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Klimaschutz von unten

Maintainer: Jörg Bergstedt, Version 1, 17.06.2001
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

Kyoto-Protokoll wegschmelzen - Klimakonferenz verhindern

(1) Seit der 1.Weltklimakonferenz 1979 versuchen sich die Regierungen auf ein Programm zur CO2-Reduktion zu einigen. Dies ist bisher regelmäßig fehlgeschlagen, so in Rio de Janeiro 1992, in Kyoto 1997 und zuletzt in Den Haag 2000. Da in Den Haag die Umsetzungsrichtlinien des Kyoto-Protokolles gescheitert sind, sollen nun vor dem nächsten Klimagipfel 2002 in Marakesh auf einem Zwischengipfel in Bonn diese genauer bestimmt werden. Das Protokoll ist eindeutig auf die Interessen der Wirtschaft ausgerichtet, und trägt keineswegs zum Klimaschutz bei. Aus folgenden Gründen ist das Kyoto-Protokoll zu verhindern:

1. Kyoto erlaubt eine Steigerung der CO2-Emissionen

(2) Laut IPCC, dem wissenschaftlichen UN-Gremium "Intergovernmental Panel for Climate Change", ist eine sofortige Reduktion des weltweiten CO2-Ausstoßes um 60% notwendig, um das globale Klima zu stabilisieren. Nach dem aktuell verhandelten "Kyoto-Protokoll" würden sich die Industrieländer aber nur zu einer Reduktion von 5,2% je nach Land bis 2008 oder 2012 verpflichten, obwohl sie als Hauptverursacher der Emissionen 80% laut IPCC einsparen müßten. Dank fragwürdiger Methoden und etlichen Schlupflöchern in den Umsetzungsrichtlinien läßt das Kyoto-Protokoll sogar eine deutlich Erhöhung der CO2-Emissionen zu: Der Bau und Betrieb von Atomkraftwerken sowie Aufforstungen sollen als CO2-reduzierende Maßnahmen anerkannt werden. Zudem dürften Erlaubnisscheine für eine CO2-Produktion an den Börsen gehandelt werden. Eine Wende zum Energiesparen und eine Förderung regenerativer Energieträger würde damit nicht erfolgen.

2. Kyoto dehnt marktwirtschaftliche Verwertungslogiken aus

(3) Im Kyoto-Protokoll geht es um verschiedene treibhauswirksame Gase, allen voran das CO2. Gemessen wird alles in CO2-Äquivalenten. Damit werden die Voraussetzungen für eine Vermarktung der Luft geschaffen, das bedeutet Profit statt den Klimaschutz zu fördern. Luft wird nicht mehr länger allen gehören, sondern das Recht, sie zu belasten, wird kauf- und verkaufbar - und damit z.B. akkumulierbar, d.h. das Recht auf Luftbelastung wird Stück für Stück in die Hand weniger übergehen, eben der zahlungskräftigsten und durchsetzungsstärksten Konzerne. Kyoto bedeutet daher eine Ausdehnung der Vermarktungslogik - und ist somit eine klassische Form des Neoliberalismus.

3. Die Debatte um Kyoto verhindert eine wirkungsvolle Klimaschutzdebatte

(4) Die Klimadebatte der Vereinten Nationen verschlingt gigantisches Potential - zeitlich, materiell sowie finanziell und zerstört die Hoffnungen von vielen Menschen, denen der Klimaschutz wichtig ist. Das geht soweit, dass inzwischen sogar die meisten Umweltverbände (zumindest in Deutschland) auf Kyoto und immer mehr auch auf die verantwortlichen PolitikerInnen in der Bundesregierung und EU setzen - eine absurde Situation angesichts dessen, wer eigentlich weltweit die Scharfmacher in Sachen neoliberaler Verschärfung, Erhöhung sozialer Ungerechtigkeiten usw. sind.

4. Kyoto schafft eine rechtliche Absicherung für den Ausstoß von Treibhausgasen

(5) Mit dem Kyoto-Protokoll wird eine Vermarktungslogik von Luftverschmutzungsrechten eingeführt. Es ist zu erwarten, daß auch für sog. Entwicklungsländer in weiteren Phasen des Kyoto-Prozesses Obergrenzen definiert werden. Dann wird vollendet, was jetzt beginnt: Stück für Stück werden sich die Reichen die Emissionsrechte sichern - und damit nicht nur das Recht, Umwelt weiter zu zerstören, sondern auch die Chance, sich weiter zu industrialisieren. Die globale Ungerechtigkeit könnte steigen. Die Industrienationen legalisieren ihre Umweltzerstörung mit Hilfe von neuen Gesetzen - Kyoto ist die rechtliche Absicherung des Weiterbetriebs der Verschmutzungsanlagen. Eine Parallele zum "Atomkonsens" ist unübersehbar.

Kyoto verhindern!

(6) Daraus folgt: Kyoto verhindern. Endlich wieder Umweltschutz einfordern und verwirklichen! Staaten und Konzerne sind Verursacher von Umweltzerstörung und sozialen Ausbeutungsverhältnissen. Die Vereinten Nationen sind bedauerlicherweise zur Zeit von neoliberalen Staaten dominiert, die mit ökonomischen und militärischen Mitteln ihre Interessen durchsetzen. Wir halten es für unwahrscheinlich, dass eine Kooperation mit diesen Partnern zum Ziel führt.

Wir fordern als kurzfristige und langfristige Ziele:

(7) Wenn überhaupt in CO2-Äquivalenten gedacht werden soll, dann muß das "Recht auf Verschmutzung" den Menschen selbst übergeben werden, die diese verleihen oder in kooperative Strukturen (z.B. Energiegewinnung, Produktion) einbringen, nicht aber verkaufen können. Damit liegt die Gestaltungsmacht und die Entscheidungsfrage über den Klimaschutz bei den Menschen. Sie sind diejenigen, die unmittelbar ein Interesse an einer lebenswerten Umwelt haben - nicht die Regierungen und Unternehmen, die nach dem Kyoto-Protokoll Inhaber der Verschmutzungsrechte sein sollen. Die Festlegung von CO2-Äquivalenten kann nur für eine begrenzte Zeit als Notmaßnahme gelten, weil sie immer mit Kontrolle und Festlegung von Bewertungsmaßstäben verbunden sind, die über Machtstrukturen durchgesetzt werden müssen. Langfristig fordern wir daher gesellschaftliche Strukturen ein, in denen die Menschen gleichberechtigt und unmittelbar ihre Umwelt selbst gestalten können.

(8) Wir rufen alle Menschen auf, die Weltklimakonferenz in Bonn zu verhindern und mit lokalen Aktionen die Proteste zu unterstützen. Diese Resolution wurde vom 30. BundesÖkologieTreffen in Augsburg verabschiedet.

Bitte diesen Aufruf ... verbreiten, unterzeichnen und was immer geht!

(9) Bisherige UnterzeichnerInnen: - Bundes-Ökologie-Treffen - Contraste-Redaktion "Umweltschutz von unten" - Ö-Punkte-Redaktion "Wirtschaft" Jugend-Umwelt-Projektwerkstatt Bad Oldesloe

Die Alternative: Klimaschutz von unten

(10) Perspektiven für einen wirksamen Schutz des Klima jenseits von Markt und Macht

Grundlagen

(11) Die Unterwerfung aller Teile der Welt unter die Verwertung und die Logik von Profitmaximierung sowie Unterdrückung und Herrschaft sind Hauptursachen für die Zerstörung der Umwelt. Eine wirksame Strategie der Umwelt kann daher nicht gelingen, wenn genau diese Mittel, die zur Zerstörung der Umwelt geführt haben, nun selbige schützen sollen. Herrschaft und Verwertung, Macht und Markt sind grundlegend und unüberwindbar immer auf die Ausbeutung von Mensch und Natur ausgelegt. Innerhalb ihrer Prinzipien ist ein wirksamer Schutz der Umwelt nicht möglich. Daher müssen sich Umweltschutzmaßnahmen der Logik von Verwertung und Herrschaft entziehen - langfristig ist ein Schutz der Umwelt nur möglich, wenn sie überwunden werden. Das System von Verwertung und Herrschaft hat keine Fehler, es ist der Fehler! Der Gegenentwurf lautet: Umweltschutz von unten! Grundlegende Überlegung ist, daß die Möglichkeit der Ausbeutung von Rohstoffen und der Verlagerung der Folgen in die Peripherien und entfernten Länder zu einem zerstörerischen Umgang mit der Umwelt geführt haben. Menschen, die frei entscheiden können, werden dagegen in der Regel nicht Maßnahmen ergreifen, die ihre eigene direkte Lebensqualität senken. Der Egoismus als Drang des Menschen zu einem subjektiv besseren Leben wird dann zum Antrieb, die Umwelt zu schützen, wenn der Mensch tatsächlich ... - erstens die Gestaltung und Nutzung der direkten Umwelt mitbestimmen kann - und zwar tatsächlich, d.h. direkt und nicht vermittelt über repräsentative Demokratieformen, Behörden, Institutionen u.ä., - zweitens keine Möglichkeit hat, per Machtausübung die Folgen des eigenen Handelns auf andere Menschen und andere Regionen abwälzen zu können - sondern alle Folgen selbst in der eigenen Umgebung direkt erlebt oder sich mit anderen frei vereinbaren muß, um deren Umwelt mitnutzen zu können. Die Vision ist die direkte Bestimmung der Menschen über ihre Umwelt - organisiert in der freien Vereinbarung der Menschen und ihrer Kooperativen. Der Weg dahin führt über eine konsequente Demokratisierung des Flächen- und Rohstoffverbrauchs. Die Menschen bekommen die Verfügungsgewalt über ihre Umwelt mit der Bedingung der Gleichberechtigung eines Entscheidungsprozesses. Die Innenhöfe gehören den Menschen, die dort wohnen. Und die Straßen. Die Schulhöfe den SchülerInnen, die dort lernen (müssen). Die Felder und Wälder, den Menschen, die von den Erträgen leben wollen.

Konkrete Vorschläge für ein Klimaschutz-Protokoll der Menschen, Institutionen, Organisationen und Nationen

(12) Die Umwelt den Menschen - nach dieser Logik gilt für den Schutz des Klimas, daß die Nutzung der Ressource Luft demokratisiert werden muß. Die Frage, welche Stoffe wo in die Luft kommen, muß Sache der Menschen direkt sein - individuell und in freien Kooperativen.

1. Luft-Nutzungsrecht in die Hand der Menschen

(13) - Das Recht, klimaverändernde Stoffe in die Luft abzugeben, wird den einzelnen Menschen übertragen. Jeder Mensch enthält ein Recht zur Nutzung der Luft, u.a. zum Ausstoß von treibhauswirksamen Gasen (gemessen in CO2-Äquivalenten). - Die Menge, die jeder Mensch erhält, errechnet sich aus einer Grundmenge plus der je nach Region nötigen Mengen zur Erzeugung von Heizwärme. - Jeder Mensch kann sein Recht auf Äquivalente in Kooperativen einbringen, d.h. in Zusammenschlüsse, die z.B. der Produktion dienen, bei denen er eine Mitbestimmung behält. - Darüberhinaus kann jeder Mensch sein Recht, gemessen in Äquivalenten, verleihen, allerdings nur auf begrenzte Zeit und mit jederzeitiger Kündigungsfrist. - Die Menschen haben das Recht, freie Kooperativen bei Mitbestimmungsrecht aller und jederzeitiger Kündigungsfrist für den Einzelnen zu bilden, um ihre Äquivalente kollektiv einzubringen. - Ein Verkaufsrecht für das Luftverschmutzungsrecht in Äquivalenten gibt es nicht. - Solange Nationen und Konzerne bestehen, erkennen sie an, daß ausschließlich die Menschen und ihre Kooperativen als Verhandlungspartner und InhaberInnen der CO2-Äquivalente in Frage kommen. Keine Institution oder Firma kann selbst Inhaber von Luftverschmutzungsrechten sein, sondern muß sich dieses Recht bei Bedarf bei den Menschen leihen oder mit diesen Kooperativen bilden. Alle obigen Regelungen gelten.

2. Weg mit allen Schranken umweltfreundlicher Technik!

(14) Schon seit einigen Jahren bestehen die technischen Möglichkeiten, in der Energieerzeugung vollständig regenerative (und damit CO2-neutrale!) Quellen zu nutzen sowie in vielen anderen Bereichen den Ausstoß von Treibhausgasen wesentlich zu minimieren. Dazu ist der schrankenlose Transfer der Technik nötig: - Keine Beschränkungen für Umwelttechnik und internationale Kooperation - Keine Patente, Urheberrechte und Lizenzen auf Umweltschutztechnik, Planungs- und technisches Wissen usw. Freigabe aller Patente usw. regenerativer Technik zum Nachbau immer und überall! - Aufbau solidarischer Projekte der regenerativen Energiegewinnung und Mobilität zwischen verschiedenen Regionen der Welt

3. Abwicklung des Nordens statt Entwicklung des Südens

(15) Treibhausgase werden vor allem in Industrienationen sowie durch Konzerne der Industrieländer ausgestossen. Daher ist eine Abwicklung dieses industriellen Sektors und der wirtschaftlichen Dominanz nötig. - Selbstverpflichtung insbesondere der Industrieländer, keinen weiteren Transfer von Energieträgern (weder fossil noch z.B. umgewandelte Solarenergie) in die eigenen Länder zuzulassen. Die Eigenversorgung mit regenerativer Energie ist sofort möglich!!! - Keine Förderung der Entwicklung von Transportmitteln, die energiezehrender sind als bisherige (ICE, Transrapid, Luft- und Raumfahrt). - Schließung aller Freihandelszonen (z.B. Maquilas) und Industriezonen in den ärmeren Ländern, die der Produktion für die reichen Länder dienen. Überlassung bestehender Industrie zum Aufbau kooperativer Lebens- und Produktionsformen. - Die unter 1. genannte Übertragung der Luft-Nutzungsrechte auf die Menschen entzieht dem industriellen und dem staatlichen Sektor seine Berechtigung zur Umweltzerstörung. Das muß konsequent durchgehalten werden. Es gibt kein Recht auf Profit!

(16) Es gibt kein Recht, das Leben anderer zwecks Anhäufung von Reichtum und Macht einzuschränken! Niemand außer den Menschen selbst hat ein unmittelbares und immerwährendes Interesse an einer Umwelt, in der ein gutes Leben möglich ist. Daher darf niemand anders als die Menschen das Recht auf die Nutzung der Umwelt haben!

Quellen:

(17) - Ö-Punkte, Heft 2/2001 (Sommer): Profit statt Klimaschutz? (mit etlichen Texten zum Thema) - Bergstedt, Jörg (1999): Agenda, Expo, Sponsoring - Strategien radikaler, emanzipatorischer Umweltschutzarbeit, IKO-Verlag Frankfurt

Internetseiten:

(18) - Aktionen zur Klimakonferenz: www.risingtide.de - Politische Texte und Aktionsideen gegen das Kyoto-Protokoll: www.projektwerkstatt.de, dort unter Aktuelles - Umweltschutz von unten: http://go.to/umwelt


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