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Ums Mensch sein geht es... Bericht eines Seminars über Kritische Psychologie in Huetten
Maintainer: Annette Schlemm, Version 1, 13.03.2001
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv
(2) 25 TeilnehmerInnen lernten in der Vorstellungsrunde neben ihren Namen noch kennen, inwieweit jede/r der anderen im Leben bereits einmal "aus dem Rahmen gefallen" war. Nicht Beruf und Status, sondern solche Eigenheiten machten uns bekannt... (Moderation Carmen E.).
(2.1) Re: Soviel Interesse an Theorie gab es lange nicht mehr..., 15.03.2001, 20:00, Carmen Ehms: Nach dem Wochenende müsste die Formulierung des aus dem Rahmen Fallens eigentlich etwas anders lauten. Ungefähr so, dass ja niemand aus dem eigenen Rahmen fallen kann, sondern nur aus dem "Bilder"rahmen derjenigen, die sich ein festgefügtes Bild eines Menschen geschaffen haben. Und da gibt es dann tatsächlich teilweise verwunderte Reaktionen auf Ereignisse, die nicht in dieses forgeformte Bild passen.
(3) Bereits am Freitag abend ließen wir uns auf eine geballte Ladung Theorie ein, in der Stefan Meretz die von anderen "Psychologien" oder Gesellschaftstheorien grundsätzlich zu unterscheidende Methodik der Kritischen Psychologie erläuterte. Wie in dem zugrunde gelegten Werk von Klaus Holzkamp: "Grundlegung der Psychologie" hängt die jeweils verwendete Methode der Untersuchung vom Gegenstand selbst ab - dessen Bestimmung selbst eine der wichtigsten Inhalte der Theorie ist. Mit Hilfe vieler Poster erläuterte Stefan die Struktur des kritisch-psychologischen Herangehens.
(4) Im Menschen als Organismus und Gesellschaftswesen vereinen sich verschiedene Ebenen des Psychologischen. Diese wurden in ihrer Differenziertheit durch eine funktional-historisch Rekonstruktion der Psychophylogenese erläutert. Da es für den Bereich des Psychischen viele recht einseitige "Alltagsbegriffe" und auch in den üblichen Psychologieschulen nur definitorisch festgelegte "Vor-Begriffe" gibt (z.B. für "Emotionen", "Motivationen"...), konnte diesen nicht lediglich "andere Definitionen" gegenübergestellt werden, sondern die Art und Weise der Bestimmung von Kategorien mußte thematisiert werden.
(5) Am Samstag wurde diese historische und funktionale Kategorialanalyse weiter geführt. Auf Interesse stießen außerdem evolutionstheoretische Themen, Fragen der philosophischen Entwicklungstheorie und Dialektik, Einzelaspekte der Anthropogenese etc. Diese wurden jedoch tlw. zurückgestellt (auf einen "Parkplatz"), um die Begründungs- und Argumentationslogik bis hin zu den uns am meisten interessierenden Fragen der Mensch-Gesellschafts-Beziehung zu ermöglichen.
(6) Daß das Interesse bei so viel Theorie nicht allzusehr erlahmte, ist vor allem auf das gut durchdachte und souverän realisierte Vorgehen von Stefan Mz. zurückzuführen. Noch am Samstag abend wurde die Nach-Abendbrotzeit dazu genutzt, die restlichen begrifflichen und methodischen Grundlagen für das Verständnis der spezifisch menschlichen psychischen Leistungen und Möglichkeiten (zwei Formen von Handlungsfähigkeit...) zu verstehen (die vorgesehene Thematik: "Vergleich Kritische Psychologie - andere Psychologieschulen" wurde jeweils im Begründungszusammenhang mit erfaßt).
(6.1) Re: Spezifik des Menschlichen, 15.03.2001, 23:21, Uli Frömmer: Die Diskussion zu Handlungsfähigkeit bekam an unserem Wochenende so einen gewissen Anstrich von "mensch brauche nur zu wählen, ob mensch sich innerhalb der gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen (als politische Kategorie verstanden) fesseln wolle oder eben nicht" Das hieße jedoch,daß mensch sich diese Wahlsituation schon bewußt gemacht hat, die Handlungsvarianten erkannt hat und eine Motivation zum tatsächlichen Handeln vorläge. (Ich kann - ob meiner oberflächlichen Kenntnis von Holzkamps Grundlegung - nicht sagen, ob diese Vermischung schon bei ihm oder erst bei uns auftauchte.)
Im psychologischen Sinne ist hier jedoch eher nicht die Rede von etwa gegebenen kapitalistischen gesellschaftlichen Verhältnissen (was keine psychologische Kategorie darstellt) sondern vom konkreten Umeld des einzelnen Menschen (im Sinne von Gesamtheit der Bedingungen, unter denen er lebt). Mit Fokus auf die Entwicklung der Psyche des Menschen kann dann gesagt werden, daß mensch das Umfeld durch seine eigene Tätigkeit (theoretische und praktische) verändernd auch sich selbst verändert (durch seine eigene Tätigkeit seine Fähigkeiten entwickelt), also seine Handlungsfähigkeit erhöht und seine Möglichkeiten erweitert.
Selbst "Nichthandeln" in einem konkreten Umfeld ist wohl auch eine Veränderung desselben, denn mensch ist auch Teil desselben und das Umfeld (besonders das gesellschaftliche, also andere Menschen) befindet sich stets im Prozeß der Veränderung und nimmt durch eben dieses "Nichthandeln" eine andere Entwicklung als bei entsprechender aktiver Einwirkung. Mensch kann sich diese Situation bewußt machen (nach dem Reader vom Wochenende als "Möglichkeitsbeziehung" bei Holzkamp benannt),was schon wieder Handlung ist(nämlich geistige Tätigkeit) und erst jetzt ergibt sich tatsächlich eine Wahlsituation (Alternative: Handeln oder "Nichthandeln").
Mehr schreibe ich jetzt nicht, weil für mich trotz Wochenende der Begriffsapparat von Holzkamp noch sehr verworren ist und gegenseitiges Verstehen doch gleiche Begriffe voraussetzt aber ewige Erklärungsklammern beim Schreiben sehr aufhalten und beim Lesen nicht gerade angenehm sind.
(6.1.1) Re: Spezifik des Menschlichen, 20.03.2001, 18:13, Katharina Löwen: Ich habe die Handlungserweiterung -die zweite Möglichkeit- nicht nur als Handeln oder nicht handeln verstanden, sondern als eine Variante sich innerhalb des Vorhandenen zu bewegens -handeln, nicht handeln- oder etwas neues zu machen. Neu in dem Sinne das der Mensch Kultur schafft, seine Umwelt schafft und ich etwas grundsätzlich anderes machen kann. handeln-nicht handeln, sind reaktionsvarianten, die zweite Möglichkeit ist selber schaffen.
(6.1.1.1) Re: Spezifik des Menschlichen, 21.03.2001, 23:50, Uli Frömmer: Was ist Kultur?,Ist Dein Begriff "Umwelt" von meinem "Umfeld" verschieden? Was heißt grundsätzlich anderes? Handeln im psychologischen Sinne verstehe ich als einen Vorgang, der von bestimmten Motiven ausgeht und auf ein bestimmtes Ziel gerichtet ist, der die Bedingungen berücksichtigt, unter denen das Ziel erreicht wird , d.h. der Mensch als Teil der Welt tritt bewußt umgestaltend/verändernd (und damit Neues schaffend) auf und damit spezifisch menschlich. Es setzt somit schon Wahrnehmung, Antizipation durch Denken und Gedächtnis voraus.
(6.1.1.1.1) Re: Spezifik des Menschlichen, 22.03.2001, 16:33, heiner benking: ich sehe Ihr spielt mit Worten, also wie wär es wenn wir Deutschen ORTnung anstatt ORDnung sagen würden? Wir haben da ein riesenproblem, aber wenn wir für Dinge und Themen einen Platz definieren würden dann könnte es mehr zum mit und inter und trans kommen, was meint Ihr? Wie solch eine "Platz" rämlich definiert sein könnte ist kanz einfach: http://benking.de/powerpoint/cognitive-panorama-region-and-matrix.html schaut mal auf: http://www.benking.de/show-schau.htm wenn Ihr Lust habt. Wohlgemerkt dies ist der Einzige "platz" es gibt viele Plätze wie ANNETTE in ERKENNTNIS: http://www.thur.de/philo/erkenntnis.htm oder klarer noch in Ihren GRAFIKEN der unteschiedlichen Sichten und Positionen gezeigt hat. Wenn wir uns also bewußt unserem Umfeld oder unserem Umfeld nähern, auch in die anderen "Welten" eintauchen, dann kann es helfen wenn wir uns KONKRET über die Situationen, Perspektiven, Positionen,... Unterhalten können, ausgedehnt räumlich nicht post-modern verschwommen und zerissen... Was ich meine? Sorry - vielleicht hilft das weiter: http://www.thur.de/philo/Benking/lernen.html http://www.thur.de/philo/Benking/verweigerung.html http://www.ceptualinstitute.com/uiu_plus/isss98/house-of-eyes.htm http://ciiiweb.ijs.si/dialogues/r-benking.htm Cheers, heiner
(7) Da auch (mindestens) ein Teilnehmer sich explizit für den Zusammenhang des so erfaßten Menschenbildes mit dem Konzept der Freien Kooperationen (nach Christoph Spehr) interessierte, stellte Annette S. am Sonntag vormittag die Verbindungen zwischen den handlungsorientierenden Aussagen der Kritischen Psychologie und dem unabhängig davon entstandenen Spehrschen Konzept vor. Dann aber gab es kein Halten mehr - es gab großen Bedarf zur Diskussion. Dazu teilten wir uns in drei Gruppen, in denen verschiedene Aspekte dessen, was sich aus dem neuen Wissen für unsere individuelle und politische Beziehung zur Welt ergibt, diskutiert wurden. Leider war die Zeit dafür viel zu kurz - weshalb wir planen, diese Diskussionen im Rahmen eines Open-Theory-Projekts (www.opentheory.org) weiter zu führen.
(8) In der Abschlußrunde (moderiert von Petra E.) fielen weitestgehend positive Einschätzungen. Trotz geringer Zeitreserven blieb auch dem persönlichen Kennenlernen, der Erfahrung mit seiner bisher in der Umgebung recht abweichenden Meinung "nicht allein zu sein" genügend Platz. Auch die am Anfang vorgestellten Gesprächsprinzipien - abgeleitet von Sokratischen Gesprächen - trafen auf große Resonanz.
(9) Auch die Kids stellten am Ende des Seminars beeindruckende Bilder vor, die sie nach einem Tag Rumtoben und Spielen gestaltet haben (vielen Dank, Kerstin und Ulrike, für die Betreuung).
(10) Wir gingen mit dem Vorhaben auseinander, über eine OpenTheory-Mailingliste und Open-Theory-Texte weiter an der Thematik zu arbeiten und eine Buchveröffentlichung zum Thema >"Ums Mensch sein geht es..." - aus kritisch-psychologischer Sicht< zu erarbeiten (die Zukunftswerkstatt hat eine kleine Tradition in der Erarbeitung eigener Schriften).
(10.1) Re: Wie geht es /könnte es / weiter gehen, 22.03.2001, 16:10, heiner benking: nicht nur die Zukunftswerkstatt auch die Bohm Dialoge oder was wir dann Schule der Ignoranz? nennen. Es geht dabei ums zuhören und fliesen lassen. Sharing - Caring - Daring. Dies nicht nur wie bei den SynCon's konstruktiv, sondern völlig frei, ein Überraschungen (magic round-table) möglich machen. Wenn Ihr dem Menschen Raum und Stimme gebt, wie wir es "as if VOICES matter" genannt haben: http://www.newciv.org/cob/members/benking/voicetxt.html http://www.ceptualinstitute.com/genre/benking/dialogue-culture.htm kann es sehr spannend werden, denn wir fallen nicht aus dem Rahmen heraus - sondern wir defiieren, erweitern und überspringen ihn GEMEINSAM. Annette hat schon die Grafiken eingebaut - worum es geht ist das tun, gemeinsam Stimme schenken und loslegen... heiner - http://www.open-forum.de/Gespraechskultur.htm
(11) Zu den Fragen, die wir weiter diskutieren wollen