auf einem Markt fiktive nicht vorhandene Werte schaffen anstatt Probleme lösen soll, ist eine Vereinheitlichung doch sinnvoll. Aber können "Bildungsprobleme" die man Algorithmisieren und ablaufen lassen kann, nicht einem Programmierer übergeben und von einem Computer abgearbeitet werden, statt sie über Lehrpläne an Menschen auszuhändigen?

(8.2) Alternativen:, 25.03.2004, 16:11, s w: Rehabilitiert das Gespräch: Im kleinen Rahmen mit Freunden, statt nur zu plaudern, im großen Rahmen in sokratischen Gesprächen, Zukunftswerkstätten, OpenTheory... ein offenes Gespräch ist seiner Qualität nach schon mehr als nur eine Kritik: Es ist ein Keim, der über sich hinausweist, denn seiner Form nach selbst schon freiheitliche Praxis.

(8.3) Neue Internetaddi, 11.12.2004, 22:12, Michael Doerffel: Achtung! Die neue Adresse der SoS ist http://www.ag-seminare.bildungskritik.de - die alte Adresse führt mittlerweile zu einer Pornoseite :-(.


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