Home   Was ist ot ?   Regeln   Mitglieder   Maintainer   Impressum   FAQ/Hilfe  

GNU/Linux ist nichts wert - und das ist gut so!

Maintainer: Stefan Meretz, Version 2, 15.09.2000
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

(1) Man versteht wie etwas ist, wenn man versteht wie es geworden ist. Daher beginne ich mit einem kurzen Rückblick in die (Vor-) Geschichte Freier Software. Im zweiten Kapitel befasse ich mich mit der Frage, wie Freie Software ökonomisch in unser Wirtschaftssystem, den Kapitalismus, einzuordnen ist. Hieraus gewinne ich Kriterien für die Beleuchtung der scheinbar konträren Positionen von E. S. Raymond und R. M. Stallman, die stellvertretend für prominente Strömungen Freier Software stehen. Ich schließe ab mit einer Betrachtung der individuellen Handlungsmöglichkeiten und der Rolle, die Freie Software dabei spielen kann.

1. Eine kurze Geschichte Freier Software

(2) Es gibt freie Software, weil es unfreie Software gibt. Unfreie Software ist »proprietäre Software«, also Software, die einem Eigentümer gehört [1]. Das wäre nicht weiter schlimm, würde die Tatsache des Privateigentums an Software nicht zum Ausschluß anderer führen. Der Eigentümer schließt andere von der Nutzung der Software aus, um ein knappes Gut zu erzeugen. Das geht bei Software relativ einfach durch Zurückhalten des Quellcodes des Programms. Nur knappe Güter besitzen Tauschwert und lassen sich zu Geld machen. Das ist das Funktionsprinzip des Kapitalismus [2]. Ich komme darauf zurück.

(2.1) Re: 1. Eine kurze Geschichte Freier Software, 05.09.2001, 12:50, Clamor ??: Software ist in jedem Falle ein knappes Gut, kann aber kostengünstig vervielfältigt werden. Neben finaziellen Barrieren, um die es bei freier Software gar nicht geht (man denke an die putzigen Linux für Entwicklungsländerprojekte, als würde dort jemand Lizenzgebühren bezahlen), gibt es ja noch technische und know-how bezogene Barrieren und diese sind bei "Freier Software" meistens höher. Als ich zum ersten Mal den GNU C Compiler installierte, fand ich mich überhaupt nicht zurecht und mit der mitgelieferten Dokumentation mit C einzusteigen ist unmöglich. Bis heute suche ich eine anwenderorientierte vernünftige Dokumentation.

(3) Unfreie wie freie Software gibt es noch nicht lange, gerade einmal ca. 20 Jahre. Die Entstehung unfreier wie freier Software versteht man, wenn man in Vorgeschichte schaut. Im Kalten Krieg, wir befinden uns in den 50er Jahren, wurde zwischen den USA und der Sowjetunion verbissen um die ökonomische Vorherrschaft gerungen. Vorherrschaft hatte damals eine militärische und eine symbolische Komponente, beide waren oft miteinander verwoben. So war es ein ungeheuerlicher Vorgang, als es der Sowjetunion 1957 gelang, den Sputnik in die Erdumlaufbahn zu schießen. Davon erholten sich die USA mental erst 1969, als sie es waren, die den ersten Menschen zum Mond brachten.

(4) Der Sputnik wurde als technologische Niederlage erlebt. Sofort begannen hektische Aktivitäten, um den vermeintlichen Rückstand aufzuholen. 1958 wurde die ARPA (Advanced Research Projects Agency) gegründet, die die Aufgabe hatte, die Forschungsaktivitäten zu koordinieren und zu finanzieren. In einem Klima der Offenheit und Innovationsfreude wurden in der Folgezeit zahlreiche seinerzeit revolutionäre Produkte geschaffen, von denen ich zwei herausheben möchte, weil sie für die Freie Software eine besondere Bedeutung bekommen sollten: das Internet und das Betriebssystem UNIX (beide 1969). In diese Phase der staatlich finanzierten und koordinierten Forschung fällt auch die Festschreibung zahlreicher Standards, die heute noch Bestand haben [3].

(4.1) In den 80ern erzählte man die Geschichte anders, 05.09.2001, 12:53, Clamor ??: ..da kam die Befreiung durch den PC oder den Homecomputer, der die Hardware demokratisierte. Tatsache ist, dass zu dieser Zeit Computer in Geheimlabors standen und damit unöffentlich waren.

(4.1.1) Re: In den 80ern erzählte man die Geschichte anders, 13.09.2001, 22:45, Ano Nym: Hast Du noch die Kampagne gegen Big Blue im Ohr? Oder die Schmähbücher über den alten Patriarchen Watson?

(4.2) Staatlich finanziert, 07.09.2001, 13:59, Ano Nym: wer konnte sich denn zu dieser Zeit einen Rechner leisten? Wer brauchte einen Grossrechner? Das Internet im heitigen Sinne ist ja erst in den 90ern "entstanden" und es hätte genauso gut ein anderes Netz, etwa das Fidonet sein können, das sich in dieser Form entwicklen würde.

(5) Zum staatlichen Interesse an starken Standards kam das geringe Interesse der Computerindustrie an der Software. Computerindustrie war Hardwareindustrie, Software war Beiwerk zum Hardwareabsatz. Das änderte sich erst Ende der Siebziger Jahre als Computer immer leistungsfähiger wurden und Software auch eigenständig vermarktbar zu werden begann. In dem Maße, in dem Software zur profitablen Ware wurde, zog sich der Staat aus den Innovationen zurück. Um die je eigene Software verwerten zu können, mußte der Quelltext [4] dem Konkurrenten und damit auch dem User verborgen bleiben. Software war nur als proprietäre Software profitabel. Mit offenen Quellen hätte sich zum Beispiel Microsoft nie als monopolartiger Moloch etablieren können. Staatsrückzug und Privatisierung von Software bedeuteten jedoch auch eine Aufweichung von Standards. So entstanden in der Folge sehr viele zu einander wenig oder gar inkompatible Unix-Versionen (AT&T, BSD, Sun, HP, DEC, IBM, Siemens etc.).

(5.1) ganz recht, 05.09.2001, 12:59, Clamor ??: Der Staat als Innovator, hmm, was wäre, wenn der Staat heute das Internet organisieren würde, siehe Signaturgesetz. Vor Microsoft gab es Hardwaremonopole, schaut mal, was über den Monopolisten IBM alles geschrieben wurde. Der PC war schon nicht mehr proprietär und das Argument "100% IBM kompatibel" verblasste im Laufe der 80er immer mehr. "Staatsrückzug und Privatisierung von Software bedeuteten jedoch auch eine Aufweichung von Standards." - nun,hier diktierten Standardkommisionen, vergleichbar DIN, die Standards und wir wissen, dass staatliche Standards auch immer den Charakter von Handelsbeschränkungen haben. Das sich Hersteller nicht mehr an Standards hielten, sondern selbst welche setzen, war auch Resultat der Langsamkeit der Entwicklung bei der Normierung.

(6) Die Konsequenzen für den universitären Forschungsrahmen waren verheerend. Wo früher freier Austausch von Ideen herrschte, wurden jetzt Forschende und Lehrende gezwungen, Kooperationen zu beschränken oder ganz zu unterlassen. Software als Ergebnis von Forschungsaktivitäten durfte nicht mehr dokumentiert werden, sobald es über proprietäre Software an Firmen oder Patente gekoppelt bzw. selbst für die Patentierung vorgesehen war. Richard Stallman beschreibt diese Situation so:

»1983 gab es auf einmal keine Möglichkeit mehr, ohne proprietäre Software einen sich auf dem aktuellen Stand der Technik befindenden Computer zu bekommen, ihn zum Laufen zu bringen und zu nutzen. Es gab zwar unterschiedliche Betriebssysteme, aber sie waren alle proprietär, was bedeutet, daß man eine Lizenz unterschreiben muß, keine Kopien mit anderen Nutzern austauschen darf und nicht erfahren kann, wie das System arbeitet. Das ist eine Gräben öffnende, schreckliche Situation, in der Individuen hilflos von einem ‘Meister’ abhängen, der alles kontrolliert, was mit der Software gemacht wird.« (Stallman 1999).

(6.1) Da war es, 07.09.2001, 14:00, Ano Nym: nicht mehr so kuschelig im Forschunglabor, schon klar.

1.1. Der erste Geniestreich

(7) Als Reaktion darauf gründete Stallman das GNU-Projekt [5]. Ziel des GNU-Projekts und der 1985 gegründeten Free Software Foundation (FSF) war die Entwicklung eines freien Betriebssystems. Hunderte Komponenten für ein freies Betriebssystem wurden entwickelt. Doch die wirklich geniale Leistung des GNU-Projekts bestand in der Schaffung einer besonderen Lizenz, der GNU General Public License (GPL) – auch »Copyleft« genannt. Die Lizenz beinhaltet auf folgende vier Prinzipien:

Diese Rechte werden gewährleistet, in dem die GNU GPL vorschreibt, daß

(7.1) Re: 1.1. Der erste Geniestreich, 08.09.2001, 00:37, Ano Nym: copyleft, den versteht man natürlich nur, wenn man das copyright kennt..

(8) Die besondere Stärke der GNU GPL besteht in dem Verbot, GPL-Programme in proprietäre Software zu überführen. Auf diese Weise kann sich niemand offene Quelltexte aneignen und modifiziert in binärer Form in eigenen Produkte verwenden. Damit kann Freie Software nicht reprivatisiert werden, die Freiheit bleibt gewährleistet. Die besondere Stärke der GPL, die Reprivatisierung zu unterdrücken, ist in der Augen der Privatisierer ihr größter Nachteil. In der Folge entstanden daher zahlreiche Lizenzen (vgl. Tab. 1), die die strikten Regelungen der GPL aufweichten, um auch Freie Software kommerzialisierbar zu machen. Ich komme darauf zurück.

(8.1) Ob das die Freimauerer waren?, 08.09.2001, 00:42, Ano Nym: Warum soll denn auch nicht jeder seine software unter die Lizenz stellen, die ihm passt? Da muss man keine Weltbverschwörung vermuten. Ich bestimme, was ich mit meiner Software erlaube, basta. Wenn ich GPL gut finde, nehme ich sie, sonst lass ich es halt bleiben.
In der Folge entstanden daher zahlreiche Lizenzen (vgl. Tab. 1), die die strikten Regelungen der GPL aufweichten, um auch Freie Software kommerzialisierbar zu machen.

Eher: Um ihre kommerzielle Software frei* zu machen. Das ist ja wie ein FKK-Jünger, der eine Bikiniträgerin verspottet.

(9)

Lizenz-Eigen-
schaften

Soft-
Ware-Art
Null-Preis Freie
Verteilung
Unbe-
grenzter
Gebrauch
Quellcode
vor-
handen
Quellcode
modifi-
zierbar
Alle Ab-
leitungen
müssen
frei sein
Keine Ver-
mischung
mit pro-
prietärer
Software
Kommerziell
(»Microsoft«)
             
Probe-Software,
Shareware
(X) X          
Freeware
(»Pegasus-Mail«)
X X X        
Lizenzfreie
Libraries
X X X X      
Freie Software
(BSD, NPL, ...)
X X X X X    
Freie Software
(LGPL)
X X X X X X  
Freie Software
(GPL)
X X X X X X X
Tab. 1: Vergleich der Lizenzarten

(9.1) Freeware, 05.09.2001, 13:05, Clamor ??: ..gibt und gab es auch mit Quellcode. Vollkommen totgeschwiegen wird der public domain -Bereich, der heute als Begriff freilich keine Rolle mehr* spielt.

(9.1.1) Re: Freeware, 08.09.2001, 17:06, Stefan Meretz: Freeware mit Quellcode - aber ohne Lizenz (also PD). Hast du Beispiele parat? Du hast Recht, PD ist hier nicht drin, weil es keine Rolle mehr spielt. Aber warum ist das so? Ist PD nicht völlig von Shareware aufgefressen worden? - Gibt es eigentlich eine Geschichte des PD (interessiert mich wirklich, hast du Links)?

1.2. Der zweite Geniestreich

(10) Das GNU-Projekt entwickelte ein nahezu komplettes Betriebssystem – bis auf einen kleinen, aber nicht unwichtigen Rest: den Kernel. Obwohl seit Beginn des GNU-Projekts geplant, gelang es nicht, einen GNU-Kernel zu entwickeln. Die mißliche Situation änderte sich 1991 schlagartig als Linus Torvalds die Version 0.01 eines freien Unix-Kernels vorstellte – fortan »Linux« genannt. Die Entwicklungsdynamik war rasant, der Erfolg war überwältigend – so überwältigend, daß heute oft vergessen und sprachlich verdrängt wird, welchen Anteil das GNU-Projekt am Zustandekommen des freien Betriebssystems hatte und hat.

(10.1) Re: 1.2. Der zweite Geniestreich, 05.09.2001, 13:03, Ano Nym: Das ist die Sicht, die Stallman gerne vertritt, um das Linuxprojekt zu monopolisieren, bis hin zur "GNU/Linux"-Behauptung, als habe es je dieses Produkt gegeben. Auch ohne Copyleft und die FSF gab es freie software mit offenen Quellen. Die Innovation liegt in der "Public" Lizenz, nicht in der freien Entwicklung.

(11) Warum gelang aber einem finnischen Student, was einem ausgewachsenen Projekt wie GNU nicht glückte? Die Antwort ist nicht so naheliegend und einfach: Es lag am unterschiedlichen Entwicklungsmodell. Stallman und die GNU-Leute hatten die klassische Vorstellung, daß ein komplexes Programm wie ein Kernel nur von einem kleinen eingeschworenen Team entwickelt werden könne, da sonst der Überblick und die Kontrolle verloren gehen würde. Das hat Torvalds intuitiv auf den Kopf gestellt. Ein Ausschnitt aus der inzwischen in die Geschichte eingegangenen Tanenbaum-Torvalds-Debatte [7] verdeutlicht das. Tanenbaum schreibt:

»Ich denke, daß die Koordination von 1000 Primadonnas, die überall auf der ganzen Erde leben, genauso einfach ist wie Katzen zu hüten ...
Wenn Linus die Kontrolle über die offizielle Version behalten will und eine Gruppe fleißiger Biber in verschiedene Richtungen strebt, tritt das gleiche Problem auf.
Wer sagt, daß eine Menge weit verstreuter Leute an einem komplizierten Stück Programmcode hacken können und dabei die totale Anarchie vermeiden, hat noch nie ein Softwareprojekt gemanagt.«
Torvalds antwortet:
»Nur damit niemand seine Vermutung für die volle Wahrheit nimmt, hier meine Stellungnahme zu 'Kontrolle behalten' in 2 Worten (drei?):
Habe ich nicht vor. [I won't]«

(11.1) In Worten, 02.10.2000, 10:19, Torsten Wöllert: "Habe ich nicht vor." sind wohl eher vier Worte.

(11.1.1) Re: In Worten, 05.09.2001, 13:07, Ano Nym: Vielleicht "Passiert nicht!"

(11.1.2) Re: In Worten, 27.01.2002, 01:24, Benja Fallenstein: Er hat's aber auf Englisch gesagt: "I won't"-- kannst du als zwei Worte zählen oder, weil Kurzform für "I will not," als drei.

(12) Torvalds veröffentlichte frühzeitig und in kurzen Zeitabständen neue Versionen. Es bildeten sich mehr und mehr freie Softwareprojekte, die ähnlich strukturiert waren und sind. Ältere Projekte strukturierten sich nach dem Vorbild von Linux um. Maintainer, einzelne Personen oder Gruppen, übernehmen die Verantwortung für die Koordination eines Projektes. Projektmitglieder steigen ein und wieder aus, entwickeln und debuggen Code und diskutieren die Entwicklungsrichtung. Es gibt keine Vorgaben wie etwas zu laufen hat, und folglich gibt es auch verschiedene Regeln und Vorgehensweisen in den freien Softwareprojekten. Dennoch finden alle selbstorganisiert ihre Form, die Form, die ihren selbst gesetzten Zielen angemessen ist. Das einfache Prinzip, das reguliert ist: Was funktioniert, das funktioniert! Ausgangspunkt sind die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen – das ist bedeutsam, wenn man freie und kommerzielle Softwareprojekte vergleicht.

(12.1) Der Bazartext hat zugeschlagen, 07.09.2001, 14:03, Ano Nym: aber vagiss nicht, jedes Projekt wird anders gemanagt. Newsgroups spielen mittlerweile z.B. kaum noch eine rolle, dafür Webseiten wie KDE.org oder tools wie Bugzilla

1.3. Zusammenfassung zwischendurch

(13) Überraschender weise besteht die historische Leistung von Richard Stallman und Linus Torvalds nicht in Softwarebausteinen, die sie entwickelt haben. Das haben sie auch getan, doch die eigentliche historisch-geniale Tat haben beide sozusagen »nebenbei« vollbracht. Stallman schuf die GNU GPL, die Lizenz, ohne die Freie Software undenkbar wäre. Es ist die Lizenz von Torvalds' Linux [8] und es ist die Lizenz, die dem Kapitalismus schwer im Magen liegt wie wir gleich sehen werden.

(14) Torvalds hat intuitiv mit der alten hierarchischen Entwicklungsweise kommerzieller Software gebrochen. Ihm war die geldgetriebene Haltung des »ich muß die Kontrolle behalten« einfach zu blöd. Als pragmatischer Chaot hat er die Energien freigesetzt, von denen Freie Software lebt: die Selbstentfaltung des Einzelnen und die Selbstorganisation der Projekte.

(14.1) Pragmatischer Chaot??, 22.12.2001, 23:04, Herman G.: Warum an dieser Stelle nicht einfach sagen, dass die Praxis anarcho-syndikalistisch ist, egal, ob die Praktiker davon jemals gehört haben. Vergiss an dieser Stelle nicht, dass das Internet auf eben die Gleiche Weise wuchert. Man kann die Erfindung der Newsgroups sozusagen als technische Vorraussetzung dieser Arbeitsweise begreifen, vorsicht, riecht nach Technikfetisch, stimmt aber. Wie war das mit der Frauenemazipation und der Erfindung der Waschmaschine?? :-)

(14.1.1) Re: Pragmatischer Chaot??, 30.05.2002, 13:23, Benni Bärmann: Anarchistisch ist die Praxis nicht, weil sie sehr wohl Hierarchien kennt und Synikalistisch ist sie schon garnicht. Wo bitte gibt es eine Freie-Software-Gewerkschaft?

2. Kapitalismus und Freie Software

(15) Es gibt eine bekannte Comic-Vorstellung vom Kapitalismus. Oben gibt es die mit den schwarzen Zylindern, die über das Kapital und die Mittel zur Produktion verfügen. Unten gibt es die mit den blauen Overalls, die unter der Knute der Schwarzzylindrigen schwitzen, weil sie keine Produktionsmittel haben und deswegen ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Je nach persönlicher Vorliebe beklagt man, daß es ungerecht sei, daß die oben die unten ausbeuten, oder daß die Ausbeutung eben in der Natur des Unternehmertums liege.

(16) Dieses Comic taugt nichts, schon gar nicht, wenn man »Freie Software« verstehen will. Ein anderes Bild muß her. Man kann den Kapitalismus als kybernetische Maschine verstehen, also einer Maschine, die »sich selbst« steuert. Das schließt ein, daß es keine Subjekte gibt, die »draußen« an den berühmten Hebeln der Macht sitzen, sondern daß die Maschine sich subjektlos selbst reguliert. Zentraler Regulator ist der (Tausch-)Wert [9], und zwar in zweifacher Weise: für die Seite der Produktion und die des Konsums.

(16.1) Na ja, 05.09.2001, 12:24, Andre ??: Auch freie Software ist eine kybenetische Maschine. Der polemische Vergleich mit dem Krebsgeschwür ist vielleicht gar nicht so schlecht. Wenn eine Komponente scheitert, nehmen wir halt eine andere und entwickeln sie weiter. Und wenn wir ehrlich sind: Auch der Bazar ist ein Markt.

(16.1.1) Re: Na ja, 06.09.2001, 10:09, Stefan Meretz: Aus der Entwicklung Freier Software kannst Du jederzeit aussteigen. Das kannst Du aus der Geldgesellschaft, für die ich das Bild der kybernetischen Maschine verwende, nicht. Mit dem Basar sprichst du was richtiges an: Die Basar-Metapher taugt eigentlich nicht, denn Freie Software funktioniert eben nicht nach Marktregeln. Zumindest, solange sie wertfrei bleibt und nicht in die kybernetische Maschine integriert ist.

(16.1.1.1) Re: Na ja, 07.09.2001, 17:34, Ano Nym: Als User suchst Du Dir die Software, die Deinen Bedürfnissen entspricht, wenn du sechs Emailclints zur Verfügung hast den für Dich besten. Die einen suchen, die anderen bieten an. Voila, ein Markt. Wenn ich ein Programm schreibe, will ich auch, dass es genutzt wird. Als Benutzer oder Programmierung eines dienstes, sagen wir eines messager habe ich ein Interesse an seiner Verbreitung. Ein einsamer Emailclient nützt nichts, wir müssen dafür sorgen, dass auch andere Email haben, sonst ist unser Email ohne Wert. Der Wert steigt durch diese "Netzeffekte", das ist das zweite Phänomen. Ob ich Software gegen Geld auf einem Markt kaufe, oder die benötigte Software frei downloade bleibt sich ja mich als User gleich, mit dem Unterschied, dass man mehr ausprobieren kann, der Wettbewerb zwischen den Tools also härter ist. Wenn Softwarekauf ein Markt ist, dann ist es auch freie Software. Mit dem Unterschied, dass sie als null DM Software nach den traditionellen Gesetzen des Marktes marke Smith eigentlich nur noch "gekauft" werden müsste.

(16.1.1.1.1) Re: freie Software und härtere Konkurrenz, 22.01.2002, 09:43, Birgit Niemann: Vorweg: ich habe keine Ahnung von Informatik und freier Software, erkenne aber in diesen Diskussionen Prozesse, die mir aus anderen Lebenswelten (sprich: Interaktionszusammenhängen) vertraut sind. Hier kommt aus meiner Sicht ein spannender Tenor in die Diskussion. Der Wert-Begriff, den ich hier finde, sprengt die ökonomische Definition des Tauschwertes. Wenn freie Software zu härterer Konkurrenz führt (Wer konkurriert hier eigentlich um was? Die Programmierer um die Nutzer ihrer Software oder spielen noch andere Faktoren eine Rolle?), dann wiederspiegelt der Preis von "unfreier" Software nicht Tauschwert (den diese zweifellos auch hat) sondern eine Art von "Einstiegshürde" in die "Gemeinschaft der kokurrierenden Software-Produzenten". Das "Insider-Wissen" der Software-Herstellung ist aus meiner Sicht auch eine Art "Einstiegshürde", aber von anderer "Natur" (im Sinne von Wesensqualität) als der Preis. Wenn nun durch die Freigabe des Quellcodes eine der "Einstiegshürden" wegfällt, die Zahl der Nutzer von Software aber relativ konstant bleibt, das Ziel aber in der "Verbreitung" (Spezialfall von Reproduktion) besteht, dann kann die Konkurrenz unter den freien Software-Produzenten nur steigen, weil die Anzahl der Entwickler vermutlich schneller zunimmt als die Anzahl der Nutzer. In diesem Zusammenhang hätte ich noch eine andere Frage, deren Antwort ich nicht in dem hier vorliegendem Text finde. Trägt die Produktion von freier Software eigentlich in irgendeiner direkten oder indirekten Form zur stofflichen Reproduktion ihrer Produzenten (sprich: Entwickler) bei? Wenn nicht, dann wäre sie allein ein "freiheitliches Freizeitvergnügen" von Entwicklern, deren individuelle Reproduktion bereits auf andere Weise gesichert sein muss. Damit ist diese Art von "Freiheit" nicht wirklich frei, sondern an das ungefährdete Funktionieren einer davon unabhängigen stofflichen Versorgung der Entwickler gebunden. Unter solchen Bedingungen wäre es allerdings egal, ob die Konkurrenz unter den freien Software-Produzenten steigt, weil sie dann auf die Verbreitung ihrer Produkte nicht wirklich angewiesen wären.

(16.1.1.1.1.1) Re: freie Software und härtere Konkurrenz, 16.09.2002, 14:28, otto brand: Dieser Kommentar kommt ziemlich nahe an den Kern der Sache: der Einzelne und die Gesellschaft; - anders gesagt: DER MENSCH will zwar gerne was tun, aber nicht arbeiten!

(16.1.1.1.2) Markt und Konkurrenz, 30.05.2002, 13:32, Benni Bärmann: AnoNym: Du verwechselst Markt und Konkurrenz. Konkurrenz ist eine Bedingung für das funktionieren von Märkten, aber nicht jede Konkurrenz ist marktförmig. Beispiel: Sportliche Konkurrenz. Bei Freier Software kommt noch hinzu, dass neben der - eher sportlich verstandenen - Konkurrenz auch Kooperation eine sehr starke Rolle spielt. Durch die Offenheit der Quellen kann jedes Projekt von jedem anderen "klauen" und dadurch wird eine kooperative Dynamik in Gang gesetzt, die es so auf Märkten nicht gibt.

(16.1.1.1.2.1) Markt und Sport, 31.05.2002, 11:10, Bertrand Klimmek: Natürlich gehören Markt und Konkurrenz untrennbar zusammen. Der Markt ist genau die zentrale Vermittlungssphäre einer sich auf Konkurrenz gründenden Gesellschaft. Das Gegenbeispiel des Sports ist insofern ein vermeintliches, als es den Sport in Form von Wettkampf (also Konkurrenz) statt, wie ehedem, als mußevolles Spiel erst seit der totalen Etablierung der Waren- und Leistungsgesellschaft vor 100-150 Jahren gibt - und ich möchte hinzufügen: nicht zufällig. Die konkurrierenden Teams (bspw. bei der heute wieder omnipräsent losgehenden Fußball-Weltmeisterschaft) sind - abgesehen von der Platitüde, daß der Sport ja nun heutzutage nur noch Kommerz sei - Kollektive, die in aller Regel Standorte symbolisch (!) repräsentieren. In der Bundesliga solche des Föderalismus, auf den internationalen Arenen solche des Weltmarkts. Also, wem das bei den hymnengeschwängerten Wettkämpfen mitsamt ihren Siegerehrungen und den nationalistischen Fans nicht auffällt: diese symbolische Affinität zur globalisierten Konkurrenzgesellschaft mit ihren Gewinnern und Verlierern, dem kann ich auch nicht mehr helfen ...

(16.1.1.1.2.1.1) Re: Markt und Sport, 02.07.2002, 22:50, Benni Bärmann: Schon mal was von Olympia gehört? Da wurde auch schon mit harten Bandagen gekämpft und nicht nur zum Spass, da ging es um Politik und Geld genau wie heute. Und umgekehrt: Heute betreiben die allermeisten Menschen Sport immer noch zum Spass. Natürlich gibt es auch die Kommerzialisierung und natürlich gibt es auch den Zwang sich fit zu halten für den Markt, aber dennoch gibt es eben auch die andere Seite. Oder hast Du mal Schach oder Go gespielt oder jedes beliebige andere Spiel? Diese Spiele sind teilweise jahrtausende alt, da war noch nix mit Warengesellschaft und trotzdem war schon immer Konkurrenz im Spiel. Und umgekehrt ist selbst heute noch im Mega-Kommerz-Nationalismus-Event WM-Finale auch ein spielerisches Nicht-Marktförmiges Moment. Es mag klein sein, aber es ist da, sonst würde sich auch niemand dafür interessieren.

(16.1.1.1.2.1.1.1) Konkurrenz "im Spiel", 04.07.2002, 11:15, Bertrand Klimmek: Gerade Schach und Go sind doch Präzedenzfälle für völlig Konkurrenz-überformte sog. "Spiele", sie sind grade in dem Maße nicht-spielerisch, wie sie (und das tun sie!) militärische Strategien symbolisch abbilden. Beim Schach das klassisch hierarchische Militär - man hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, die feudalen Titel zu verschleiern: König, Bauer, Läufer, Springer etc. -, beim Go die Umzingelungstaktik. Wer also der "Konkurrenz ohne Markt", und eine solche ist wohl die militärische, irgendetwas für die sog. Freie Software abgewinnen kann, sollte sich hierauf mal besinnen. Vielleicht machen diese "Spiele" ja auch deshalb nicht so den Bären-Spaß, weil es immer nur darum geht, den Gegner (sic!) plattzumachen.
Übrigens: "[...] ist selbst heute noch im [...] WM-Finale auch ein spielerisches, nicht-marktförmiges Moment. Es mag klein sein, aber es ist da, sonst würde sich auch niemand dafür interessieren." Ohne Zweifel, und die Spielerischeren haben ja zurecht auch gewonnen, es muß ja nicht immer die sprichwörtliche deutsche Brechstange sein (ob nun Bumm-Bumm-Borris oder Skinhead-Jancker) ... Dribbeln ist King.

(16.1.1.1.2.1.1.1.1) Re: Konkurrenz "im Spiel", 05.07.2002, 12:28, Benni Bärmann: Zunächst mal halten wir fest, dass Du von Deiner ursprünglichen Position, dass "Markt und Konkurrenz untrennbar zusammen gehören" scheinbar abgerückt bist ;-)

(16.1.1.1.2.1.1.1.1.1) Markt und Konkurrenz, 08.07.2002, 14:35, Bertrand Klimmek: OK OK, peniblerweise hast Du recht. Der Markt ist quasi die bürgerliche Version der Verdrängungskonkurrenz. Es wird nicht mehr (jedenfalls nicht im Regelfall) versucht, mit brutaler Gewalt das Einzelinteresse gegen das konkurrierende durchzusetzen, sondern durch "Freiheit & Gleichheit" sind bürgerliche Minimalstandards flächendecked durchgesetzt worden, um dem Hauen & Stechen einen zivilisierten Anstrich zu geben. D.h. aber, daß der Markt gleichsam die zivile Variante des per so sozialdarwinistischen Prinzips Konkurrenz ist. Wenn ich also den - auf Freiwilligkeit basierenden (!) - Markt kritisiere, so ist das mehr, als wenn ich nur Auswüchse (Krieg, Mord & Totschlag) des Konkurrenzprinzips kritisiere.
Insofern ist es seltsam, den Markt verdammen zu wollen und die Konkurrenz zu rehabilitieren ... Diese Option hatte ich unbewußt ausgeschlossen. [Meist trifft man ja eher die Variante "Konkurrenz nein, Wettbewerb ja" an, weil bestimmte Vokabeln wahlkampftauglicher, wenn auch synonym sind.]
"Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf." (Thomas Hobbes) "Ein Wesen trinkt das Blut des anderen. [...] Der Kampf bleibt." (Adolf Hitler)

(16.1.1.1.2.1.1.1.1.1.1) Re: Markt und Konkurrenz, 09.07.2002, 06:50, Benni Bärmann: In diesem Absatz benutzt Du zwei Wörter in Deiner Argumentation synonym, die es nicht sind. Diese Wörter sind: "Verdrängungskonkurrenz" und "Konkurrenz". Erstere ist natürlich unter allen Umständen abzulehnen, letzterer würde ich jedoch auch positive Eigenschaften zuschreiben. "Wettbewerb" hat vielleicht eine ähnliche Bedeutung wie Konkurrenz ohne Verdrängung, ich verwende es aber gerade deshalb nicht, weil es so wahlkampfmässig klingt und weil es den realen Verhältnissen, die solche der Verdrängungskonkurrenz sind, natürlich Hohn spricht. Konkurrenz unter kooperativen Rahmenbedingungen (wie im Spiel oder bei Freier Software) ist eben genau das Gegenteil wie Kooperation unter Konkurrenzbedingungen (wie im Markt oder im Krieg). Etwas mehr dazu geschrieben habe ich unter http://co-forum.de/index.php4?Notizen%20zur%20Selbstentfaltung

(16.1.1.1.2.1.1.1.1.1.1.1) Re: Markt und Konkurrenz, 09.07.2002, 14:29, Benni Bärmann: Oder jetzt auch neu als OT-Projekt: http://www.opentheory.org/selbstentfaltungsnot/text.phtml

(16.1.1.1.2.1.1.1.1.1.1.2) Re: Markt und Konkurrenz, 10.07.2002, 18:21, Ano Nym: Also, ähem: zwischen "Konkurrenz" (gut) und "Verdrängungskonkurrenz" (böse) unterscheiden zu wollen, klingt mir ein bißchen wie die ideologische Standardsoße, "Marktwirtschaft" (gut) gegen "Kapitalismus" (böse) ausspielen zu wollen. Ich ahne zwar, daß du letzteres nicht vor hast, dennoch kommt das bei mir genau so an.
Denn: wenn der Stachel, aus dem heraus Konkurrenz als solche überhaupt nur funktioniert, nämlich die Option, scheitern zu können, nicht da ist: ja, dann brauche ich auch keinen "Wettbewerb", denn dann produzier oder forsch ich doch als Selbstzweck. In anderen Worten: ich halte es für eine Wortklauberei, zwischen "Leistungsanreizen" und "Strafe des Untergangs" unterscheiden zu wollen. Das haben sie in der revisionistischen UdSSR und ab Ende der 70er Jahre in China auch versucht, mit den bekannten Konsequenzen ...!

(16.1.1.1.2.1.1.1.1.1.1.2.1) Re: Markt und Konkurrenz, 11.07.2002, 10:29, Benni Bärmann: Leistungsanreize sind tatsächlich Blödsinn. Anreiz zu Leistung kann immer nur die eigene Selbstentfaltung sein - womit es dann natürlich eigentlich garkeine Leistung mehr ist, sondern einfach eine Lebensäußerung.

Dennoch kann Konkurrenz eben genau Teil meiner Selbstentfaltung sein. Es kann mir Spaß machen, mich mit anderen zu messen. Dazu braucht es auch gar keinen Anreiz. Was es allerdings braucht ist die Sicherheit und der Freiraum, dass ich im Verlustfall nicht untergehe. Dann wird Scheitern zur Chance - weil ich nämlich was draus lerne, was ich im Erfolgsfall nicht gelernt hätte. Wenn man spielt, kommt es vor, dass man enttäuscht ist gewonnen zu haben, weil man nichts daraus lernen konnte und es kommt vor, dass man froh ist, verloren zu haben, weil man nur so eine bestimmte Erkenntnis gewinnen konnte.

(16.1.1.1.2.1.1.1.2) Re: Konkurrenz "im Spiel", 05.07.2002, 13:10, Benni Bärmann: Und dann zu der Kritik des Kriegsspiels: Es ist richtig, viele Spiele - darunter auch viele Gute - sind Kriegsspiele. Ja und? Viele Gute Bücher sind Kriegsbücher, viele Filme, Theaterstücke, ... handeln vom Krieg. Keiner kommt auf die Idee, dass das verwerflich sein könnte. Aber beim Spiel ist alles anders. Die jüngsten Auswüchse dieser verdrehten Denkweise sehen wir, wenn jetzt Ballerspiele für Minderjährige verboten werden sollen, weil ein Volljähriger sie zum Vorbild genommen hat.

Ausserdem ist es so, dass es eben nun mal einen riesigen Unterschied macht, ob jemand real getötet wird (wie im Krieg) oder diese nur im Abbild geschieht, wie in jeder kulturellen Verarbeitung des Tötens, sei es jetzt ein Krimi, ein Kriegsspiel oder was auch immer.

Ausserdem mag es ja sein, dass Dir Go und Schach keinen Spass machen. Mir schon. Na, zumindestens Go. Gerade beim Go, geht es auch nicht darum "den Gegner platt zu machen". Wer das versucht, verliert. Aber selbst wenn das so wäre, wäre das kein Grund der gegen das Spiel spricht.

Zusammenfassend: Je mehr man spielt, wenn man spielt, umso mehr wird der Gegner zum Mitspieler.

(16.1.1.1.2.1.1.1.2.1) Re: Konkurrenz "im Spiel", 16.09.2002, 14:43, otto brand: Was ist «Leistung», was ist ein «Spiel»?

(16.2) Subjektlos, 22.01.2002, 09:08, Birgit Niemann: ".... sondern daß die Maschine sich subjektlos selbst reguliert. Zentraler Regulator ist der (Tausch-)Wert" Bisher habe ich den Kapitalismus keineswegs für "subjektlos" gehalten. Die auf dem Markt handelnden "Subjekte" im Kapitalismus sind allerdings keine diskreten Organismen, die aus evolutionären Gründen, auf die ich hier nicht eingehen will, einen selbstbewußten Geist erworben haben, sondern Einzelkapitale. Denn im echten Leben sind es Einzelkapitale, die über den Tauschwert den Selbstzweck der Akkumulation ihrer eigenen "Substanz" (Kapital) konkret realisieren, auch wenn "subjektive Menschen" als Realisatoren (oder allgemeiner: Aktivitätsträger) dabei tätig werden. Der den Menschen inhärente eigene Selbstzweck, wird dabei zwar in unterschiedlichem Ausmass mitbedient, ist aber für das jeweilige Einzelkapital nur Randbedingung. Subjekt und Selbstzweck-Realisation aber hängen aus meiner Sicht untrennbar zusammen. Denn ein Subjekt ohne einen zugrundeliegenden Selbstzweck ist mir noch nicht begegnet. Umgekehrt bin ich mir allerdings nicht so sicher, was heißen soll, dass ich mir noch nicht endgültig darüber im Klaren bin, ob wirklich jede Struktur, die einen Selbstzweck realisiert, auch als Subjekt bezeichnet werden kann, oder ob der Subjekt-Begriff nur solchen stofflichen Strukturen zukommt, die ihren eigenen Selbstzweck auch bewußt reflektiert haben. Letzteres träfe für Einzelkapitale zweifellos zu, denn es kann ja nicht ernsthaft in Frage gestellt werden, dass ein Konzernmanagment das reflektierte Ziel verfolgt, Kapital zu akkumulieren.

(16.2.1) Re: Subjektlos, 31.01.2002, 23:57, Stefan Meretz: Du erklärst dir im ersten Teil, was ich mit "subjektlos" meine: Bei den Einzelkapitalen, wie du sie nennst, handelt es sich um Funktionen, die sich beliebiger "Realisatoren" bedienen. Oder mit Marx: Der Kapitalist ist personifiziertes Kapital. Energisch widersprechen muss ich gegen deine Annahme, das Subjekt als Funktionär der Verwertung verfolge einen - gar inhärenten, also ontologischen zu denkenden - Selbstzweck (was ist das überhaupt?). Das Gegenteil trifft zu: Es verfolgt einen Fremdzweck. Dabei ist es egal, ob als Wertproduzent oder Wertverwerter. Darin liegt doch die ganze Perversion der bürgerlichen Gesellschaft verborgen: Die Menschen können ihre Gesellschaftlichkeit und ihre Zwecke nur in entfremdeter Form und in Selbstfeindschaft realisieren.

(16.2.1.1) Re: Subjektlos, 01.02.2002, 10:52, Bertrand Klimmek: Wenn du schon mit Marx sprichst ("Der Kapitalist ist personifiziertes Kapital" - übrigens seit geraumer Zeit und fatalerweise geeignet, gesellschaftliche Verhältnisse zu personalisieren), sollte nicht vergessen werden, worin "die ganze Perversion der bürgerlichen Gesellschaft verborgen" liegt: Die Menschen sind auf gesellschaftlicher Ebene nicht länger Subjekte, sondern bloß Exekutoren des automatischen Subjekts (wie Marx das Kapital nennt). Höchstens insofern sind sie "personifiziertes Kapital"; dann aber auch Arbeitskraftkäufer und -verkäufer gleichermaßen! Und der Zweck des Kapitals ist natürlich ein Selbstzweck - so wie jeder Zweck, der nicht wiederum Mittel zu etwas anderm (z.B. Spaß) ist, per definitionem Selbstzweck ist.

(16.2.1.2) Re: Einzelkapitale sind Funktionen, 01.02.2002, 22:41, Birgit Niemann: Einzelkapitale sind nicht Funktionen, sondern ökonomische Systeme, die einen Selbstzweck realisieren. Dieser Selbstzweck ist die Akkumulation von Kapital. Für die Realisierung dieses Selbstzweckes muss ein Einzelkapital viele Funktionen ausführen. Die ausführenden Funktionselemente der Einzelkapitale sind im Wesentlichen funktionalisierte Menschen (Maschinen, lass ich hier 'mal weg, die haben noch keinen eigenen Selbstzweck, dass müsst ihr Informatiker mit den Robotikern erst noch hinkriegen), die selbstverständlich auch ihren eigenen Selbstzweck besitzen. Nirgends habe ich behauptet, das der Selbstzweck des Einzelkapitales und die dem Menschen inhärenten eigenen Selbstzwecke identisch sind. Genauso wie Du sehe ich, das ein Mensch, der vom Selbstzweck des Einzelkapitals (Kapital-Akkumulation) funktionalisiert ist, seinen eigenen Selbstzweck (bei Dir versteckt sich der eigene Selbstzweck des Menschen in dem Begriff Selbstentfaltung) nur mehr oder weniger begrenzt verfolgen kann. Und das "eher weniger" greift immer schärfer um sich. Mir scheint, wir haben hier ein Mißverständnis, dass aus unterschiedlichen Begriffsgewohnheiten erwächst. Da ist noch Abklärung nötig. Der Begriff Selbstzweck erschließt sich für mich aus dem Zweck, den ich folgendermaßen definieren würde: Ein Zweck ist die Absicht, mit der eine Aktivität auf die Erreichung eines bestimmten Zustandes gerichtet ist. Demzufolge ist ein Selbstzweck die Absicht, mit der ein "Beabsichtigendes" Aktivitäten auf seinen eigenen Zustand richtet. Ursprung und Ziel von Absichten sind im Selbstzweck identisch. Strukturen, die zielgerichtete (absichtsvolle) Aktivitäten auf die Herstellung ihrer eigenen Zustände richten, sind aus meiner Sicht Kandidaten für ihre Einordnung als Subjekte. Hier ist genau die Stelle, wo ich mir noch nicht sicher bin, ob der Subjekt-Begriff eben jeder Struktur, die einen Selbstzweck realisiert, auch zukommt oder nur solchen, die dieses bewußt tun. Die alten Griechen meinten eher ersteres und ich tendiere dazu, mich ihnen anzuschließen.

2.1. Der Produktionskreislauf

(17) In der Produktion wird Arbeit verrichtet. Sie heißt konkret insofern das Ergebnis ein Produkt ist, das auf ein Konsumbedürfnis trifft. Sie heißt abstrakt, weil es unerheblich ist, was produziert wird, Hauptsache es wird Wert geschaffen. Der Wert ist die Menge an Arbeitszeit, die in ein Produkt gesteckt wird. Werden auf dem Markt Produkte getauscht, dann werden diese Werte, also Arbeitszeiten miteinander verglichen. Zwischen den direkten Produktentausch tritt in aller Regel das Geld, das keinen anderen Sinn besitzt, außer Wert darzustellen.

(17.1) Re: 2.1. Der Produktionskreislauf, 07.09.2001, 14:08, Ano Nym: Hör auf, diese Arbeitswertlehre ist Müll und nur weil Marx sie unterstützt hat, tuacht sie überall wieder auf. Dass nur Waren produziert werden, die abgesetzt werden können, versteht sich von selbst, wir haben Käufermärkte. Dass Wer die MEnge an Arbeitszeit sei ist genauso ein Schwachsinn, das galt vielleicht bei den Leinewebern, aber in der Wissenschaft oder der Programmierung ist es mehr ein "guter Gedanke". Diese Ideologie der Fleissigkeit (viel arbeit= viel Wert) ist Schwachsinn hoch drei. Ob eine Software wert hat ist einigermaßen unabhängig davon, wieviel Stunden ein coder davor gesessen hat und die Gedichte von Goethe erhalten ihren Wert gewiss nicht aus der zeit, die er an ihnen gefeilt hat. Hau den Denkmüll aus dem 19.Jh hier raus.

(17.1.1) Re: "Hör doch auf, ...", 08.09.2001, 14:37, Bertrand Klimmek: Je mehr die Beschäftigung "in der Wissenschaft oder der Programmierung" zum Massenphänomen wird - natürlich nicht in dem lächerlichen Sinne, qua Start-Up-Ideologie eine Internet-Vollbeschäftigung zu erreichen; das müßte anno 2001 der letzte ntv-Gucker kapiert haben -, desto mehr nivelliert sich der von dir zitierte "gute Gedanke" zur kalkulierbaren Leistung, die wie vor 200 Jahren "bei den Leinewebern" sehr wohl einen einigermaßen durchschnittlichen Zeitaufwand erfordert und, abgesehen von seltenen Geniestreichen bei der Programmierung (gibts die noch?), somit "diese Arbeitswertlehre" keinesfalls Müll ist. Sehr lustig finde ich die Idee, Fetischkritikern eine "Ideologie der Fleißigkeit" vorzuhalten ... köstlich!

Und daß das 19. Jahrhundert nicht hip ist (teils zurecht), weiß ohnehin jeder. Der postmoderne Relativismus deiner "subjektiven Preisbereitschaft" und des 20. Jahrhunderts ist allerdings ebenso überholt - falls er jemals auf der Höhe der Zeit war.

(18) Was ist, wenn beim Tausch im einen Produkt weniger Arbeitszeit als im anderen steckt? Dann geht der Hersteller des »höherwertigen« Produkts auf Dauer Pleite, denn er erhält für sein Produkt nicht den »vollen Wert«, sondern weniger. Wer fünf Stunden gegen drei Stunden tauscht, verschenkt zwei. Das geht auf Dauer nicht gut, denn die Konstrukteure der Produkte, die Arbeiter und Angestellten, wollen für die volle Arbeitszeit bezahlt werden. Also muß der Tauschorganisator, der Kapitalist, zusehen, daß die für die Herstellung des Produkts notwendige Arbeitszeit sinkt. Das wird in aller Regel auf dem Wege der Rationalisierung vollzogen, dem Ersatz von lebendiger durch tote Arbeit (=Maschinen).

(18.1) Wenn einer ein Problem in drei, 07.09.2001, 14:10, Ano Nym: Minuten löst, betrügt er also denjenigen, der drei jahre damit beschäftigt ist.

(18.1.1) Re: Wenn einer ein Problem in drei, 08.09.2001, 16:29, Stefan Meretz: Nein, das hat nix mit "betrügen" zu tun. Und dein (mir ist nicht klar, ob du hier alleine oder mehrere anonym schreiben - come out!) Problem ist: Du versuchst den Wert individuell zu denken. Das ist macht dir den Knoten ins Hirn. Wert ist eine gesellschaftliche Größe. Wenn ein bestimmtes Produkt (ob materiell oder nicht) gesellschaftlich durchschnittlich in 3 Minuten geschaffen wird, dann ist jedes einzelne dieser Produkte eben diese "3 Minuten wert" (und das noch nix mit Preisen zu tun, lass die also stecken). Deine "subjektive Wertlehre" ist eine olle Kamelle und war immer schon Quatsch mit Soße. - Aber ich bin auch "selbst Schuld", denn durch meinen Versuch, das alles "so einfach wie möglich" zu erklären, kann man leicht auf solche "subjektivistischen" Wertvorstellungen kommen.

(18.2) ´Produktion, 08.09.2001, 00:12, Andre ??: Y(A,K,...) Produktion in Abhängigkeit von Arbeit und Kapital. ist ja richtig, aber was heisst mikroökonomisch betrachtet im konkreten Fall: - Alle Arbeit ist gleich, das stimmt aber hier nicht und damit ist Dein Tauschproblem futsch. - Was, wenn aufgrund von Informationsassymetrien, der Arbeiter mehr erhält, als er kostet. - Software entwickeln heisst eine Maschine bauen, sagt N. Wirth. Ersetzen wir als Coder also lebendige durch tote Arbeit (ich sehe schon die Arbeiter und Angestellten die bits und Bites durch die Gegend tragen und Binäroperationen durchführen...) - Die Zahl der Coder ist zu erhöhen, wäre kompatibel, bei hinreichend grosser Zahl. - lass es sein, diese Theorie passt nicht, bringt hier nichts.

(18.2.1) Re: ´Produktion, 08.09.2001, 16:39, Stefan Meretz: Siehe 18.1.1: Du versuchst es individuell ("mikroökonomisch") zu denken. Das lass sein, das bringt nichts. Wenn der Arbeiter mehr erhält als er kostet, dann geht der Laden pleite. Das gesellschaftliche wirksame Wertgesetz verschafft sich stets gewaltsam Geltung. Und natürlich ersetzen wir Coder auch lebendige durch tote Arbeit. Das nennt man dann Erhöhung der Produktivität (wenn es geklappt hat, was nicht immer der Fall ist). Und Firmen, die sich an der gesellschaftlichen Durchschnittsproduktivität nicht orientieren können (und also 3 Jahre statt 3 Minuten brauchen), gehen hopps. So einfach ist das.

(19) Was der eine kann, kann der Konkurrent auch. Wichtig und entscheidend ist dabei: Es hängt nicht vom Wollen der Konkurrenten ab, ob sie Produktwerte permanent senken, sondern es ist das Wertgesetz der kybernetischen Maschine, das sie exekutieren. Das Wertgesetz der Produktion besteht im Kern darin, aus Geld mehr Geld zu machen. Die Personen sind so unwichtig wie die Produkte, das Wertgesetz gibt den Takt an. Oder wie es der oberste Funktionär der Wertgesetz-Exekutoren, Hans-Olaf Henkel (BDI-Präsident), formuliert:

»Herrscher über die neue Welt ist nicht ein Mensch, sondern der Markt. (...) Wer seine Gesetze nicht befolgt, wird vernichtet.« (Süddeutsche Zeitung, 30.05.1996)

(19.1) Exekutor, 07.09.2001, 14:11, Ano Nym: ist ja nach der Aussage nicht er selsbt, sondern der markt.

(19.1.1) Re: Exekutor, 08.09.2001, 16:44, Stefan Meretz: Ja, richtig, "wir" führen sozusagen nur noch aus. Das ist das, was ich mit "kybernetischer Maschine" meine: Wir führen nur die Zwangsgesetze aus, die wir nicht machen. Nicht wir gestalten, sondern wir werden gestaltet. Wir beten die "Maschine" an, die uns beherrscht. Das hat Marx "Fetischismus" genannt.

(19.2) Herrscher über die neue Welt ist nicht ein Mensch, sondern der Markt., 16.09.2002, 14:57, otto brand: Solche Sätze sind sprachlicher Quatsch. Das ist, wie zu sagen "2 Äpfel und 3 Geschwindigkeiten ergeben ... " . Dergleichen Abstraktionsmischmasch in den (sprachlichen) Substantiva prägt leider die gesellschaftlichen Problemdiskussionen.

2.2. Der Konsumkreislauf

(20) Das Markt- oder Wertgesetz bestimmt auch die, nur ihre Arbeitskraft verkaufen können, um an das notwendige Geld zu kommen. Ohne Moos nix los. Auch die Arbeitskraft besitzt Wert, nämlich soviel wie für ihre Wiederherstellung erforderlich ist. Diese Wiederherstellung erfolgt zu großen Teilen über den Konsum, wofür Geld erforderlich ist, was wiederum den Verkauf der Arbeitskraft voraussetzt. Auch dieser Regelkreis hat sich verselbständigt, denn in unserer Gesellschaft gibt es kaum die Möglichkeit, außerhalb des Lohnarbeit-Konsum-Regelkreises zu existieren.

(21) Beide Regelkreise, der Produktionskreis und Konsumkreis, greifen ineinander, sie bedingen einander. Es ist auch nicht mehr so selten, daß sie in einer Person vereint auftreten. Das universelle Schmiermittel und Ziel jeglichen Tuns ist das Geld. Noch einmal sei betont: Die Notwendigkeit, Geld zu erwerben zum Zwecke des Konsums oder aus Geld mehr Geld zu machen in der Konkurrenz, ist kein persönlicher Defekt oder eine Großtat, sondern nichts weiter als das individuelle Befolgen eines sachlichen Gesetzes, des Wertgesetzes. Eine wichtige Konsequenz dieser Entdeckung ist die Tatsache, daß unser gesellschaftliches Leben nicht von den Individuen nach sozialen Kriterien organisiert wird, sondern durch einen sachlichen, kybernetischen Regelkreis strukturiert ist. Das bedeutet nicht, daß die Menschen nicht nach individuellem Wollen handeln, aber sie tun dies objektiv nach den Vorgaben des kybernetischen Zusammenhangs. Wie Rädchen im Getriebe.

(21.1) 02.10.2000, 10:22, Torsten Wöllert: Für mich wäre der vorletzte Satz etwas verändert aussagekräftiger: Das bedeutet nicht, daß die Menschen nicht nach individuellem Wollen _und in sozialen Zusammenhängen_ handeln, aber sie tun dies objektiv ...

(21.2) Organisation, 08.09.2001, 00:16, Ano Nym: daß unser gesellschaftliches Leben nicht von den Individuen nach sozialen Kriterien organisiert wird - ich seh uns schon "organisieren" - wo bleibt denn da dann das "individuelle Wollen", wenn soziale Kriterien mir vorgegeben sind? Die Polemik Stirners sollte man mal wieder lesen, Marx brauchte XX Seiten, um sie zu zerfetzen, weil er sie ernst nahm, weil er merkte, dass er gemeint war.

(21.2.1) die Stirn, 08.09.2001, 15:07, Bertrand Klimmek: Ah, daher weht der Wind. Wildgewordener Kleinbürger, der seine eigene Subjektform nicht begreift und sie personalisierend und unschuldig gegen ihre eigene totalitäre Grundlage ausspielen möchte ...

2.3. Knappheit und Wert

(22) Damit die Wert-Maschine läuft, müssen die Güter knapp sein. Was alle haben oder bekommen können, kann man nicht zu Geld machen. Noch ist die Luft kein knappes Gut, aber schon wird über den Handel mit Emissionen nachgedacht, denn saubere Luft wird knapp. Viele selbstverständliche Dinge werden künstlich verknappt, um sie verwertbar zu machen. Das prominente Beispiel, das uns hier interessiert, ist die Software. Software als Produkt enthält Arbeit wie andere Produkte auch [10]. Wie wir im historischen Exkurs gesehen haben, war Software solange frei verfügbar wie sie nicht verwertbar erschien. Software wurde als Zugabe zur wesentlich wertvolleren Hardware verschenkt. Im Zuge gestiegener Leistungsfähigkeit und gesunkener Werthaltigkeit der Hardware (ablesbar an gesunkenen Preisen) stieg auch die Bedeutung von Software – sie wurde auch für die Verwertung interessant.

(23) Um Software verwertbar zu machen, muß Knappheit hergestellt werden. Dies geschieht im wesentlichen durch:

Wie bei jedem Produkt interessiert bei kommerzieller Software die Nützlichkeit und Brauchbarkeit den Hersteller überhaupt nicht. Ist ein aufgemotztes »Quick-And-Dirty-Operating-System« (QDOS) [11] verkaufbar, wird es verkauft. Ist das Produkt des Konkurrenten erfolgreicher, dann wird das eigene Produkt verbessert. Die Nützlichkeit und Brauchbarkeit ist damit nur ein Abfallprodukt – wie wir es zur Genüge von den kommerziellen Softwareprodukten kennen.

(23.1) 08.09.2001, 00:19, Ano Nym: Quellcodezurückhaltung und Lizensierung
muss man voeinander trenen
denn es sind zwei verschiedene Phänomene.# O

(23.2) 27.01.2002, 01:32, Benja Fallenstein: Warum fasst du "Einschränkende Lizensizerung" und "Patentierung" eigentlich unter einem Punkt zusammen? Ich finde, das sind mindestens zwei ;-)

(23.3) Konkurrenz und Perfektion, 27.01.2002, 23:08, Birgit Niemann: Dieser ganze Absatz beschreibt eine hochinteressante Parallele zur Biologie. Dann ist es mit einer Software also genauso, wie mit einem Organismus. Wenn ein Organismus eine neue Umwelt besetzt, ist er niemals das Produkt des für diese Umwelt "nützlichsten" weil geeignetsten genetischen Programmes. Er reproduziert sich einfach nur so gut wie er kann (was natürlich bei Organismen nicht davon abhängt, ob sie einer kauft). Erst mit den Konkurrenten kommt der Selektionsdruck, der ihn zwingt sich, d.h. das ihm zu Grunde liegende Programm, zu perfektionieren. Noch ähnlicher wird es bei den gentechnisch veränderten Organismen (GVO's). Die Verbreitung dieser genetischen Programme (in Gestalt der GVO's) hängt nun tatsächlich davon ab, ob sie gekauft werden (es sei den sie entkommen bzw. werden freigesetzt und überleben alleine weiter). Auch hier ist es egal, wie nützlich sie sind, sie müssen nur verbreitet werden und werden erst durch Konkurrenz besser. Im Gegensatz zu den selbstorganisierten Organismen ist bei den GVO's allerdings die Konkurrenz der Gentechniker gemeint.

(24) Entsprechend sieht es auf der Seite der Entwickler/innen aus. Auch Softwareentwickler/innen liefern nur ihre abstrakte Arbeit ab. In kaum einer anderen Branche gibt es so viele gescheiterte kommerzielle Projekte wie im Softwarebereich [12]. Mit 40 gehören Entwickler/innen schon zum alten Eisen. Der fröhliche Optimismus der Newbies im Business verfliegt schnell. Wer erlebt hat, wie gute Vorschläge mit dem Hinweis auf die Deadline des Projektes abgeschmettert wurden, weiß, was ich meine. Ein Berufstraum wird zum traumatischen Erlebnis.

(24.1) Scheitern hat andere Gründe, 08.09.2001, 00:23, Ano Nym: nämlich Interessenkonflikte und Kommunikationsprobleme.
Es ist nicht bekannt, was realisierbar ist.
Es ist nicht bekannt, was der Kunde genau will.
Es geht alles anders als man denkt.

Freie Software ist genauso wenig planbar. Sie hat nur einen Abnehmer, der slesbt sich an de rMangelbeseitigung beteiligt und Hand anlegt.

(24.2) 27.01.2002, 01:41, Benja Fallenstein: Dass es so viele gescheiterte kommerzielle Projekte gibt, finde ich kein gutes Argument-- es gibt auch viele gescheiterte freie Projekte. Dass es "in kaum einer Branche [...] so viele gescheiterte kommerzielle Projekte wie im Softwarebereich" gibt, ist folglich nur dann ein Argument dafür, dass "auch Softwareentwickler/innen [...] nur ihre abstrakte Arbeit [abliefern]", wenn auch bei den freien Projekten die EntwicklerInnen nur ihre abstrakte Arbeit abliefern. (Du implizierst ja, dass die Zahl der gescheiterten Projekte in einer Branche ein Indikator für die Abstraktheit der Arbeit in dieser Branche ist, was ich sowieso schon für mindestens begründungswürdig halte ;-) )

(24.2.1) Scheitern und Nichtscheitern, 01.02.2002, 16:30, Stefan Meretz: Wann ist ein freies Projekt gescheitert? Bei den kommerziellen ist es ganz klar: wenn die Funktion im Verwertungszyklus nicht erfüllt wird (direkte Vermarktung oder indirekt innerhalb einer Infrastruktur). Bei freien Projekten kann man das nicht sagen. Woher nimmst du die Aussage "es gibt auch viele gescheiterte freie Projekte"? Es gibt viele "angefangene" Projekte, die wohl nie weitergehen werden. So what? Die Funktion hat das Projekt vielleicht schon erfüllt: ein bestimmten Zusammenhang kapieren, eine neue Programmiersprache lernen etc. Der "Erfolg" bestimmt sich hier sehr individuell, er ist nur an den Bedürfnissen der Beteiligten zu messen. - Im zweiten Punkt stimme ich dir zu: Die Verbindung von abstrakter Arbeit und Projekterfolg ist "etwas komplizierter".

(24.2.2) ficken mit tieren, 15.11.2004, 11:02, Hassan Oetzkan: Ihr seit alles hurensöhne

2.4. Freie Software befreit

(25) Das ist mit Freier Software anders. Der erste Antrieb Freier Software ist die Nützlichkeit. Der erste Konsument ist der Produzent. Es tritt kein Tausch und kein Geld dazwischen, es zählt nur eine Frage: Macht die Software das, was ich will. Da die Bedürfnisse der Menschen keine zufälligen sind, entstehen freie Softwareprojekte. Auch hier geht es nicht um Geld, sondern um das Produkt. Es gibt keine größere Antriebskraft als die individuelle Interessiertheit an meinem guten nützlichen Produkt und der individuellen Selbstentfaltung. Das weiß auch der Exekutor des Wertgesetzes in der Produktion. Deswegen spielt der Spaß, das Interesse am Produkt, auch in der geldgetriebenen Produktion eine wichtige Rolle. Es ist nur so, daß die abstrakte Arbeit immer vorgeht. Letztlich zählt eben nur, was hinten rauskommt – und zwar an Geld.

(25.1) Re: 2.4. Freie Software befreit, 02.10.2000, 10:26, Torsten Wöllert: "entstehen freie Softwareprojekte": Vielleicht diente es der Klarheit, diese spezielle Verwendung des Wörtchens "frei" dadurch zu kennzeichnen, dass man es immer mit großem Anfangsbuchstaben schreibt. So wie man ja auch Freie Software schreibt. Wenn man dann von Freier Dokumentation oder Freier Information spricht, sollte der Zusammenhang auch ohne große Erklärungen klar sein.

(26) Abstrakte Arbeit ist nervtötend. Wer sagt, ihm mache seine abstrakte Arbeit Spaß, der lügt – oder macht sich was vor, um die abstrakte Arbeit aushalten zu können. Abstrakte Arbeit ist unproduktiver als freiwilliges Tun – wozu soll ich mich für etwas engagieren, was mich eigentlich nicht interessiert? Also muß man mich ködern mit Geld. Da sieht es für Informatiker/innen zur Zeit gut aus. Aber die Green Card bringt das auch wieder ins Lot. Dann ist da noch die latente Drohung: »Wenn du nicht gut arbeitest, setze ich dich woanders hin oder gleich ganz raus«. Wer sich bedroht fühlt, arbeitet nicht gern und schlecht. Zuckerbrot und Peitsche, die Methoden des alten Rom. Und Rom ist untergegangen.

(26.1) Salopp, 22.12.2001, 23:11, Herman ??: rhetorisch ja ganz nett, aber bitte überdenken: Ab zuckerbrot kannst du streichen. Auch die Kritik an der Green card, klar: Import von Arbeitskraft, ist insofern verfehlt, weil es ja tatsächlich darum geht eine Knappheit an "Wissen" zu beseitigen. die Argumentation über den MArktmechanismus geht Hand in Hand mit rechten Parolen.

(27) Freiwilligkeit und nützliches Tun kann man nicht kaufen, jedenfalls nicht auf Dauer. Selbstentfaltung funktioniert nur außerhalb der rückgekoppelten Wert-Maschine. GNU/Linux konnte nur außerhalb der Verwertungszusammenhänge entstehen. Nur außerhalb des aus-Geld-mehr-Geld-machen-egal-wie konnte sich die Kraft der individuellen Selbstentfaltung zeigen.

2.5. Aber was ist mit den Geldmachern?

(28) Machen wir uns keine Illusionen. Dort, wo man Geld machen kann, wird das Geld auch gemacht, und wenn es nicht anders geht, dann eben mit dem Drumherum von Freier Software. Das sind Absahner, nicht ohne Grund kommen sie alle zum Linuxtag. Das verurteile ich nicht, ich stelle es nüchtern fest. Maschinen haben den Vorteil, daß man ihre Wirkungsweise ziemlich nüchtern untersuchen kann. So sehe ich mir den Kapitalismus an.

(28.1) Re: 2.5. Aber was ist mit den Geldmachern?, 05.09.2001, 13:44, Ano Nym: Als solche kann man sie für seine Zwecke kaufen, weil sie berechnbar sind.

(28.2) Re: 2.5. Aber was ist mit den Geldmachern?, 27.01.2002, 23:30, Birgit Niemann: An dieser Stelle habe ich eine Frage. Es gibt Firmen, die Linux verkaufen und sogar an der Börse sind. Wie hängt das zusammen mit der Freien Software? Was wird da verkauft? Hängt deren Kurszusammenbruch mit der "Freiheit" von Linux zusammen oder ist das auch nur der übliche Zyklus?

(28.2.1) Re: 2.5. Aber was ist mit den Geldmachern?, 01.02.2002, 16:44, Stefan Meretz: Diese Firmen verkaufen nicht "Linux" oder andere freie Software, sondern das "drumherum": Hardware, Service, Komplettlösungen, Installationshilfen, Handbücher usw. Direkt und aktuell - auch schon aufgrund der geringen Bedeutung - kann man den Kurzzusammenbruch nicht mit der Freiheit von Linux verbinden. Aber ökonomisch-logisch besteht der Zusammenhang durchaus: Dringt freie Software in einen Bereich vor, der vorher proprietär besetzt war, dann wird faktisch dieser Bereich "entwertet". Weiter gedacht: Handelt es sich dabei um Börsenkapital, dann wird dieses beschleunigt zu "fiktivem Kapital", das keine realökonomische Deckung mehr hat.

(29) Wenn ich die kapitalistische Wert-Maschine verstehe, habe ich nützliche Kriterien an der Hand – für das eigene Handeln und für die Einschätzung so mancher Erscheinungen Freier Software. Auf beides will ich im folgenden eingehen.

3. OSI und GNU – zwei verkrachte Geschwister

(30) Anfang 1998 gründeten Eric. S. Raymond und Bruce Perens die Open Source Initiative (OSI). Erklärtes Ziel ist die Vermarktung von Freier Software, die Einbindung Freier Software in die normalen Verwertungszyklen von Software. Zu diesem Zweck wurde der Marketingbegriff »Open Source« ausgewählt. Nur mit einem neuen Begriff sei die Wirtschaft für die Freie Software gewinnbar. Der Begriff der »Freiheit« sei für die Wirtschaft problematisch, er klinge so nach »umsonst« und »kein Profit« [13]. Im übrigen wolle man das Gleiche wie die Anhänger der Freien Software, nur gehe man »pragmatischer« vor und lasse den »ideologischen Ballast« weg.

(30.1) Re: 3. OSI und GNU – zwei verkrachte Geschwister, 05.09.2001, 13:08, Clamor ??: Genau, man instrumentalisiere die "Maschine" für seine Zwecke!

(31) Richard Stallman, Gründer des GNU-Projekts, wirft den Open-Source-Promotern vor, in ihrem Pragmatismus würde die Grenzen zur proprietären Software verschwimmen. Der Begriff »Open Source« sei ein Türöffner zum Mißbrauch der Idee Freier Software durch Softwarefirmen, die eigentlich proprietäre Software herstellen und vertreiben. Im übrigen sei man überhaupt nicht gegen Kommerz und Profit, nur die »Freiheit« müsse gewahrt bleiben.

(31.1) Spielt sich auf, aber das kenne wir ja, 05.09.2001, 13:11, Clam ??: Wichtig ist vor allem, den "Feind" im Auge zu behalten, ein historischer Kompromiss ist sinnvoll. Was nützt reine Freie software mit Exotenstatus und Gütesiegel. Besser die Verwässerung der traditionellen Softwareindustrie. Übrigens zeigt die Politik der Zeitschriftenbeigaben, dass auch propriätere Software unter Druck gerät.

3.1. Der Wirtschaftsliberalismus von ESR

(32) Nachdem sich OSI-Mitgründer Bruce Perens wegen der zu großen Anbiederung an den Kommerz wieder von der OSI abgewendet hat, ist es kein Fehler, sich alleine mit den Auffassungen von Eric. S. Raymond (ESR) zu beschäftigen. In den drei Aufsätzen »The Cathedral and the Bazaar«, »Homesteading the Noosphere« und »The Magic Cauldron« entwickelt er ein Kompatibilitätskonzept für die Verbindung von Freier Software und Kapitalismus [14].

(33) Mit Freier Software ist der kommerzielle Software-Verwerter in eine Klemme gekommen. Freie Software ist öffentlich und nicht knapp. Die in der Freien Software steckende Arbeit wird einfach verschenkt. Damit ist sie nicht mehr verwertbar, sie ist wertlos. ESRs Bemühen dreht sich nun emsig darum, die aus den Verwertungskreisläufen herausgeschnittene Freie Software durch Kombination mit »unfreien Produkten« wieder in die Mühlen der kybernetischen Wert-Maschine zurückzuholen. Seine Vorschläge, die er in »The Magic Cauldron« entwirft – er nennt sie »Modelle für indirekten Warenwert« –, seien im folgenden kurz untersucht.

(33.1) Wenn die frei Software, 05.09.2001, 13:16, Ano Nym: nciht kanpp wäre, dann würden sich die Linuxer nicht wie Schneekönige über jede neue Version freuen. Linux ist eine Baustelle undbemerkenswert ist nur die Geschwindigkeit. Wenn ich an mich selbst denke, dann hat die Begeisterung für neuen Software kontinuierlich abgenommen. Software, ja mal installieren, toll! Über Internetdownload, Werbebeigaben und Ramsch werden wir mit hochwertiger Software überschwemmt, deren Grenznutzen mit steigendem Angebot abnimmt. so viel tut sich im Softwarebereich nicht mehr, MS Word 2000 oder XP ist Word 97 nicht großartig überlegen. MAn kauft halt die neuste Version, aber der Versionssprung spielt nicht mehr die große Rolle.

(34) »Lockangebot«: Freie Software wird verschenkt, um mit ihr unfreie Software am Markt zu positionieren. Als Beispiel nennt ESR Netscape mit dem Mozilla-Projekt – ein Projekt, das mehrfach kurz vor dem Scheitern stand [15]. Was passiert hier? Eine Firma schmeißt ihren gescheiterten Browser den freien Entwickler/innen vor die Füße und ruft: »Rettet unsere Profite im Servermarkt!«. Dabei behält sie sich auch noch das »Recht« vor, die Ergebnisse wieder zu unfreier Software zu machen.

(34.1) 05.09.2001, 13:20, Clamor ??: Vergessen wir nicht,dass Netscape zu den ersten Firmen gehörte, die mit Freeware Geld verdienen wollten und konnten. Ohne Netscape wäre die WWW-entwicklung nicht so vorangegangen und gewiss hätte M$ nicht den bis heute IE verschenkt. Open Source und Freie Software machen Druck auf dem Markt. Warum ins Café gehen, wenn es den Café anderswo umsonst gibt. Das zwingt die traditionelle Softwareindustrie zu neuen Anstrengungen um die Kunden und reduziert ihre Gewinne.

(35) »Glasurmethode«: Unfreie Hardware (Peripherie, Erweiterungskarten, Komplettsysteme) wird mit einem Guß Freier Software überzogen, um die Hardware besser verkaufen zu können. Mußten vorher Hardwaretreiber, Konfigurationssoftware oder Betriebssysteme von der Hardwarefirma entwickelt werden, überläßt man das einfach der freien Software-Community. Wie praktisch, die kostet ja nichts! Unvergütete Aneignung von Arbeitsresultaten anderer – nennt man das nicht Diebstahl? Nein, werden die Diebe antworten, das Resultat ist doch frei!

(35.1) 05.09.2001, 13:22, Ano Nym: in jedem Fall kostet Hardware Geld und ist nicht frei. Vergessen wir aber nicht den permanenten Wertverfall bei der Hardware und da ist es dann irgendwann egal, ob der Rechner drei Jahre alt ist oder neu.

(36) »Restaurantmethode«: In Analogie zum Restaurant, das nur freie Rezepte verwendet, aber Speisen und Service verkauft, wird hier Freie Software von Distributoren zusammengestellt und zusammen mit Service verkauft. Die eigene Leistung besteht in der Zusammenstellung der Programme, der Schaffung von Installationsprogrammen und der Bereitstellung von Service. Unbezahlte Downloads oder gar Cloning der Eigenleistungen durch fremde Distributoren wird als Vergrößerung des gemeinsamen Marktes hingenommen. Oft werden gute Hacker von Distributoren angestellt, die Grenzen zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit sind fließend. Das Geschäftsgebaren der verschiedenen Distributionen ist durchaus unterschiedlich. Während sich das nichtkommerzielle Debian-Projekt mit ihrem Gesellschaftsvertrag [16] zur Einhaltung bestimmter Standards und zur Unterstützung Freier Software verpflichtet hat, steht für andere der reine Selbstzweck der Markteroberung im Vordergrund (etwa SuSE oder diverse Cloner).

(36.1) 05.09.2001, 13:43, Carl ??: Gerade SuSE hat in Deutshcland zur Akzeptanz der Systeme beigetragen. Auch die kommerziellen sind stets Träger der Idee.

(36.1.1) Ja:, 06.09.2001, 17:43, Bertrand Klimmek: vor allem Träger der Produkt-, Verkaufs- und Promotionidee. Meine besten Freunde. Sozusagen die Grünen unter den konkurrierenden Unternehmen und Arbeitshäusern ...

(36.1.1.1) Re: Ja:, 07.09.2001, 17:37, Ano Nym: Die Propaganda wird vernachlässigt, entscheidend ist, dass wir die Verbreitung voranbringen. Ob das komemrzielle oder religöse oder Mondscheinsekten machen ist mir egal.
Je mehr Beteiligte wir haben, desto wahrscheinlicher ist auch das Wachstum des Ssystem, desto dominanter wird die Plattform.

(37) »Zubehörmodell«: Hierzu gehören Herausgeber von Dokumentationen oder anderen Werken über Freier Software sowie andere Zubehörproduzenten, die nur auf der Welle mitschwimmen (etwa die Hersteller der Plüsch–Pinguine). Problematisch sind die exklusiven Lizenzen (Copyright), die eine Verbreitung schriftlicher Werke verhindern. Der Linuxtag ist selbst Opfer dieser Exklusion der Öffentlichkeit geworden. Verlage, die Texte vom letzten Linuxtag herausgebracht haben, sorgten dafür, das genau diese Texte von der Linuxtag-Website genommen werden mußten. Nur knappe Produkte eignen sich als Ware!

(37.1) 05.09.2001, 13:23, Ano Nym: So ist es ja üblich, interessant, dass überhaupt das System öffentlich im Internet, gedruckt beim Verlag entstanden ist. Viele Bücher wären nicht erschienen ohne dieses System.

(38) »Marketingmodelle«: Unter Ausnutzung der Popularität Freier Software werden verschiedene Marketingtricks aufgelegt, um proprietärer Software ein besseres Image zu verleihen und für Verkaufbarkeit zu sorgen. Damit sind noch nicht einmal die Betrüger gemeint, die sich einfach selbst das Label »Open Source« oder »Freie Software« auf ihre proprietären Produkte kleben, sondern Formen wie

(38.1) 05.09.2001, 13:42, Ano Nym: Auch dieses stärkt die Idee freirr Software und zeigt, dass die Hersteller in die Knie gezwungen werden schon einmal die Uniform zu wechseln.

(38.2) Aha, 22.12.2001, 23:13, Herman ??: Ein Schuss auch gegen Stallman, toll, ich dachte schon ihr seid die ganz naiven Jünger.

(38.3) 27.01.2002, 01:51, Benja Fallenstein: Der Verkauf von Gütesiegeln, die erworben werden müssen, um Freie Software verkaufen zu dürfen? Ähem! Ich glaube, da hast du in deinem Ärger was falsch verstanden. Originalzitat:

"This is a speculative business model. You open-source a software technology, retain a test suite or set of compatibility criteria, then sell users a brand certifying that their implementation of the technology is compatible with all others wearing the brand.

(This is how Sun Microsystems ought to be handling Java and Jini.)

Update: in July 2000, Sun open-sourced its Star Office and announced that they would be selling the use of the Star Office brand to lines of development of that codebase that pass Sun's validation suite."

http://www.tuxedo.org/~esr/writings/homesteading/magic-cauldron/x227.html#AEN272

Es geht also um den Verkauf von Gütesiegeln, die den Usern ein bestimmtes Qualitätsniveau bei verschiedenen Varianten (Ports etc.) eines FS-Produktes garantieren. Ich sehe nicht, dass das die Freiheit der Software irgendwie einschränkt (nicht, dass ich dem Geschäftsmodell großen Erfolg einräumen würde...).

(39) Es sollte deutlich geworden sein, daß alle diese »Modelle für indirekten Warenwert« dazu dienen, die aus der Marktwirtschaft herausgefallene Sphäre Freier Software wieder zurück in den Kreislauf der selbstgenügsamen Wert-Maschine zu holen. Da kapitalistische Verwertung auf Knappheit und Ausschluß von Öffentlichkeit beruht, Freie Software aber genau das Gegenteil darstellt, müssen hier Feuer und Wasser in eine »friedliche Koexistenz« gezwungen werden. Doch wie es sich mit Feuer und Wasser verhält, so auch mit Freier Software und Verwertung: Nur eine kann sich durchsetzen.

(39.1) Die argumentation der Schwäche, 05.09.2001, 13:25, Ano Nym: nicht der Kapitalismus zwingt die freie Software in die Knie, sondern umgekehrt. Das einzige wirklich Schlimme, das ich mir vorstellen kann ist der "Coca-cola-Browser" oder so etwas ähnliches. mit geringem Aufwand Werbung machen. Jonny Walker hat es mit dem Moorhuhn vorgemacht.

(40) Im neoliberalen Modell Freier Software von ESR gibt es folgerichtig keine wesentlichen Unterschiede zwischen »freier« Softwarelizenzen. Vermutlich hat er nur mit Magengrimmen die GPL trotz des enthaltenen Privatisierungsverbots auf die Liste von »OSI-zertifizierten« Lizenzen gesetzt, da man an der GPL nicht gut vorbeikommt. Bis auf die »Restaurantmethode«, dem Vertrieb Freier Software durch Distributionen, ist keines der oben genannten mit Buchstaben und Geist der GPL vereinbar [17]. Die GPL schließt künstliche Verknappung und Privatisierung von Code aus, und das behindert die Verwertung von Software weitgehend.

(40.1) 05.09.2001, 13:28, Clamor ??: Die "Verknappung" solltest du lieber canceln. Dieser Abfall aus der volkswirtschaftlichen Theorie funktioniert bei Software nicht. Der Preis und die subjektive Preisbereitschaft hat bei Software nichts mit der Kanppheit zu tun, vielmehr erhöht die Verbreitung den "Wert", Netzeffekte, vgl. Faxgeräte...

(40.1.1) Knappheit, 06.09.2001, 10:18, Stefan Meretz: Nee, Knappheit ist entscheidend. Da sprechen Werbegeschenke, gesponsorte Netzwerkeffekte überhaupt nicht gegen. Sie heben doch die Knappheit nicht auf, sondern produzieren sie sozusagen erst einmal. Es sind Mittel, um die folgende Wirkung von Knappheit erst zur Geltung zu bringen. Diese Ökonomie basiert auf Knappheit! Weil Software so leicht kopiert werden kann, ist das hier ja gerade so kritisch für die Verwertung. Deswegen sind die Copyrights etc. so absolut entscheidend. Sie haben nur die Funktion, die Knappheitsvoraussetzung aufrechtzuerhalten.

(40.1.2) naja:, 06.09.2001, 17:37, Bertrand Klimmek: Tatsächlich ist "Knappheit" eine viel zu basale Kategorie, auf die jegliche Ökonomie als solche angewiesen ist. Hier kann es also nicht um eine Geschmacksfrage der Argumentationsstrategie gehen ... Vielmehr sollte zu einer konzertierten Ökonomiekritik übergegangen werden. Dann ist auch dein Streben nach einem alternativen "System" (siehe Anonymos' Kommentar weiter unten) obsolet.# Und "Abfall aus der volkswirtschaftlichen Theorie" ist ja wohl eher die von dir zitierte "subjektive Preisbereitschaft"; diesen ideologischen Relativismus hat schon Marx auseinandergenommen.

(40.1.2.1) Re: naja:, 08.09.2001, 00:28, C ??: Subjektiver Preis:

Man denke an die Geschichte aus diesem Kinderbuch, von dem Jungen, der zur Strafe den Zaun streichen soll. Warum ein Metall wie gold mehr Wert sein soll wie Perlen, das hängt ja nicht nur mit Angebot und Nachfrage zusammen, sondern auch mit der Bereitschaft einen Preis zu zahlen.
Wer es nicht glaubt, sei darauf verwiesen, dass die MArketingmenschen die subjektive Preisbereitschaft ermitteln und dann über die Preise entscheiden.
Man denke an die CD, die immer teuerer war als Kassetten, obwohl in der Herstellung billiger. Nur weil die CD teuerer eingeführt wurde und die Konsumenten das mitmachten.

(40.1.2.1.1) Re: naja:, 08.09.2001, 15:22, Bertrand Klimmek: Mit dem CD-Beispiel hast du offenbar Recht. Meinetwegen ist der Preis subjektiv, der Wert einer CD ist deswegen noch lange nicht der einer MC: du sagst ja selbst, die Herstellung sei billiger. Gewisse Schieflagen beeinträchtigen anscheinend die Korrespondenz Preis/Wert. Objektive Konkurrenzmechanismen müßten diese Wert/Preis-Differenz jedoch auf Dauer abreiben. De facto ist der Preis (sic! der Preis) dafür, mir eine CD von jemandem zu brennen, kleiner als für eine Kopie auf MC. Sowohl Zeitaufwand als auch Rohling sind ersterenfalls günstiger. Für die Industrie, die CDs preßt und nicht brennt, gilt das in noch höherem Maße.

(40.2) 27.01.2002, 01:55, Benja Fallenstein: Ich würde sagen, bei den drei Marketingmethoden ist nur die erste ("das Versprechen, proprietäre Software in Zukunft freizugeben") mit der GPL unvereinbar (in Buchstaben wie in Geist). In ESRs Text sind das übrigens drei unabhängige Punkte, die nur durch ähnliche Namensgebung zusammenhängen.

3.2. Der Bürgerrechtsliberalismus von RMS

(41) Dem ökonomischen Liberalismus von ESR steht der Bürgerrechtsliberalismus von RMS entgegen. RMS argumentiert (1994), daß Software in privatem Besitz zu Entwicklungen führen würde, die dem gesellschaftlichen Bedarf entgegen läuft. Die Gesellschaft brauche

Das seien die Gründe, warum Freie Software eine Frage der »Freiheit« und nicht des »Preises« sei. Bekannt geworden ist der Satz »Think of 'free speech', not of 'free beer'«.

(41.1) Re: 3.2. Der Bürgerrechtsliberalismus von RMS, 05.09.2001, 12:28, Clamor ??: Und das trifft den Nagel auf den Kopf, denn denken wir an den Chinesen: Er kann entscheiden zwischen der nicht verfolgten Raubkopie (als Ignorieren des Eingentumrechts) und der Nutzung freier Software. Auch für den Lizenzanarchisten hat freie Software etwas zu bieten.

(42) An diesen Kriterien orientiert sich auch die GNU GPL. Sie stellt sicher, daß Software dauerhaft frei bleibt oder ökonomisch formuliert: Sie entzieht Software dauerhaft der Verwertung. RMS ist dennoch keinesfalls gegen den Verkauf Freier Software (1996). Auch die GPL selbst ermöglicht ausdrücklich das Erheben einer Gebühr für den Vertrieb Freier Software.

(43) RMS formuliert seine Vision gesellschaftlichen Zusammenlebens im GNU-Manifest von 1984 so:

»Auf lange Sicht ist das Freigeben von Programmen ein Schritt in Richtung einer Welt ohne Mangel, in der niemand hart arbeiten muß, um sein Leben zu bestreiten. Die Menschen werden frei sein, sich Aktivitäten zu widmen, die Freude machen, zum Beispiel Programmieren, nachdem sie zehn Stunden pro Woche mit notwendigen Aufgaben wie Verwaltung, Familienberatung, Reparatur von Robotern und der Beobachtung von Asteroiden verbracht haben. Es wird keine Notwendigkeit geben, von Programmierung zu leben.« (Stallman 1984).

(43.1) ... Welt in der niemand hart arbeiten muß ..., 16.09.2002, 15:19, otto brand: Geht - siehe oben (16.1.1.1.1.1) - an der Tatsache vorbei, daß eine Wurzel von Herrschaft das vermeiden von Arbeiten-müssen ist. Daran ändert - man sieht's ja an der nachwie vor bestehenden Ungerchtigkeit und Armut in der Welt - auch eine noch so große Produktivität, d.h. "Gesellschaften im Überfluß" nichts. Das gesellschaftliche Problem ist: WER macht die Arbeit?! (Konkret gesagt: Wer muß das tun, das NICHT auf der 'Linie der Selbstverwirklichung' von irgendwem, zur aktuellen Zeit und am gegebenen Ort (!) liegt.)

(44) Eine schöne Vision, die ich ohne zu zögern teilen kann. Nur: Wer glaubt, diese Vision unter den Bedingungen der kybernetischen Verwertungsmaschine mit Namen Kapitalismus erreichen zu können, rennt einer Illusion hinterher. Der einzige Zweck der Wert-Maschine ist, aus Geld mehr Geld zu machen – egal wie, egal womit. Freiheit von Mangel, Muße, Freude, Hacking-for-Fun ist darin nicht vorgesehen.

(44.1) 05.09.2001, 13:40, Ano Nym: Das macht sie berechenbar. Entscheidend ist, dass sie funktioniert und wir können auf ihr reiten.

(44.1.1) Witz!, 06.09.2001, 10:21, Stefan Meretz: Die kybernetische Maschine reitet dich. Aber mach dir ruhig weiter was vor. Berechenbar - Spaßvogel!

(44.1.1.1) Re: Witz!, 07.09.2001, 17:39, Ano Nym: Man kann sie kaufen, man weiss wie sie funktioniert.

(44.1.1.1.1) Re: Witz!, 08.09.2001, 16:54, Stefan Meretz: Du willst die "kybernetische Maschine" kaufen? Den Markt aufkaufen? Den Kapitalismus kaufen? Verwechselst du das mit dem Maschinchen, das auf deinem Schreibtisch steht (oder drunter oder sonstwo)? - Aber witzige Idee eigentlich: Ich wollte auch mal den Kapitalismus auf einem Linux-Rechner implementieren. Und mit ps hätte man sich den Irrsinn dann angucken können.

(45) Die von ESR mit angestoßene Open-Source-Welle führt das lehrbuchartig vor. Es geht überhaupt nicht mehr um gesellschaftliche Freiheit, die nur die Freiheit aller sein kann, sondern es geht um die Frage, wie ich aus etwas »Wertlosem« trotzdem Geld machen kann, wie ich die Freude der Hacker zu Geld machen kann, wie ich die Selbstentfaltung der Menschen in abstrakte, tote Arbeit verwandeln kann. Dieser mächtigen Welle vermag RMS mit dem Ruf nach »Freiheit geht vor« kaum etwas entgegenzusetzen. Vermutlich würde ESR antworten: Natürlich geht Freiheit vor, die ökonomische Freiheit!

(45.1) Und?, 05.09.2001, 12:31, Clamor ??: Schadet dies der freien Software, wenn sich die "Maschine" einklinkt? Vergessen wir nicht die "Netzeffekte" und der Nutzen der Popularisierung!

(45.1.1) Re: Und?, 06.09.2001, 10:25, Stefan Meretz: Du hast wohl zu viel Rifkin gelesen? Netzeffekte wofür ist doch die Frage. Ja, es schadet der Freien Software, wenn sie in die kybernetische Maschine integriert wird, weil dann die Selbstlauflogik der Maschine bestimmt und nicht mehr die Entwickler/innen und Nutzer/innen. Wer das nicht klar sieht, kann bei der Gradwanderung zwischen Freier Software und in der Geldlogik überleben müssen runterfallen.

(45.1.1.1) Re: Und?, 07.09.2001, 17:41, Ano Nym: Betrachte zuerst den Feind.
Wenn die Alternative Nischenbetriebssystem und Weltherrschaft für M$ heisst, dann denke ich, ist ein bisschen "sozialdemokratie", die zudem siegreich, das heisst wachsend, ist, die bessere Alternative.
Mönch wollte ich nicht werden.

(46) Hieran wird deutlich, daß der Liberalismus eben zwei Seiten hat: Wirtschaftsliberalismus und Bürgerrechtsliberalismus. Robert Kurz arbeitet in seinem eindrucksvollen Werk »Schwarzbuch des Kapitalismus« (1999) die gemeinsame Verwurzelung im historischen Liberalismus heraus [18]. Er zeigt, daß auch der Bürgerrechtsliberalismus nur dazu da ist, Menschenfutter für die kybernetische Verwertungsmaschine zu liefern. Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll über die Freiheit schweigen.

4. Freie Software für freie Menschen

(47) Wir sollten in die Offensive gehen! Wir sollten uns zum antikapitalistischen Gehalt der GPL bekennen! Wir können sagen »GNU/Linux ist nicht wert – und das ist gut so!«. Freiheit gibt es nur außerhalb der Verwertungs-Maschine. Die Freie Software da herausgeholt zu haben, war eine historische Tat. Jetzt geht es darum, sie draußen zu behalten, und nach und nach weitere Bereiche der kybernetischen Maschine abzutrotzen. Dafür gibt es zahlreiche Ansätze, die Stefan Merten im Beitrag »Gnu/Linux – Meilenstein auf dem Weg in die GPL-Gesellschaft« skizziert.

(47.1) Re: 4. Freie Software für freie Menschen, 05.09.2001, 12:37, Clamor ??: Und das ist der Angriff der Schwäche mit dem Reinheitsgebot. "Freiheit gibt es nur außerhalb der Verwertungs-Maschine." Warum sie nicht wie bisher für die eigenen Zwecke ausnutzen? Es ist ja auch kein Widerspruch innerhalb des Kapitalismus Kapitalismuskritiker zu verkaufen. Diese Toleranz des Kapitalismus ist seine Stärke. Nun zeigt es sich, dass es auch umgekehrt geht.

(47.1.1) Re: 4. Freie Software für freie Menschen, 06.09.2001, 10:33, Stefan Meretz: Du kannst den Kapitalismus nicht mit seinen Mitteln überwinden. Das hat die alte Arbeiterbewegung lange versucht, und sie ist gescheitert oder integriert (was das gleiche ist). Das würde ich nicht Toleranz nennen, sondern Integrationsfähigkeit. Ja, das ist seine Stärke - warum soll es also umgekehrt gehen? Die Kauf-Verkauf-Logik mit Kaufen überwinden? So eine Art "Freikauf"? Das ist eine Illusion.

(47.1.1.1) Re: 4. Freie Software für freie Menschen, 07.09.2001, 17:44, Ano Nym: Das ist nicht die Stimme des Siegreichen, sondern des Deichbauers. Die Zeit erlaubt ein bisschen mehr Optimismus, hier besteht eine reale chance, die es zu nutzen gilt.

(47.1.1.1.1) Deichbauer?, 08.09.2001, 14:48, Bertrand Klimmek: Ja! Auch ich möchte in einer Welt leben, in der die Grünen Kriege führen, in der es keine Castoren mehr gibt, in der Menschen und Institutionen aller Länder Freie Software nutzen; in der alle ohne Umweltverschmutzung im Dauerstau der Sachzwanggesellschaft, wenn nicht in ethnischen Reservaten der Zivilgesellschaft sitzen und sich über das Ende der Geschichte freuen. Wir brauchen punktuelle Siege - und: Praxis!
[Wo, bitte, besteht Anlaß zum Optimismus?]

(48) Wie kann das gehen, wird sich sicher so mancher fragen. Man kann doch nicht einfach rausgehen aus den Verwertungszusammenhängen – wovon soll ich leben? Das sind berechtigte, zwingende Fragen. Ich denke, daß es nicht darum geht, sofort und zu 100% aus jeglicher Verwertung auszusteigen. Es geht darum, einen klaren Blick für die Zwangsmechanismen der kybernetischen Verwertungsmaschinerie zu bekommen, und danach das individuelle Handeln zu bemessen. Ich will einige Bespiele nennen.

(48.1) Hintertürchen für den Realo, 22.12.2001, 23:16, Herman ??: Ja richtig, erst eisern eine radikale Idee aufstellen und dann feststellen, dass sie nicht als kategorischer Imperativ taugt. Toll. Da laufe ich leiber mit dem Reformismus.

(49) Konkrete und abstrakte Arbeit: Wenn ich für meine Reproduktion meine Arbeitskraft verkaufen muß, dann sollte ich nicht versuchen, darin Erfüllung zu finden. Natürlich ist es schön, wenn die Arbeit mal Spaß macht. Doch Lohnarbeit bedeutet abstrakte Arbeit, und dabei kommt es eben nicht auf meine Bedürfnisse, sondern die externen Zielvorgaben an. Selbstentfaltung gibt es nur außerhalb, z.B. in Freien Softwareprojekten. Wenn ich die Erwartungshaltung an die Lohnarbeit nicht habe, kann ich sie auch leichter begrenzen. Und das ist aufgrund des endlosen Drucks in Softwareprojekten eine dringende Notwendigkeit.

(49.1) 05.09.2001, 12:40, Clamor ??: Was soll denn dieser Arbeitswerttheoriemüll. "Meine Reproduktion" - hmm, da stell ich mir so etwas drunter vor, was meine Zellen machen, mich immer wieder zu erneuern.

(49.1.1) 06.09.2001, 10:36, Stefan Meretz: Ja, denk mal noch ein paar Ecken weiter: Deine Zellen brauchen - was? Futter! Und wie kommst du da ran? Kaufen! Und dafür brauchst du? Geld! Na siehst du, geht doch! Wie nützlich doch Theorie sein kann.

(49.1.1.1) Ob sich daran wohl auch die Pflanzen halten, 07.09.2001, 14:14, KAi Menz: die sich so fein für uns reproduzieren*, damit wir wachsen können.

(49.1.1.1.1) Re: Ob sich daran wohl auch die Pflanzen halten, 08.09.2001, 00:32, Clamor ??: Hey, geniale Idee...
Ausbeutung der Natur.
Wir geben der Pflanze weniger Nährstoffe als sie uns oder so.

(50) Eine Firma gründen: Manche denken, sie könnten der abhängigen entfremdeten Arbeit dadurch entkommen, indem sie eine eigene Firma gründen. Das ist so ziemlich die größte Illusion, die man sich machen kann. Als Firmeninhaber bin ich direkt mit den Wertgesetzen der kybernetischen Maschine konfrontiert. Die eigene Entscheidung besteht nur darin, in welcher Weise ich diese Gesetze exekutiere, welches Marktsegment ich besetze, welchen Konkurrenten ich aus dem Feld steche usw. Ich bin mit Haut und Haaren drin, muß permanent mein Handeln als das Richtige gegenüber allen rechtfertigen. Eine Distanzierung ist hier noch schwerer als bei der entfremdeten Lohnarbeit.

(50.1) Alternativen, 05.09.2001, 12:43, Clamor ??: Was ist denn die Alternative: a) Selbstorganisation b) Stiftungsmodell c) Staatlich finaziert In b und c entfliehst Du nicht der behaupteten "Entfremdung". b ist nur denkbar, sofern dies nicht an spezifische Leistung gekoppelt ist. Also wie der Quoten-Wissenschaftler im Kibbuz ein Salär an freie Programmierer.

(51) Verwertete Entfaltung: Die eigene Selbstentfaltung ist die letzte unausgeschöpfte Ressource der Produktivkraftentwicklung (Meretz 1999c). Das wissen auch die Exekutoren des Wertgesetzes, die die Selbstentfaltung der Verwertung unterordnen wollen. Sie bauen die Hierarchien ab, geben uns mehr Entscheidungsbefugnisse und Flexibilität bei der Arbeitszeit. Die Stechuhren werden abgeschafft, weil man sie nicht mehr braucht – alle arbeiten freiwillig länger nach dem Motto: »Tut was ihr wollt, Hauptsache ihr seid profitabel«. Die Zusammenführung der beiden Rollen des Arbeitskraftverkäufers und des Wert-Gesetz-Exekutors in einer Person ist der (nicht mehr so) neue Trick. Fallt darauf nicht rein! Die »Neue Selbständigkeit« kann zur Hölle werden [19], denn Verwertung und Selbstentfaltung sind unvereinbar.

(51.1) Exekutieren = Ausführen, ja???, 22.12.2001, 23:20, Herman ??: Oben warst Du schon fortschrittlicher, jetzt ist die Maschine wieder personalisiert in Form der "Exekutoren", die um die Ressourcen wissen. Wahrscheinlich meist Du das, was man früher mit den "Herrschenden" bezeichnet hätte. Auch nicht glücklich. Wobei der Begriff Exekutor natürlich doppelt unpassend ist, weil alle Exekutoren im Sinne des Wortes sind.

(51.1.1) Re: Exekutieren = Ausführen, ja???, 28.12.2001, 13:48, Stefan Meretz: Nee, ich habe nicht personalisiert, ich meine gerade nicht das, was man früher mit "Herrschenden" bezeichnet hätte, denn es "herrscht" ein abstraktes Prinzip. Doch jedes abstrakte Prinzip muss "exekutiert" werden, damit es sich auch als Prinzip reproduzierenden kann. Aber richtig ist, dass wir alle Exekutoren sind. Weil das Prinzip abstrakt und gleichzeitig so real und wirkungsmächtig ist, gibt es keine einfache Lösung (und schon gar keine bloß individuelle). Deswegen spiele ich die verschiedenen Varianten, auf die die Leute so kommen, durch.

(52) Selbstentfaltung: Die unbeschränkte Entfaltung der eigenen Individualität, genau das zu tun, was ich wirklich tun will, ist nur außerhalb der Verwertungs-Maschine möglich. Nicht zufällig war es der informatische Bereich, in dem wertfreie Güter geschaffen wurden. Uns fällt es noch relativ leicht, das eigene Leben abzusichern. Wir werden gut bezahlt, finden schnell einen Job. Freie Software zu entwickeln, ist kein Muß, es ist ein Bedürfnis. Wir sind an Kooperation interessiert, und nicht an Verdrängung. Die Entwicklung Freier Software ist ein Beispiel für einen selbstorganisierten Raum jenseits der Verwertungsmaßstäbe. Nur dort ist Selbstentfaltung möglich.

(52.1) Mumpitz, 05.09.2001, 13:34, Ano Nym: Wenn Deine Software befreist, bleibt immer noch das Hardwaredilemma. Und was nützt die ein reiner PC, auf dem Du nicht das machen kannst, was Du willst. Wichtig ist die Verbreitung freier Software zu fördern und dazu ist jedes Vehikel recht. Offene Standards sind im Interesse aller Nicht-Monopolisten, Interessenallianzen zu suchen ist wichtig.

(52.1.1) Re: Mumpitz, 06.09.2001, 10:41, Stefan Meretz: Klar erkannt - die Hardware ist der nächste Schritt. Wenn du dran denkst, dass der nichtmaterielle "Wissensanteil" bei der Hardware stetig größer wird, dann liegt doch auf der Hand, dass Freie Software auch etwas mit der Befreiung der Hardware zu tun hat. Ich finde ja auch cool, das Freie Software überall einsickert. Aber dazu ist nicht jedes Vehikel sinnvoll: Du kannst dir auch schnell selbst das Wasser abgraben und das, was du eigentlich willst, knicken.

(52.2) unbeschränkte Entfaltung der eigenen Individualität, ... ist nur außerhalb der Verwertungs-Maschine möglich., 16.09.2002, 15:59, otto brand: Falsch! Geht an grundlegenden Erkenntnissen der Psychologie und Philosophie (u.a.) vorbei: indem der Mensch der Geldwirtschaft GELD erwerben muß, ist danach streben, "was - als 'Arbeit' - auch Spaß macht", sowohl (individuell) vernünftig wie es auch (zumindest teilweise) Selbstverwirklichung ist! Ob Wissenschafter, Künstler, Broker oder Unternehmer, die Hervorragend(st)en also, summarisch gesagt, arbeiten, ist - objektiv - die Frage. Subjektiv arbeiten sie nicht. Das nennt man dann "Leistungsgesellschaft".
Je "wohlhabender eine Gesellschaft" desto mehr solche 'entstehen' ... (s. 43.1). Soviel zum Auf- und Untergang von Gesellschaften. (s. o. "... auch Rom ...") als Anregung.

(53) Mit diesen Beispielen möchte ich für Nüchternheit, Klarheit und Offenheit plädieren – im Umgang mit anderen und sich selbst. Dazu gehört für mich auch, wieder über das gesellschaftliche Ganze zu sprechen, denn das sollten wir nicht den wirtschafts- oder bürgerrechtsliberalen Interpreten überlassen. Der Kapitalismus ist nichts dämonisches, man kann ihn verstehen und sein Handeln daran ausrichten. Dann hat Freie Software als wertfreie Software auch ein Chance.

(53.1) 05.09.2001, 13:39, Ano Nym: Nein, es geht um eine "maschine", die FREE Softwaremaschine, die wie eine Dampfwalze alles platt macht und wie die kapitalistische Walze läuft, ob mit oder ohne Theorie. Denn die Ähnlichkeit ist verblüffend. Linux ist eine nicht kapitalistische Marktwirtschaft. Das "Ganze" wird zum Ergebnis einer Praxis. Zur Teilnahme an den Softwareprojekten ist wie im Kapitalismus nicht ein Theoriestudium erforderlich, es geht nicht um ein "als ob", sondern um den praktischen Bau an einem System.

(53.1.1) 06.09.2001, 10:44, Stefan Meretz: Jau, das ist ja auch das Coole an Freier Software: Sie funktioniert ohne große Theorie. Aber ich will halt mehr als "nur" Freie Software. Und dazu muss dann ein paar Ecken weiterdenken. Das mache ich, und das ist dann Theorie. Schliesst sich ja nicht aus.

(53.1.1.1) Agit, 07.09.2001, 17:49, Clamor ??: Hmm, eines muss man den Kommunisten lassen, sie haben mit dem Begriff "imperialismus" schon frü die Globalisierung vorausgesagt.
Für mich ist wichtig, dass sich Freie Software durchsetzt, nicht, dass sie rein bleibt.
Dazu ist Propaganda für Freie software nötig, das schliesst automatisch die Idee Freier software mit ein. Das beste Argument für Freie Software ist immer noch sie selbst.

(53.1.1.1.1) Kommunisten?, 08.09.2001, 15:02, Bertrand Klimmek: Nur am Rande: Vielleicht sollte man sich doch mal daran erinnern, daß nicht "die Kommunisten" den Imperialismusbegriff erfunden haben, sondern daß er in der bürgerlichen Welt vor ziemlich genau 100 Jahren en vogue war, wie übrigens 30 Jahre später der Faschismus eine in bürgerlichen Kreisen als originelle "Lösung" der hausgemachten Probleme durch die italienische Avantgarde rezipiert worden ist. Es ist einigermaßen eklig, daß die Begriffe heute gerade von derjenigen politischen Coleur, die sie seinerzeit affirmativ aufgenommen hat, als Kampfbegriffe der Linken zu diskreditieren versucht werden. Man erinnere sich auch an die scheinheilige Verurteilung eines Auguste Pinochet, noch in den 70er Jahren als honoriger Staatsmann gehandelt, durch den heutigen Menschenrechtsmainstream.

5. Meta-Text

(54) 5.1. Versionen-Geschichte

5.2. Literatur

(55)

DiBona, C., Ockman, S., Stone, M. (1999), Open Sources: Voices from the Open Source Revolution, Sebastopol/CA: O’Reilly; online verfügbar unter http://www.oreilly.com/catalog/opensources/book/toc.html.

Fischbach, R. (1999), Frei und/oder offen? From Pentagon Source to Open Source and beyond, in: FIFF-Kommunikation 3/99, S. 21-26.

Glißmann, W. (1999), Die neue Selbständigkeit in der Arbeit und Mechanismen sozialer Ausgrenzung, in: Herkommer, S. (Hrsg., 1999), Soziale Ausgrenzungen. Gesichter des neuen Kapitalismus, Hamburg: VSA

Kurz, R. (1999), Schwarzbuch Kapitalismus: Ein Abgesang auf die Marktwirtschaft, Frankfurt/Main: Eichborn.

Lohoff, E. (1998), Zur Dialektik von Mangel und Überfluß, in: Krisis, Beiträge zur Kritik der Warengesellschaft 21/22, Bad Honnef: Horlemann.

Meretz, S. (1999a), Die doppelte algorithmische Revolution des Kapitalismus – oder: Von der Anarchie des Marktes zur selbstgeplanten Wirtschaft. Internet: http://www.kritische-informatik.de/algorev.htm.

Meretz, S. (1999b), Linux – Software-Guerilla oder mehr? Die Linux-Story als Beispiel für eine gesellschaftliche Alternative. In: FIFF-Kommunikation 3/99, S. 12-21. Internet: http://www.kritische-informatik.de/linuxsw.htm.

Meretz, S. (1999c), Produktivkraftentwicklung und Subjektivität. Vom eindimensionalen Menschen und unbeschränkt entfalteten Individualität, Internet: http://www.kritische-informatik.de/pksubj.htm.

O'Reilly & Associates Inc. (1999), Open Source, kurz und gut, Köln: O'Reilly.

Raymond, E. S. (1997), The Cathedral and the Bazaar, http://www.tuxedo.org/~esr/writings/homesteading/cathedral-bazaar/, deutsche Übersetzung: Die Kathedrale und der Basar, http://www.linux-magazin.de/ausgabe/1997/08/Basar/basar.html.

Raymond, E. S. (1998), Homesteading the Nooshpere, http://www.tuxedo.org/~esr/writings/homesteading/homesteading/, deutsche Übersetzung: http://www.phone-soft.com/raymondhomesteading/htn_g.0.html.

Raymond, E. S. (1999), The Magic Cauldron, http://www.tuxedo.org/~esr/writings/homesteading/magic-cauldron/, deutsche Übersetzung: Der verzauberte Kessel, http://www.phone-soft.com/raymondcauldron/cauldron.g.01.html.

Stallman, R.M. (1984), The GNU Manifesto, http://www.gnu.org/gnu/manifesto.html, deutsche Übersetzung: Das GNU-Manifest, http://www.gnu.de/mani-ger.html.

Stallman, R.M. (1994), Why Software Should Not Have Owners, http://www.gnu.org/philosophy/why-free.html.

Stallman, R.M. (1996), Selling Free Software, http://www.gnu.org/philosophy/selling.html.

Stallman, R. (1999), »Software muß frei sein!« Interview des Online-Magazins Telepolis, http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/2860/1.html.

5.3. Anmerkungen

(56) [1] Der »Proprietär« ist der »Eigentümer«, und »proprietär« als Adjektiv heißt so viel wie »einem Eigentümer gehörend«. Doch der Begriff wurde »rundgeschliffen« in Richtung auf »nicht offengelegte Schnittstellen und Datenformate«. Das sind jedoch nur einige Mittel (neben Knebel-Lizenzen, Patenten etc.), um die Exklusivität des Eigentums zu sichern - das alles nur, um künstlich Knappheit zu erzeugen bei einem Produkt, was reichlich vorhanden, weil leicht kopiertbar ist.

(57) [2] So werden auch die »Perversionen« des Kapitalismus erklärlich: Obwohl in vielen Bereichen genug Güter zur ausreichenden Versorgung der Menschheit da wäre, gibt es Armut. Nur wo Knappheit herrscht, ist Tauschwert realisierbar. Der Regulator ist das Geld – wo keines ist, herrscht Armut.

(58) [3] Solche Standards werden in informellen Dokumenten mit dem Titel Request for Comments (RFC) aufgeschrieben. Ihre hohe Verbindlichkeit resultiert aus ihrem offenen Charakter (etwa im Gegensatz zu einem Patent) und der breiten Konsensbildung.

(58.1) 27.01.2002, 02:09, Benja Fallenstein: Was meinst du mit 'informell'? 'Nur informierend' oder 'nicht formell'? Beides trifft IMHO nicht zu: RFCs genügen einer strengen Form, und sind keineswegs nur informierend, sondern bindend-- zumindest, wenn man sich "konform zum RFC XY" auf die Fahnen schreiben will (und bindender ist ja wohl auch kein anderer Standard). Und einen Standard mit einem Patent zu vergleichen, das ist Äpfel mit Birnen, oder wo liegen die Parallelen?

Mehr Sinn würde es wohl machen, die RFCs mit anderen Standardisierungsprozessen (z.B. ISO) zu vergleichen. Dann könntest du z.B. darauf eingehen, dass RFCs (auf dem hier interessanten Standards Track) nicht von einem Expertengremium in Rückkoppelung mit der Öffentlichkeit beschlossen werden, sondern einen mehrstufigen Prozess durchlaufen, in dem zunächst eine beliebige Gruppe einen Vorschlag ausarbeitet und der "Internet-Öffentlichkeit" vorstellt, was in der Veröffentlichung als RFC mündet; und in dem dann der RFC, wenn er von vielen Projekten tatsächlich genutzt wird, im Status steigt, bis er sich evtl. einmal "Internet Standard" nennen darf. (Siehe die Informationen auf http://www.rfc-editor.org/.)

(59) [4] Als Quelltext oder Sourcecode bezeichnet man den von Menschen les- und änderbaren Programmtext. Das maschinenausführbare Programm wird dagegen Binärcode genannt.

(60) [5] GNU ist ein rekursives Akronym und heißt GNU Is Not UNIX. Es drückt aus, daß das freie GNU-System funktional den proprietären Unix-Betriebssystemen entspricht, jedoch nicht wie diese proprietär, sondern frei ist.

(60.1) 27.01.2002, 02:11, Benja Fallenstein: Normalerweise wird's "GNU's Not Unix" geschrieben, das "Is" also nicht als eigenes Wort-- dann passt's von den Buchstaben nämlich besser ;-)

(Siehe gnu.org, auf der Seite ganz oben :) )

(61) [6] Um freie Software-Bibliotheken auch in nicht-freier Software benutzen zu können, wurde die GNU Library GPL geschaffen, die diese Vermischung erlaubt (z.B. die GNU C-Library). Mit Version 2.1 wurde sie umbenannt in GNU Lesser GPL, vgl. http://www.gnu.org/copyleft/lesser.html.

(62) [7] Tanenbaum, ein Professor aus Amsterdam, veröffentlichte bereits 1986 sein »Mini-UNIX«, genannt Minix, für Lehrverstaltungszwecke. Es konnte sich nie über den Hörsaal hinaus durchsetzen, da es einer restriktiven Lizenz unterlag und die Entwicklung nur von Tanenbaum selbst betrieben wurde. Dokumentiert z.B. in DiBona, C., Ockman, S., Stone, M. (1999) im Anhang A oder im Internet unter http://www.lh.umu.se/~bjorn/mhonarc-files/obsolete/.

(63) [8] Linus Torvalds in einem Interview mit der Tokyo Linux Users Group: »Linux unter die GPL zu nehmen, war das beste, was ich je getan habe.« (O'Reilly & Associates Inc. 1999, 35).

(64) [9] Ich verzichte auf eine differenzierte Darstellung der Einzelaspekte einer »korrekten« Wertformanalyse.

(65) [10] Jegliche Produktherstellung umfaßt einen algorithmisch-konstruktiven und einen operativ-materialisierenden Aspekt. Bei Software geht der Anteil des zweiten Aspekts gegen Null. Mehr zum Thema Algorithmus in Meretz (1999a).

(66) [11] Bill Gates hat QDOS für 50.000 Dollar gekauft unter dem Namen MS-DOS vermarktet, wodurch der Aufstieg von Microsoft begann.

(66.1) 27.01.2002, 01:29, Benja Fallenstein: Hast du dafür-- und v.a. dafür, dass dieses "QDOS" für "quick-and-dirty" OS stehen soll-- eigentlich irgendwelche Belege?

(66.1.1) QDOS, 01.02.2002, 16:19, Stefan Meretz: Vermutlich stand QDOS "eigentlich" mal für etwas anderes, doch in die Geschichte ist es unter dem genannten Namen eingegangen. Ein Beispiel: http://inventors.about.com/library/weekly/aa033099.htm

(67) [12] Nach dem 'Chaos Report' der Standish-Group (http://standishgroup.com/visitor/chaos.htm) werden nur ein Viertel aller Projekte erfolgreich abgeschlossen. Der Rest scheitert komplett oder wird mit Zeit- und Budgetüberziehungen von 200% zu Ende gebracht.

(67.1) Neuer Link, 01.04.2003, 18:43, Stefan Meretz: http://www.standishgroup.com/chaos/toc.php - vollständig nur noch gegen Knete erhältlich:-(

(68) [13] Es ist schon lustig, wenn »Freiheit« als ehemaliger Kampfbegriff des Kapitalismus gegen den »unfreien« Sozialismus nun zur Bedrohung im eigenen Hause wird. Anscheinend handelte es sich hierbei auch um zwei »verkrachte Geschwister« – mit letalem Ausgang für den einen.

(68.1) 27.01.2002, 02:14, Benja Fallenstein: "...für das eine" (Geschwister)

(68.2) Freiheit, 28.01.2002, 00:16, Birgit Niemann: Das scheint mir nicht verallgemeinerbar zu sein. Viel öfter sind Befreiung und Enteignung zwei Seiten derselben Medaille. Darauf weist bereits Marx mit seinem halbironischen Begriff vom "doppelt freien" Lohnarbeiter hin. Denn der Lohnarbeiter war befreit von persönlicher Unfreiheit und enteignet von Subsistenzmitteln. Auch gegenwärtig gibt es reichlich bedrohliche befreiende Prozesse. Das erleben gerade die Feministinnen, die unter dem von sozialen Zwang zur Reproduktion befreienden Slogan "mein Bauch gehört mir" den Paragraphen 218 bekämpft haben. Das Life-Science-Kapital greift diese Idee heute auf und sagt:"Selbstverständlich gehört dein Bauch dir, deshalb darfst auch nur du entscheiden, ob du mir deine Eizellen und deinen Embryo verkauftst. Kein Gesetz und keine soziale Gesellschaft soll dich daran hindern können". In welche Enteignung diese Befreiung einmal umschlagen kann hat Aldous Huxley bereits vor einem Menschenalter vorausgedacht.

(69) [14] Eine Diskussion der von ESR verwendeten ökonomischen Kategorien sowie seiner Spekulationen über die Motivation der Hacker (»Geschenkökonomie«) kann ich hier nicht vornehmen. Insbesondere die von ESR dargelegten ökonomischen Kategorien sind haarsträubend. So vertauscht er Gebrauchswert und (Tausch-)Wert sowie Wert und Preis nach Belieben. Das tut der Eloquenz seines Plädoyers für die Re-Integration Freier Software in die kybernetische Wert-Verwertungsmaschine keinen Abbruch. Zum Thema »Geschenkökonomie« vgl. Fischbach 1999.

(70) [15] Vgl. Jamie Zawinski, resignation and postmortem, http://www.jwz.org/gruntle/nomo.html.

(71) [16] Debian Social Contract (Gesellschaftsvertrag): http://www.debian.org/social_contract.

(72) [17] Natürlich wären auch Lockangebote auf Basis der GPL denkbar, doch die Öffentlichkeit würde solche Tricks schnell durchschauen, was dem Image des »Lockers« schaden würde. Da ist die Netscape-Lizenz NPL »ehrlicher«, die besagt, daß man den öffentlichen Code jederzeit wieder privatisieren könne.

(73) [18] Vgl. die Besprechungen in der ZEIT http://www.archiv.zeit.de/daten/pages/199951.p-kurz_.html (PRO) bzw. http://www.archiv.zeit.de/daten/pages//199951.p-kurz-contra_.html (CONTRA) oder bei Telepolis: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/5659/1.html.

(74) [19] Wer das schlicht »nicht glaubt«, dem empfehle ich direkt den Erfahrungsbericht der Betriebsräte von IBM-Düsseldorf als Lektüre (Glißmann 1999).


Valid HTML 4.01 Transitional