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Diskussion der 'Grundlinien der Überarbeitung und Neufassung des Parteiprogramms der PDS'
Maintainer: Hans-Gert Gräbe, Version 1, 23.03.2001
Projekt-Typ:
Status: Archiv
(1.1) Positives vorweg, 30.03.2001, 12:04, Stefan Meretz: Damit das nochmal alle im Web lesen können, stelle ich hier meine positiven Bemerkungen ein, die ich bereits über die Mailingliste schickte: Mit den "Grundlinien" ist was Neues passiert: Der Leitbegriff der Demokratie wurde durch den Leitbegriff der Freiheit ausgetauscht - wie die KritikerInnen schreiben: "Der demokratische Sozialismus soll wohl durch libertären Sozialismus ersetzt werden." Das halte ich für einen sehr guten Ansatzpunkt!! Um Demokratie kann man nicht streiten, das ist ein grottenbürgerlicher Begriff ohne emanzipatorisches Potenzial. Es ist halt die Art und Weise der Widerspruchsaustragung im warenproduzierenden System (damit kein Missverständnis aufkommt: mir ist diese Form lieber als "undemokratische" - aber es hat nichts mit Emanzipation, Freiheit zu tun, da spinnt der Autor sich was zusammen in den Grundlinien). Der Freiheitsbegriff ist offener, es ist ein wieder offen gemachtes Kampffeld (nach der Okkupation durch den Westen im Kalten Krieg). Mit dem Freiheitbegriff kann man IMHO auch an die "porentiefe Durchdringung" von allem und jedem gehen. Da ist viel möglich - wovon allerdings in den Grundlinien wieder nix steht. Auch der Freiheitsbegriff ist bürgerlich konotiert (Freiheit der Arbeitskraftbesitzers, Warenproduzenten etc.), aber nicht darauf festgelegt. Er kann radikalisiert werden.
(1.2) Replik und nochmal: Positives, 30.03.2001, 12:22, Stefan Meretz: Auf meine positiven Bemerkungen, die ich jetzt hier als Absatz 1.1 einstellte, antwortete Uli (da offene Liste, erlaube ich mir das gekürzt zu zitieren):
»Erstens durchzieht dieser "grottenbürgerliche Begriff" und die dazugehörigen Varianten von "Würde" und "Gerechtigkeit" usw. und was damit ausgedrückt werden soll, den Text "porentief" und zweitens glaube ich daß seine scheinbare Aufhebung durch die offensichtlich an Spehr angelehnte "Freiheit" und "Gleichheit" diese "Grottenbürgerlichkeit" noch keineswegs verläßt.«
Meine Antwort war:
Wichtige Klärung: Meinen Freiheitsbegriff habe ich nicht von Spehr, aber ich finde Spehr deswegen so interessant, weil "Freiheit" auch dort ein Leitbegriff ist. Mein Freiheitsbegriff ist radikaler. Ich bin bei Spehr nicht euphorisch, sehe aber gute Ansätze, vor allem auf der individuellen und kollektiven Handlungsebene. Dazu sagen die meisten nämlich gar nichts.
Uli:
»Um es mal provokant und die Euphorie über Spehr nicht teilend zu sagen: Das Emanzipatorische liegt für mich letztlich auch in der Aufhebung und Überwindung von dem, was als vermeintlich "demokratie-überschreitend" und "menschen-befreiend" mit Freiheit und Gleichheit gefaßt werden soll. So sympathisch mir das tabubrechende, anarchisch-individualistische, rebellische an "freier und gleicher als andere" auf den ersten Blick auch ist und den Dunst "alienischer Zumutungen" wegreißen hilft, konfrontiert mit und auf dem Boden des menschlichen sprich gesellschaftlichen Lebens und Zusammenhangs scheitert das hehre Ziel von "Freiheit" und "Gleichheit an einer schnöden und auch noch völlig illusorischen monetären Grundsicherung.«
Antwort:
Aber was es doch genau bringt, ist diese Konfrontation. Es doch für viele darum, überhaupt wieder mal wahrzunehmen, wie sich die "porentiefe Durchdringung" der gesamten Gesellschaft mit den Zumutungen ausbreitet. Und so etwas kannst Du überhaupt nur wahrnehmen, wenn du es nicht für naturgegeben, sondern "gemacht" hältst. Dass das "Gemachte" Resultat eines blinden Prozesses ist, macht es ja gerade so schwierig, es nicht als "Natur" anzusehen. Diese Wahrnehmung geht _nur_ vom fiktiven gedachten Standort einer wenigstens ansatzweise anderen Art von "Freiheit" - als der Freiheit, die porentiefe Scheisse im eigenen Handeln permanent zu reproduzieren. Darin sehe ich den Kick von Spehr und Co.
Uli:
»Mit Stefan bin ich ansonsten d'accord, nur der Freiheitsbegriff scheint mir nicht so unschuldig und radikalisierbar, auch wenn ich meine heimlichen Sympathien für "free software", an der mir aber schon immer vor allem gefiel, "daß sie nichts wert ist", nicht verhehlen will.«
Antwort:
Unschuldig ist der Freiheitsbegriff nicht. Aber radikalisierbar. "Freiheit" bedeutet immer "Freiheit von", denn eine "absolute" ist wohl semantischer Unsinn. So gefaßt ist "Freiheit von" gleichbedeutend mit "Emanzipation", von der es genausowenig eine "absolute" gibt. Also geht es darum, sich klar zu machen, wovon ich mich befreien will, indem wir uns befreien. Dabei geht es nicht mehr um solche Peanutsdinge wie "freie Meinung", sondern in der Tat um die Befreiung von abstrakten, externen Sachzwängen. Damit automatisch um die Unterscheidung von "Naturbedingungen" und "gemachten", also abschaffbaren Bedingungen. Dazu gehört die Vergesellschaftung über den Wert wir die abertausenden von abgeleiteten, verselbstständigten sozialen Strukturen (Fetische, wenn Du willst), die wir reproduzieren und gleichzeitig unter ihnen leiden. Mir ist nun wichtig, die abgeleiteten "Perversionen" (Begriff von Hans-Gert) nicht als bloss sekundär zu erklären nach dem Motto: Erst muss der Wert weg und dann sehen wir weiter. Nein, alle "Perversionen" müssen abgeschafft werden, sie sind deswegen Zugänge zu einer "letztlich" gesamtgesellschaftlichen Aufhebung der erniedrigenden Verhältnisse. Es geht um sehr konkrete "Befreiungen", es geht um jede und jeden von uns und um die Erkenntnis, dass meine Freiheit die Freiheit der anderen zur Voraussetzung hat. Kurz gesagt. Da setzen Spehr und Co an, hören leider viel zu früh auf. Na, vielleicht spinne ich mir einen zurecht, aber ein radikalisierter Freiheitsbegriff in der PDS-Debatte könnte ja vielleicht den einen oder anderen Lichtgedanken bringen.
Dazu wäre mehr zu sagen. Ein paar Dinge zum Verhältnis von Allgemein- und Partialinteressen findet ihr unter http://www.opentheory.org/ind-u-org bzw. bei Klaus Holzkamps Aufsatz "Individuum und Organisation" http://www.kritische-psychologie.de/kh1980a.htm von 1980 (also noch in anderer Denke...).
(1.2.1) Re: Replik und nochmal: Positives, 30.03.2001, 21:44, Ulrich Leicht: Meine Wortmeldung, die Stefan hier ins Spiel bringt, war spontan und kurz, sicher in der Eile sogar verkürzt. Und offensichtlich auch unverständlich Denn mit dem Teil, auf den es mir am meisten ankam, konnte Stefan wohl wegen meiner unbeholfenen Formulierung ohnehin nichts anfangen. Ich versuche dieses noch einmal mit anderen Worten. '#' Grundsätzlich gilt es für mich zu unterscheiden, wenn man sich auf das Gebiet der Analyse oder theoretischer Erörterungen einläßt, zwischen der dann durchaus auch scharfen Differenzierung und Abgenzung gegenüber anderen Positionen, die aber nicht in einer Ausschließung und Verächtlichmachung enden darf, und der möglichen Annäherung in praktischen Bewegungsschritten, im Einschließen und solidarischen Miteinander auch als Streitende (alles andere ist für Suchbewegungen tödlich und führt in's Sektiererische). '#' Natürlich respektiere ich jedes Engagement von Parteien und noch mehr von Menschen in Parteien, zumal wenn sie sich für eine andere, nachkapitalistische Gesellschaft engagieren. Und jede Debatte um Wege dahin ist sicher eine Bereicherung. Und wenn schon für systemkritische Kräfte die rot-grüne politische Formation keine Alternative oder Option war, dann vielleicht eher die PDS. Denn da wir uns nicht von einem Moment zum anderen ins Paradies der "Freiheit und Gleichheit" begeben können, machen ja auch politische Erwägungen und das suchen nach Politikfähigkeit in der Art: linke Partei, palamentarisches Standbein und Sprachrohr usw. für viele Menschen einen Sinn. Für mich seit schon fast zwanzig Jahre nicht mehr oder immer weniger. Klassische alte Kampforganisationen wie Gewerkschaften und sozialdemokratische und zu Parteiformen erstarrte Bewegungsreste aller Couleuer werden zunehmend sogar zum Hindernis systemkritischen und -überwindenden Engagements. Die jüngsten Entwicklungen - parteiförmige Erstarrung einer ökologischen Basisbewegung zu oliv-grüner Systemerhaltungs- und Anpassungsformation, aber auch eine offenere Sozialdemokratisierung der PDS mit allen Folgen, mit Nuancen von Deutschtümelei und auch etwas bornierter Ost-Anwalts-Mentalität - bestärken mich eher in dieser Haltung. '#' Ich glaube, daß für einen systemsprengenden Emanzipationsansatz die politische Partei (ohnenhin ein typisch bürgerliches Geschöpf) auch linkester Variante heute im Prinzip ausgedient hat und auch aufgehoben werden müßte. Nicht zuletzt deshalb, weil die Bedeutung von Klassenunterschieden und ihren -prägungen objektiv und auch im Bewußtsein und Verhalten der Menschen abnimmt und keine entscheidende Rolle mehr als Kriterium für Träger von sozialen Bewegungen und Suchen nach Bündnispartnern und Mitstreitern für eine antikapitalistische Alternative ist. Die Widersinnigkeiten, Zumutungen und Verbrechen des warenproduzierenden kapitalistischen Systems an Mensch und Natur können prinzipilell in allen gesellschaftlichen Gruppen, Klassen und Schichten Nachdenken, Auflehnung, Widerstand hervorrufen. Entscheidend scheint mir das Bewußtmachen und sich Bewußtwerden der den menschlichen Bedürfnissen, dem menschlichen sprich gesellschaftlichen Leben und Überleben, unangemessenen irrsinnigen Wegs der herrschenden (Re)Produktionsweise. Dies kann und wird sicher nicht klassenspezifisch, sondern klassenübergreifend, ja klassenlos, wie die anzustrebende für mich kommunistisch zu bezeichnende Gesellschaft sein. Für mich wäre zumindest wichtig für eine antikapitalistische Partei, in wieweit für sie weniger politische sondern gesamtgesellschaft-lebensweltliche Ansätze im Mittelpunkt stehen und inwieweit sie auf ihre eigene perspektivische Selbstaufhebung und in den Auseinandersetzungen heute schon auf Parteigrenzen und -erfordernisse überwindendes Engagement und Bewegung orientiert. Wenn dies eine Leitidee (ein gerade heute unglücklicher Begriff und so wenig unschuldig wie der "Kalte-Kriegs-geprägte" von "freedom" und "democracy") für eine Partei sein könnte, wäre es in der Tat etwas neues, und stände auch nicht in der Tradition der sozialistischen und kommunistischen Arbeiterbewegung, die immer festigte und adelte, was eigentlich abgeschafft gehörte: Staat und Arbeit usw.
(1.3) Allgemeines, 02.04.2001, 11:58, Robert Scholz: Es mag ja sein, dass die Tatsache PDS-Mitglied zu sein und auf die Verbindlichkeit von Beschlusslagen zu sein, meine Sichtweise bestimmt. In diesem Grundlinien wird nicht einer der Schwerpunkte des Münsteraner Beschlusses abgearbeitet. Die Autoren setzen sich darüber hinweg. Das Ergebnis eines grottenschlechten Papieres vermag denn auch nicht zu überzeugen. Dass die PDS neueredings ihr Bekenntnis zur Freiheit und Demokratie so in den Vordergrund stellt, dafür hätte es dieses Papiers nicht bedurft. Die verabredeten Zuarbeiten der Länder wurden nicht abgewartet. Zeitgewinn ist wichtiger als Gehalt. Ursprünglich sollte dieses Papier erst Ende April vorliegen. Da hätte die realistische Möglichkeit bestanden, in sicherlich mühevoller Arbeit die Schnittstellen zwischen den Ausarbeitungen zu den Länder zu einem neuen, handhabbaren Problemkatalog zusammen zu fassen. Aber die "Dichter der Moderne" lassen sich durch Beschlusslagen nicht aufhalten. Und die Parteivorsitzende sitzt sich unter einem enormen Druck. Dies Papier ist eigentlich nicht diskussionsfähig. Sein Zustandekommen ist undemokratisch. Die Partei, d.h. die Basis wird sich zu wehren wissen. Meine Prognose: ein neues Münster ante portas!
Seitdem vor fast 5 Jahren durch den damaligen Parteivorsitzenden Lothar Bisky auf die Notwendigkeit der Überarbeitung des geltenden Programms hingewiesen wurde, entstanden im Ergebnis einer mehrjährigen Diskussion umfangreiche Analysen des gegenwärtigen Kapitalismus und eine Fülle programmatischer Ausarbeitungen.
(3) Zwar wurde von einzelnen gearbeitet, in der Partei insgesamt aber zu wenig diskutiert. Programmatische Positionen aber leben in einer Partei nicht dadurch, dass sie aufgeschrieben werden, sondern dass sie mehrheitlich und vor allem von den AktivistInnen diskutiert, verstanden, in der politischen Arbeit benutzt und in der Gesellschaft verbreitet werden. Doch darin liegen bis zum heutigen Tag Defizite.
(4) Trotz der Fülle an Ausarbeitungen sind tiefgreifende Umbrüche in Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft und Politik, die in den 90er Jahren offen zu Tage traten, programmatisch nicht hinreichend reflektiert und verarbeitet. In der Überarbeitung des geltenden Programms muss dies geleistet werden.
(5) Das betrifft u. a. die organische Beziehung von demokratischem Sozialismus und individueller Persönlichkeitsentwicklung und von demokratischem Sozialismus und Nachhaltigkeit.
(6) Das betrifft das Verhältnis von Neoliberalismus und Dritten Wegen der Sozialdemokratie,
(7) den Versuch, verschiedene Positionen zur Eigentumsfrage schlüssig zusammenzuführen,
(8) die informationstechnologischen Umwälzungen, die Entwicklungen, die in der öffentlichen Diskussion als Wissensgesellschaft bezeichnet werden
(9) und ein zukunftsfähiges Bildungskonzept.
(10) Das betrifft das Verhältnis von Erwerbs- und Nichterwerbsarbeit im Zusammenhang mit einer möglichen bedarfsorientierten Grundsicherung.
(11) Programmatischer Verarbeitung harren aber auch wichtige politische Erfahrungen und Kompetenzgewinne der PDS sowie tiefgreifende Wandlungen ihres politischen Platzes. Das betrifft besonders ihre wachsende Akzeptanz und Verankerung in der Gesellschaft und die Übernahme politischer Verantwortung in unterschiedlicher Gestalt.
Im Jahr 2000 wurden an den Thesen der ProgrammKommission und an einem Minderheitenvotum dazu weitgehende Differenzen sichtbar. Das warf die Frage auf, durch welche Entwicklung des Programms dem Charakter der PDS als einer sozialistisch-demokratischen Oppositionspartei mit kapitalismuskritischem Anspruch und als Reformkraft überzeugend Ausdruck verliehen und wie ihr eine langfristige Orientierung gegeben werden kann. Die Überarbeitung des Parteiprogramms muss davon ausgehen, dass nicht weniger, sondern mehr sozialistische Politik in Deutschland dringend gebraucht wird.
Weil wir weiterhin davon ausgehen, dass die Hauptursachen für die globalen Gefahren und für die soziale Polarisierung selbst in den reichsten Ländern die kapitalistische Produktions-, Verteilungs- und Konsumtionsweise in den Herrschaftszentren der Weltwirtschaft sowie die Herrschaft des Patriarchats sind, muss die Überarbeitung des Parteiprogramms davon ausgehen, dass der Herrschaft des Kapitals, die Entwicklung des Nordens zulasten des Südens, patriarchale Herrschaft, der Vorgriff in der Gegenwart auf die Lebensbedingungen künftiger Generationen und jede Ungleichbehandlung von "Anderen" überwunden werden müssen.
(14) In diesem Kampf wissen wir die kapitalistische ökonomische Grundstruktur bürgerlicher Gesellschaften und zivilisatorischen Errungenschaften wie wichtige demokratische Grundrechte, parzielle Anerkennung des Sozialstaatsprinzips, zivilgesellschaftliche Entwicklungen und das öffentliche Bildungs- und Gesundheitswesen zu unterscheiden.
(15) Letztere wollen wir aus ihren Begrenzungen durch die Dominanz der profitbestimmten Wirtschaft über die Gesellschaft herauslösen und in neuer Weise entfalten.
(15.1) Wirtschaft vs. Gesellschaft?, 30.03.2001, 11:17, Stefan Meretz: Diesen schlichten Satz halte ich für das Grundmissverständnis der "Grundlinien" für zentral. Offensichtlich existieren zwei gegensätzliche Sphären: die Wirtschaft und die Gesellschaft. Die Wirtschaft ist profitbestimmt, die Gesellschaft scheint nach einer anderen Logik zu funktionieren, denn die Wirtschaft dominiert über die Gesellschaft. Diese Betrachtung scheint mir grundfalsch. Richtiger scheint mir: Die Produktion und Reproduktion des gesellschaftlichen Lebens erfolgt vermittels i.w.S. "wirtschaftlicher Aktivitäten". Die "Wirtschaft" bzw. ihre Gesetze bestimmen die Form, vermittels derer sich die "Gesellschaft" reproduziert. Es handelt sich also nicht um Entitäten, "Dinge", sondern Prozesse. "Wirtschaft" ist also ein gesellschaftlicher Prozess. Aber nicht bloß "irgendeiner", sondern der Entscheidende, da hier die Reproduktionsgüter herkommen. Von hieraus wird "Gesellschaft" überhaupt, oder besser: die Vergesellschaftung, strukturiert. Die Wirtschaft als "profitbestimmt" zu kennzeichnen, ist unzureichend. Sie ist vor allem "verwertungsbestimmt", d.h. ihre Logik besteht darin, aus Wert wieder Wert, möglichst Mehr-Wert zu machen. "Profit" ist nicht falsch, aber neigt als Begriff zur Unterstellung einer personalen "Verantwortung". Er verdeckt den systemischen, selbstreproduktiven Charakter der "Verwertung von Wert", und das ist prozesslogisch gesehen eine ganz-und-gar unpersonale Angelegenheit. - Daraus folgt: Nicht das Eine dominiert über das Andere, sondern Wirtschaft ist Gesellschaft, weswegen da auch nichts herauslösbar ist. Zivilisatorische "Errungenschaften" sind Teil der gesellschaftlichen Vermittlungsformen der Wertverwertung und keinesfalls irgendwie "abtrennbar". Mit dem Zerfall der Wertverwertung werden auch sie wieder zerfallen, und das tun sie ja gerade auch.
(15.2) Profit oder Verwertung, Wirtschaft oder politische Ökonomie?, 30.03.2001, 15:02, Ulrich Leicht: Wenn wir genau sein wollen, und dies wäre für ein Programm des "Antikapitalismus" angemessen, hat der Begriff "Profit" so wie der der "Ausbeutung" (den Marx oftmals auch treffender durch "Vernutzung" ersetzte) nicht nur einen moralisierenden und personalisierenden touch, sondern ist auch im Sinne der Kritik der politischen Ökonomie keine Basiskategorie sondern eine abgeleitete Erscheinung der "kapitalistischen ökonomischen Grundstruktur" (14). Das dominierende Prinzip einer warenproduzierenden Gesellschaft hat Stefan (15.1.) schon hervorgeheben - den Reproduktionskreislauf von Verwertung um ihrer selbst willen. Dies ist auch mehr als ein die "Wirtschaft" sondern das ganze gesellschaftliche Leben im Kapitalismus bestimmendes Prinzip. Demokratische Grundrechte, Sozialstaatsprinzip, Bereitstellung notwendiger Infrastruktur usw. sind für eine ausgereifte, "blühende" kapitalistische Warengesellschaft gleichermaßen Voraussetzung wie Wesensmerkmal. In der heute mehr denn je zu beobachtenden (Verwertungs)Krise geraten auch diese in Not. Sicher sind wir uns einig, daß auch ein antikapitalistisches Programm nicht für etwas eintritt, das hinter die sehr zwiespältigen und meist nur fomellen "Errungenschaften" der "kapitalistische Zivilisation" zurückfällt. Aber Aufheben auf einer höheren Stufe menschlichen und gesellschaftlichen Lebens und Reproduzierens jenseits abstrakter Mechanismen müßte es schon sein - und dies wäre sicher auch mehr als nur "zivilisatorische Errungenschaften" zur Dominanz bringen zu wollen, wie es hier heißt.
Es bedarf im Gegensatz zu den Erwartungen vieler politischer Gegner, die auf die Aufgabe der sozialistischen Positionen durch die PDS und damit auf ihren langfristigen Selbstmord drängen, eines Entwurfs, der darauf abzielt, Sozialismus in der Tradition der Kämpfe der ausgebeuteten und unterdrückten Klassen und Schichten in den letzten 200 Jahren, besonders der Arbeiterbewegung, als emanzipatorisches Projekt zu begründen.
(16.1) Sozialismus ist ein emanzipatorisches Projekt, 26.03.2001, 19:12, Rolf Köhne: Dieser Ansatz ist sehr gut! Hoffentlich spiegelt sich das dann auch im Programmentwurf gebührend wieder.
(16.2) Welcher Tradition?, 02.04.2001, 10:29, Robert Scholz: Von einer Reihe, zu benennender Traditionen muss sich die PDS lösen. Die Arbeiterbewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts hat sich aus gutem Grunde an den Strukturen des kapitalistischen Großbetriebes seiner Zeit orientiert. Die Gewerkschaften und auch die Zerfallsprodukte der Krise der II. Internationale, Sozialdemokratie und Kommunistische Parteien, sind bis heute durch diese Geburtsmale ihres emanzipatorisch gemeinten Projektes vom Ausgang des 19. Jahrhunderts gezeichnet. Hier liegt für alle politischen Akteure eine Herausforderung. Sie adäquat zu beschreiben, gelingt nur, wenn der (neutral gesprochen) soziale Wandel, der mit dem ökonomischen Wandel einhergeht so dargestellt werden kann, dass die neuen Akteursgruppen identifiziert werden können. Auch in der Geschichte der Arbeiterbewegung waren es immer wieder Teile der Arbeiterklasse, die zentral für die Politikfähigkeit der Arbeiterbewegung entscheidend waren. Um Missverständnissen vorzubeugen: es geht hier nicht um eine neuerliche Avantgardetheorie! Vielmehr hat es immer wieder Gruppen und Branchen innerhalb der Arbeiterklasse gegeben, die zeitweise politikfähige Akteure der Kämpfe um mehr soziale Rechte waren. Von welcher Tradition auszugehen ist, ist deshalb eine Frage, die ohne die Bewertung der Konzepte des politischen Kampfes in den verschiedenen Traditionen der Arbeiterbewegung aus heutiger Sicht nicht beantwortet werden kann. Und ebensowenig, ohne zu sagen, wer heute eine vergleichbare Aktionsfähigkeit hat und zwar auf der Grundlage sowohl ihrer Situation und Position im kapitalistischen Wertschöpfungsprozess als auch ihrer Wünsche und Bedürfnisse hinsichtlich eines guten Lebens. Daraus kann sich eine neue Sicht auf die Traditionen der Arbeiterbewegung ergeben und nicht nur eine letztlich inhaltslose Verbeugung vor allem und jeden. Bei der Anlage der Grundlinien bleibt (ich spekuliere mal) nur der positive Bezug auf die ebenfalls als emanzipatorisches Projekt gemeinte, aber heute gescheiterte Sozialdemokratie übrig.
(17) Ausgangspunkt sollte das von Marx und Engels formulierte Ziel einer "Assoziation" sein, "worin die freie Entwicklung eines jeden zur Bedingung der freien Entwicklung aller" wird.
(17.1) freie Assoziation der Produzenten, 26.03.2001, 19:54, Rolf Köhne: An dieser Stelle sollte man darauf drängen, daß Marx vor allem auch eine Assotiation der Produzenten im Auge hatte: " Stellen wir uns (..) einen Verein freier Menschen vor, die mit gemeinschaftlichen Produktionsmitteln arbeiten und ihre vielen individuellen Arbeitskräfte selbstbewußt als eine gesellschaftliche Arbeitskraft verausgaben. '#'Bislang erschien diese Marx´sche Vorstellung (Kapital, Bd.I S.84)als Utopie, weil der notwendige Koordinationsaufwand zu hoch erschien. Wenn mich nicht alles täuscht, bringt aber der moderne Kapitalismus in seiner Gier die materiell-technischen Vorrausetzungen für eine Ökonomie jenseits von Lohnarbeit, Kapital, Markt und Warenproduktion hervor.
(18) Es wird deutlich zu machen sein, dass solche Perspektive die Überwindung der gegenwärtigen vorherrschenden, von hochgradiger Kapitalkonzentration und einem wachsenden Gewicht international operierender Großbanken, Finanzfonds und transnationaler Konzerne gekennzeichneten Eigentums- und Machtverhältnisse erfordert,
(18.1) Versteckte Moderne, 02.04.2001, 10:39, Robert Scholz: Es geht nämlich nicht nur um das globalisierte Finanzkapital, das heute die Profitmargen setzt, denen sich alle wirtschaftlichen und politischen Akteure zu unterwerfen haben. Und es geht um neue, aktuell emanzipatorisch wirkende Vernutzungsmöglichkeiten von Menschen und Ressourcen für die Befriedigung der Bedürfnisse der Gesellschaft als ganzes. Da stören u.U. auch die kleinen und mittleren Betriebe in ihrer Art am Markt zu agieren.
(19) dass es aber kurz- und mittelfristig auf dem voraussichtlich langen Weg zu einer gerechten Gesellschaft sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit um viele Teilschritte der Annäherung an eine solche Gesellschaft geht.
Der Entwurf eines veränderten Parteiprogramms soll Identität stiften.
(20.1) Welche Identität?, 02.04.2001, 10:52, Robert Scholz: Klar ist: die Sozialistinnen und Sozialisten in der PDS sollen sich wiedererkennen und mit dem neuen Programm leben können. Was aber ist mit den Linken und den gutwillig Interessierten anderer politischer Ausrichtung außerhalb der PDS? Für diese muss die PDS identifizierbar sein. Die Grenzlinie zur SPD und den Grünen muss klar gezogen werden, ohne diese zu verteufeln. Dafür bedarf es der klaren Verpflichtung zur Demokratisierung von Staat und Gesellschaft als Weg und Ziel. Die Verwirklichung der sozialen Menschenrechte aber sind als Grundlage und Ziel zugleich ebenso unverzichtbar. Hier liegt die besondere Identität der PDS innerhalb der Linken. Und dies muss mit emanzipatorischen Projekten in der Politik der PDS verdeutlicht werden. Das Programm muss dafür den allgemeinen Rahmen hergeben.
(21) Er soll die PDS als demokratisch-sozialistische Partei, als Partei der Gerechtigkeit, als kapitalismuskritische Opposition und gestaltende Reformkraft der Bundesrepublik mit besonderer Verantwortung in Ostdeutschland, als Partnerin emanzipatorischer Initiativen und Bewegungen, geöffnet für ihre Diskurse und Ideen, präsentieren.
(22) Die PDS will nicht Nutzen aus den Ängsten von Menschen ziehen, sondern Menschen ermutigen, ihre Geschicke in die eigenen Hände zu nehmen.
(23) Der Gestaltungswille von Sozialistinnen und Sozialisten zielt auf einen demokratischen, von Mehrheiten getragenen Prozess von Veränderungen.
Die Grundgliederung (Überschriften sind noch zu präzisieren) des in Überarbeitung befindlichen Entwurfs (Anmerkung 1) sollte sein:
Präambel
I. Sozialismus - Ziel, Weg und Werte
II. Die gegenwärtige Welt
III. Sozialistische Politik
IV. Veränderungen mit der PDS - Selbstveränderung der PDS
(25.1) Ein neuer Weg?, 02.04.2001, 11:01, Robert Scholz: Die vorgeschlagene Gliederung in den Punkten I. und II. kann (im Sinne von: muss nicht) in der Übernahme der Gliederung des Godesberger Programms der SPD ein Signal sein. Ohne die Verpflichtung Ziel, Weg und Werte der PDS aus der aktuellen Gestalt des Kapitalismus heraus zu arbeiten, besteht die Gefahr der ideologischen Setzung, die nur noch Signale in die Gesellschaft setzen will. Signale die ohne die Rückbindung an die Chancen in der aktuellen Verfasstheit von Wirtschaft und Gesellschaft formuliert werden. Die Autoren könnten die Chance nutzen, beliebig die Zielgruppen zu beschreiben.
Bei der Überarbeitung und Neufassung des geltenden Parteiprogramms von 1993 durch einen neu gefassten Programmentwurf sollten folgende Überlegungen zu Grunde gelegt werden:
1. Entwicklung einer konsistenten Gesamtbegründung des demokratischen Sozialismus, der auf Gerechtigkeit zielt und Freiheit, Gleichheit und Solidarität verbindet
Das geltende Parteiprogramm wurde zwischen 1991 und 1993 weitgehend unter dem Eindruck des Zusammenbruchs der staatssozialistischen Länder in Europa verfasst. Lange Auseinandersetzungen in der Partei über ihre Identität, die inzwischen mit neuen Einsichten geführt wurden, lagen noch vor uns. Unter diesen Bedingungen war es außerordentlich schwierig, den Gesamtwillen aller Mitglieder der PDS nach Bewahrung und Erneuerung sozialistischer Überzeugungen und Handlungsorientierungen mit gemeinsamen Grundpositionen Ausdruck zu verleihen.
Der jetzt vorzulegende Entwurf soll darauf zielen, ausgehend von den deutschen, europäischen und internationalen Diskussionen eine einheitliche und durchgehende Begründung unserer sozialistischen Positionen vorzulegen. Auf die Grundlage dafür soll der Abschnitt I des Entwurfs konzentriert werden.
Das geltende Programm ist zu stark durch ein Nebeneinander von Sozialismus als Ziel und den Zielen praktischer Politik gekennzeichnet.
(31) Dies begünstigte, dass in der Diskussion der vergangenen Jahre das zwingend notwendige Beharren auf sozialistischen Zielvorstellungen und das ebenso zwingend notwendige Beharren auf eingreifender Politik teilweise in einen unfruchtbaren Gegensatz zueinander gerieten.
(32) Fragen der grundlegenden Veränderung von Eigentums- und Machtverhältnissen und der Überwindung des Kapitalismus waren nicht systematisch mit der Vertretung wichtigster emanzipatorischer Interessen in der Gegenwart verbunden.
(32.1) Eine der Klassentheorie der emanzipatorischen Interessen, 02.04.2001, 11:04, Robert Scholz: Wichtigste emanzipatorische Interssen und nicht so wichtige emanzipatorische Interessen soll es also geben? Der Verdacht: der angebliche Gegensatz von Freiheit und Gleichheit wird hier unter der Hand nach einer Seite hin aufgelöst - dem der (angeblichen) Freiheit ohne soziale Grundlage. Für die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit bleiben Lippenbekenntnisse.
(33) Vorstellungen über eine sozialistische Gesellschaft waren nicht überzeugend mit Strategien der Veränderung der gegenwärtigen Herrschafts- und Vergesellschaftungsformen verbunden worden.
(34) Das Zusammenführen dieser zusammengehörigen Momente muss programmatisch in dem zu erarbeitenden Entwurf geleistet werden.
(34.1) 26.03.2001, 19:59, Rolf Köhne: Man darf gespannt sein, ob das wirklich gelingt. Nach den umfangreichen Büchern "Ein Kommentar" und "ReformAlternativen" bin ich da noch sehr skeptisch.
Der überarbeitete Entwurf sollte davon ausgehen, dass die modernen kapitalistischen Gesellschaften durch den Kampf sozialer Gruppen für oder gegen Emanzipation und Solidarität gekennzeichnet sind.
(36) Es soll der Kampf darum dargestellt werden, wer den gesellschaftlichen Reichtum aneignen und wer über ihn verfügen kann.
(37) Der Kampf für Gerechtigkeit ist der Kampf um einen sozial gleichen Zugang für jede und jeden zu den elementaren Grundbedingungen eines selbstbestimmten, menschenwürdigen Lebens,
(37.1) Eine Klassentheorie der Grundlagen eines selbstbestimmten, menschenwürdigen Lebens, 02.04.2001, 11:09, Robert Scholz: Welche Grundbedingungen sind elementar und welche nicht?
(38) zu jenen Gütern, die ein Leben in Freiheit (Anmerkung 2) ermöglichen und die deshalb als Freiheitsgüter bezeichnet werden.
(38.1) Produktionsmittel, Wissen und Natur, 26.03.2001, 20:05, Rolf Köhne: An dieser Stelle sollte klarer formuliert werden, daß zu den Freiheitsgütern der gleichberechtigte Zugang, das gleiche Nutzungsrecht an Produktionsmitteln, Wissen und Natur im weitesten Sinne gehört, da nur so Menschen selbstbewußt und ohne Abhängigkeit von anderen ihr Leben reproduzieren können.
(39) Sie für ausnahmslos alle zu erkämpfen, heißt umfassende Durchsetzung der Menschenrechte.
(39.1) Menschenrechte, 02.04.2001, 11:14, Robert Scholz: Wenn es um die "umfassende Durchsetzung der Menschenrechte" geht, warum dann der Begriff Freiheitsgüter, die zudem noch "wichtigste" und "elementar" sind. Gibt es etwa strategisch bedeutsamere Menschenrechte, deren Durchsetzung die der anderen sozusagend automatisch nach sich zieht? Dann muss diese Option auch wirklich zur Diskussion gestellt werden.
(40) Dabei sollte die Aufmerksamkeit vor allem auf die Möglichkeit der Wahrnehmung demokratischer Rechte für alle, auf Frieden und Freiheit auch von Gewalt im Innern, Erhalt der Umwelt, Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit konzentriert werden.
(40.1) Schöner Katalog, 02.04.2001, 11:22, Robert Scholz: Die Aufmerksamkeit sollte also "vor allem" auf die "Möglichkeit" (nicht Notwendigkeit) "demokratischer Rechte für alle" "konzentriert" werden? Welche demokratischen Rechte für alle? Die bestehenden oder umfassendere? Es geht weiterhin zuerst um den "Erhalt" einer bereits stark beschädigten Umwelt und Gesundheit, einer unvollkommenen Bildung und ausgrenzender sozialer Sicherungssysteme. Das steht in diesem Satz und nichts anderes.
Es gehört zu den Theoremen des Neoliberalismus, dass Freiheit und Gleichheit, Freiheit und Sozialismus sich ausschließen. Empirische Analysen beweisen jedoch, dass breite Teile der Bevölkerung diese Annahme nicht teilen. Aber auch unser bisheriges Parteiprogramm konnte keine schlüssige Fundierung der Einheit von Freiheit und Gleichheit und ihrer Beziehung zu Solidarität formulieren.
(42) Die Erfahrungen des Staatssozialismus haben gezeigt, dass nur eine sozialistische Position, die auf Freiheit gründet und auf Freiheit zielt, die auf eine umfassende Garantie der Menschenrechte hinarbeitet, dauerhaften Bestand haben kann.
(43) Der Unterschied zu den Positionen des Neoliberalismus und Konservatismus liegt vor allem darin, dass Sozialismus auf die Freiheit für jede und jeden nicht als abstrakte Deklaration zielt, sondern nur bei gleichem Zugang zu den Grundbedingungen menschenwürdigen Lebens in Freiheit erreicht wird.
(44) Der Unterschied ist das Bestehen auf Solidarität in den Kämpfen für eine gerechte Gesellschaft.
(45) Und er liegt im Streben nach Überwindung jener Eigentums- und Machtverhältnisse, die wirklicher Freiheit dadurch entgegenstehen, dass auf ihrer Grundlage der Profit der ökonomisch Mächtigen das zentrale Entscheidungsmaß in der Gesellschaft ist.
(45.1) Die Mächtigen..., 30.03.2001, 11:37, Stefan Meretz: Hier schlägt durch, was ich in Abs. 15 allgemein kritisierte: Die wohl aus der Linken nicht rauszubekommende Personalisierung: Es geht doch nicht um den Profit von irgendwelchen Mächtigen, den die sich fieserweise unter den Nagel reissen. Das Problem ist primär nicht, dass da irgendwelche Menschen sitzen, die ihre Partialinteressen zum "Entscheidungsmaß in der Gesellschaft" machen. Wenn das so wäre, dann müsste nur die "Gesellschaft" sagen: Nö, ätsch, spielen wir nicht mit. Genau das geht aber nicht, denn die Wertverwertung ist im Kapitalismus unhintergehbar die Vermittlungform bei der Reproduktion des gesellschaftlichen und damit auch individuellen Lebens. Die Mächtigen betreiben also keine "falsche Politik", haben falsche "Entscheidungsmaßstäbe" - diese Rede davon ist schon unzureichend -, sondern sie handeln funktional. Sie tun das, was in der Logik der Verwertung angesagt ist. Das hat uns doch auch schon Marx erklärt: Der Kapitalist ist personifiziertes Kapital. Er ist "nur" Funktionsträger, wenn er nicht funktioniert, wird seine Person ausgetauscht. Kapitalismus kann nur systemisch, entpersonifiziert gedacht werden. Eigentums- und Machtverhältnisse sind also "nur" abgeleitete Größen eines viel tiefergehenden Prinzips der Verwertung von Wert, oder noch schärfer: der Selbstverwertung (damit wieder sinnlich handgreiflich wird...).
(46) Anders ist unsere Haltung zum unternehmerischen Gewinnstreben in kleinen und mittleren Unternehmen. Es ist unverzichtbar für eine innovative und anpassungsfähige Wirtschaft und birgt nicht die Gefahr, dass die ganze Gesellschaft exklusiven Kapitalinteressen unterworfen wird.
(46.1) 26.03.2001, 20:10, Rolf Köhne: Für die nähere Zukunft ist dieser Satz sicherlich nicht verkehrt, wenn man dabei an solche Unternehmen denkt, in denen die Eigentümer selbst mitarbeiten. Im obigen Kontext ist dieser Satz hier aber völlig deplaziert.
(46.2) Gewinnstreben, 30.03.2001, 11:58, Stefan Meretz: Vor dem Hintergrund meiner Kritik zu den Absätzen 15 und 45 erscheint mir dieser Absatz nur noch grotesk. Es gibt also "gutes" und "schlechtes" Gewinnstreben (mir fällt da gleich "raffendes und schaffendes Kapital" ein - aber die Antisemitismuskeule lasse ich im Sack). Ein-und-dieselbe Logik (der Wertverwertung wie ich das dem systemischen Charakter des Kapitalismus angemessener nenne) ist gut bei kleinen Kapitalinteressen und bei "exklusiven" (sind das die "großen"?) Kapitalinteressen nicht gut. Das verstehe ich schon auf der elementar logischen Ebene nicht (so als Informatiker). Das ist natürlich der Knackpunkt: Die PDS will den Kapitalismus - aber nur den kleinen, nicht-exklusiven. Nur: Immanenter Teil der Verwertungslogik ist die Exklusion anderer - seinen das andere Unternehmen, Arbeitslose, MigrantInnen etc. Kapitalinteressen sind immer exklusiv, weil andere ausschliessend. Wie soll das Prinzip einer "Assoziation worin die freie Entwicklung eines jeden zur Bedingung der freien Entwicklung aller" wird (vgl. Absatz 17) in einer Gesellschaft erreicht werden, die auf dem Exklusionsprinzip beruht, die also genau contrafaktisch den Auschluß Anderer als Voraussetzung zum eigenen Erfolg hat? Und dies nicht als "bösen Willen", sondern als Strukturprinzip?
(46.3) Die Kleinen und Feinen, 02.04.2001, 11:28, Robert Scholz: Wo ist die Grenze zwischen gutem und schlechtem Gewinnstreben anzusetzen? Kleine bleiben danach klein und fein und werden niemals groß. Natürlich haben Gates und SAP und andere schon als Großkonzerne angefangen! Für einen solchen opportunistischen Schmus wird der Blick auf andere Betriebs- und Eigentumsformen (wie z.B. Genossenschaften) weggesperrt.
Für uns ist sozialistische Politik eine Politik der Gerechtigkeit.
(48) Ihr Ziel ist es, die strukturellen Bedingungen von Unfreiheit, Ungleichheit und Ausbeutung, jene Macht- und Eigentumsverhältnisse, auf denen sie beruhen, zurückzudrängen und zu überwinden.
(49) Es ist eine Politik, die gleiche soziale Möglichkeiten von Freiheit für jede und jeden schaffen will. Freiheit in diesem umfassenden Sinn bestimmt unsere Politik.
(50) Soziale Gleichheit aller ist das Maß, das diese Politik an den Zugang zu den grundlegenden Bedingungen selbstbestimmten Lebens anlegt und gerade dadurch die verschiedene Ausprägung von individuellen Anlagen, Begabungen und Fähigkeiten ermöglicht.
(51) Solidarität ist unabdingbar, um gerechte Politik zu verwirklichen.
(52) Ohne soziale Gleichheit ist Freiheit nur die Kehrseite von Ausbeutung.
(53) Und ohne die Schaffung der realen Bedingungen freier Selbstverwirklichung für alle ist jede Gleichheit Unterdrückung.
(53.1) Selbstentfaltung, 26.03.2001, 20:13, Rolf Köhne: Selbstentfaltung wäre der richtige Begriff (vergl. Meretz/Schlemm)
(54) Freiheit und Gleichheit sind nur in Solidarität erstreitbar.
(55) So definieren wir die sozialistischen Werte, auf die wir uns in unserem Programm von 1993 geeinigt hatten. Wir legen sie gegenwartsbezogener Politik in den Kommunen, Ländern, im Bund, der Europäischen Union und im globalen Maßstab zu Grunde.
Ein solcher Ansatz misst Sozialismus nicht an einem abstrakten Modell, sondern daran, wie emanzipative Forderungen realer sozialer Bewegungen und Interessen konkreter sozialer Gruppen, die vom Ausschluss von Menschenrechten und entscheidenden Lebensbedingungen bedroht sind, in der Wirklichkeit erfüllt werden können.
(57) Damit wird die Trennung von konkreter Interessenvertretung und emanzipativen Bewegungen einerseits und sozialistischem Anspruch andererseits, die so lange sozialistisch-kommunistische Vorstellungen geprägt hat, grundsätzlich aufgehoben.
(58) Sozialistinnen und Sozialisten haben dann auch allen anderen keinesfalls "Einsichten" in die wahren Interessen dieser anderen voraus, sondern sind höchstens durch die besondere Bereitschaft gekennzeichnet, sich heute und jetzt gemeinsam mit vielen anderen emanzipativ zu engagieren.
(58.1) Marx mißverstanden?, 26.03.2001, 20:22, Rolf Köhne: Dieser Satz bezieht sich offensichtlich auf das kommunistische Manifest, wo es heißt "Die Kommunisten (..) haben '!theoretisch' (..) die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeine Resultate der Proletarischen Bewegung voraus." Von Einsichten in die wahren Iteressen war da nicht die Rede - da bekämpfen die Autoren ihr eigenes. stalinistisch geprägtes Mißverständnis.
Es sollte der durchgehende Anspruch des Entwurfs sein, diese Position zur zentralen programmatischen Orientierung der Politik der PDS zu machen.
(60) Die Kritik des gegenwärtigen Kapitalismus und der herrschenden Politik in Abschnitt II sollte vom Standpunkt eines solchen Sozialismusverständnisses erfolgen. Deshalb ist es sinnvoll, diesen Standpunkt vor der Analyse und Kritik der gegenwärtigen Gesellschaft im Abschnitt I zu begründen.
(61) Abschnitt III müsste dann strategische Ansprüche der PDS auf ausgewählten Feldern ausgehend von der genannten sozialistischen Position formulieren.
(62) Dieser Abschnitt muss auf die Eckpunkte einer Politik konzentriert werden, die die bisher nicht verfügbaren Grundbedingungen eines menschenwürdigen Lebens hervorbringt und allen einen sozial gleichen Zugang zu ihnen sichert.
(63) Nicht um einen vollständigen Katalog aller Politikfelder und Politikangebote geht es dabei, sondern vor allem um sozial gleichen Zugang zur Wahrnehmung demokratischer Rechte für alle und zu existenzsichernder Arbeit, um Freiheit von physischer Gewalt, um sozialen gleichen Zugang zu Bildung und Kultur, sozialer Sicherheit und Gesundheit sowie um die Erhaltung der Umwelt.
Auch die Kritik am Staatssozialismus in Europa muss von jenen strukturellen Defiziten ausgehen, die dazu führten, dass es unmöglich war, jeder und jedem die grundlegenden Bedingungen eines selbstbestimmten Lebens, besonders die individuellen Freiheitsrechte, zu garantieren.
Die Erfahrungen des Staatssozialismus haben gezeigt, dass nur eine sozialistische Position, die sich auf die umfassende Garantie der Menschenrechte gründet, dauerhaft Bestand haben kann.
(66) Der Ansatz der sozialen Gleichheit im Zugang aller zu den wichtigsten Freiheitsgütern ist alles andere als ein Bruch mit unserem demokratischen sozialistische Selbstverständnis.
(71) eines Kampfes, in dem es immer um die Solidarität mit den Benachteiligten geht, mit denen, die den geringsten Zugang zu den Bedingungen eines selbstbestimmten Lebens haben.
(72) Freiheit, Gleichheit und Solidarität sind die Grundwerte des demokratischen Sozialismus, deren Verwirklichung eine gerechte Gesellschaft ausmachen und die sich mit diesem Gehalt von verbal gleich formulierten Werten anderer Parteien prinzipiell unterscheiden.
(75) So dass in Abschnitt III die alternativen Politikangebote der PDS als Antwort auf diese Frage entwickelt werden können, weil sie darauf zielen, gemeinsam mit demokratischen Mehrheiten um sozial gleichen Zugang für alle zu eben dem zu kämpfen, was Menschen für ihr selbstbestimmtes Leben brauchen und selbst schaffen müssen.
(76) Damit wird der Zusammenhang zwischen Sozialismus und individueller Persönlichkeitsentfaltung entschieden stärker entwickelt als im geltenden Programm.
Sozialistische Politik wird von uns also als Kampf in der gegenwärtigen Gesellschaft um mehr Gerechtigkeit, um mehr soziale Sicherheit, Solidarität und Freiheit der Einzelnen auf diesen Grundlagen verstanden, die gegebenen Verhältnisse umgestaltend und über sie hinausweisend zugleich.
(78) Sozialistische Politik ist gestaltende Politik im Heute im Rahmen des Kampfes um alternative Reformen.
(79) In der PDS haben in diesem Prozess sowohl Menschen einen Platz, die der kapitalistischen Gesellschaft Widerstand entgegensetzen und die gegebenen Verhältnisse grundsätzlich ablehnen, als auch jene, die ihren Widerstand damit verbinden, die gegebenen Verhältnisse positiv zu verändern und schrittweise zu überwinden.
Originär sozialistische Politik kann, wenn sie erfolgreich ist, Fortschritte in der Annäherung an eine gerechte Gesellschaft im Hier und Heute, d. h. in Richtung Sozialismus bewirken,
(81) zugleich wird es ohne qualitative Veränderungen der Machtverhältnisse keine sozial gleiche Verfügung über die Freiheitsgüter moderner Gesellschaften für jede und jeden geben.
2. Kritische Analyse der gegenwärtigen Welt - den Entwicklungen der Gegenwart gerecht werden
In den letzten zehn Jahren wurde deutlich, dass der Zusammenbruch des europäischen Staatssozialismus Teil einer grundlegenden Veränderung der internationalen Ordnung war und von der Entstehung einer neuen Stufe des Kapitalismus begleitet und auch mitverursacht wurde.
(84) Während das geltende Parteiprogramm primär von einer Ausdehnung des Kapitalismus ausgeht, wie er bis 1989 vorlag, sollte der neue Entwurf von tiefgreifenden Veränderungen des Kapitalismus ausgehen.
(85) Dabei sollte gezeigt werden, wie dieser Wandel durch eine Verschärfung von kapitalistischer Herrschaft und Ausbeutung geprägt ist und dass er zugleich Möglichkeiten für alternative Entwicklungen birgt, die bei veränderten Kräfteverhältnissen ausgeschöpft werden können.
(89) die neue Rolle der Großbanken und institutionellen Anleger auf den Finanzmärkten,
(90) die Medienallmacht in der Gesellschaft,
(91) der Rückfall in den Versuch, gesellschaftliche Probleme mit Mitteln des Krieges lösen zu wollen,
(92) Westeuropas Anspruch auf das Recht militärischer Intervention in anderen Ländern und die Beteiligung der Bundesrepublik am Krieg im Kosovo,
(93) die vertiefte soziale Kluft zwischen oben und unten in der Bundesrepublik,
(94) der Informationskapitalismus und seine neuen, durch die Kapitalverwertung unter den Bedingungen der Informationstechnologien bestimmten Strukturen,
(95) Wandlungen in der Sozialstruktur:
(96) die Differenzierung zwischen InformationsarbeiterInnen und prekär Beschäftigten,
(97) internationale Feminisierung der Arbeit bei Niedrigstlöhnen und diskriminierenden Gesamtbedingungen, so dass die weiblichen Beschäftigungsverhältnisse den Weg auch der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen von Männern bahnen,
(98) kultureller Kapitalismus und die Verwandlung großer Teile des Lebens in Waren,
(99) die Konflikte zwischen heute erforderlicher Individualität, Kreativität und Selbstverantwortung eines Teils der Arbeitenden und ihrer gleichzeitigen Unterordnung unter die internationale Verwertungslogik u.a.
(102.1) 26.03.2001, 20:37, Rolf Köhne: Über die alternativen Entwicklungsmöglichkeiten wird leider nichts gesagt!
3. Formulierung von Eckpunkten einer alternativen Reformstrategie der PDS
Der Dreh- und Angelpunkt der in einer überarbeiteten, erneuerten Fassung des Parteiprogramms zu bestimmenden sozialistischen Politik muss es sein, alternative Reformprojekte auf entscheidenden Politikfeldern zu entwickeln. Unser Ausgangspunkt dafür ist die Frage danach, was Menschen für ihr Leben brauchen und sich in der Regel wünschen.
Das heißt, dass die beiden ersten Abschnitte eines Entwurfs für das überarbeitete Parteiprogramm - das Verständnis des Sozialismus als Ziel, Weg und Wertesystem und die Auseinandersetzung mit der Situation in der gegenwärtigen Welt und in der Bundesrepublik - logisch zu dem dritten Abschnitt der Darstellung sozialistischer Politik als Kampf um den gerechten Zugang aller zu den Grundbedingungen eines menschenwürdigen Lebens hinführen sollen.
(106) In diesem Teil würden dann nicht Anstrich-Aussagen zu verschiedenen Politikfeldern aneinander gereiht, sondern sein Zusammenhalt sollte sein, dass nach dem Grundbestand von Voraussetzungen eines solchen Lebens gefragt wird. Das ergibt die Hauptfelder des dritten Abschnitts, deren Reihenfolge keine Rangfolge bedeutet:
Sozialistische Politik sollte als Streit für diese Grundgüter gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit des Zugangs zu ihnen in der Bundesrepublik und international, gegen die Eigentums- und Machtverhältnisse, die dieser Ungleichheit zu Grunde liegen, dargestellt werden.
(114) Sozialistische Politik als kapitalismuskritische Reformbewegung, die über den Kapitalismus hinausweist, findet in unserem Verständnis dort statt, wo die Würde des Menschen wiederentdeckt wird statt ihre Vermarktung hinzunehmen, wo Menschen emanzipatorisch handeln statt sich der Profitlogik unterordnen zu lassen.
(115) Unser Leitbild ist der selbstbestimmt und solidarisch handelnde Mensch in einer Gesellschaft zunehmend gerecht verteilter Freiheitsgüter.
Diese Positionen müssen im überarbeiteten neugefassten Programmentwurf so entwickelt werden, dass wichtige Probleme den Kämpfen um diese Lebensbedingungen/Güter zugeordnet werden können:
Demokratie und Bürgerrechte, zum Beispiel:
(118) Freiheit von Gewalt gegen das Leben, zum Beispiel:
(120.1) 26.03.2001, 20:46, Rolf Köhne: Fr ein einklagbares Recht auf ein angemessenes Einkommen durch eigene Arbeit!
(121) Bildung, Wissen, Kultur, zum Beispiel:
(122) Soziale Sicherheit, zum Beispiel:
(123) Querschnittsfragen wie unser Standpunkt zum Umgang mit den spezifischen Problemen und Herausforderungen in Ostdeutschland und Geschlechtergleichstellung müssen durchgängig behandelt werden. Dies entspricht der Forderung nach gleichem Zugang zu den genannten Grundbedingungen menschlichen Lebens z. B. unabhängig von Geschlecht oder Wohnort.
Neu in der Komposition des zu erarbeitenden Programmentwurfs muss es sein, dass ein logischer Zusammenhang des Ganzen in einer Art Erzählung entwickelt wird: Die PDS als Partei, die an die Geschichte der Kämpfe sozialer Klassen und Gruppen in den letzten 200 Jahren um gerechte Teilhabe an gesellschaftlichem Reichtum und um gleichen Zugang zu gesellschaftlicher Macht anknüpft, an den Kämpfen der Unterdrückten um die Würde des Menschen.
(125) Sozialistische Politik als solche, die dies unter den gravierend gewandelten gegenwärtigen Bedingungen mit eigenem Ziel fortsetzt. Diesen Wandel zu analysieren, bedeutet prinzipielle Kapitalismus-Kritik, aber auch ein Deutlichmachen von Möglichkeiten, die der gewandelte Kapitalismus hervorbringt und zugleich in Fesseln schlägt, die damit Ansätze sozialistischer Politik in der gegenwärtigen Gesellschaft bieten.
(126) Sozialistische Politik sollte in Auseinandersetzung mit diesem Kapitalismus als Kampf um gerechten Zugang zu Freiheitsgütern auf entscheidenden Feldern gesellschaftlicher Entwicklung dargestellt werden. Dabei müssen die Alternativen gesellschaftlicher Entwicklung deutlich gemacht werden, für die die PDS steht.
(126.1) Dieser Kapitalismus, 02.04.2001, 11:46, Robert Scholz: "Dieser" Kapitalismus ist einer, der nicht beschrieben wird. Und dann geht es in der Auseinandersetzung um den "gerechten Zugang zu Freiheitsgütern", die oben (ich glaube Absatz 40) nur unzureichend beschreiben sind. Der Satz klingt gut, ist aber hohl.
(127) Schließlich sollte in Abschnitt IV umrissen werden, welche Selbstveränderungen der PDS abgefordert sind, wenn sie die Gesellschaft verändern will.
(127.1) 26.03.2001, 20:52, Rolf Köhne: Das derzeit geltende Programm macht da im Kapital V schon gute Aussagen. Unterstrichen werden sollte, daß die PDS kein Selbstzeck ist, sondern mit durch Erreichung ihrer Ziele ihre Selbstauflösung anstrebt. (vergl. vorangegangenen email-traffic von Gräbe/Meretz/Leicht)
In der Arbeit an den "Grundlinien" hat sich herausgestellt, dass diese Linien am besten im Verlauf der Ausarbeitung und im Prozess der Formulierung der programmatischen Substanz selbst Gestalt annehmen. Es erwies sich als nicht produktiv, erst ein relativ substanzarmes Gerüst orientierender "Linien" erarbeiten zu wollen und danach dann an die Erarbeitung des zu verändernden Programmtextes zu gehen. Daher erfolgte die Arbeit an beiden gleichzeitig. Das führte dem Beschluss des Parteivorstandes vom 8. Januar 2001 gemäß zu den hier vorgelegten Grundlinien.
(129) Gleichzeitig wird es möglich sein, durch weitere Arbeit am Programmtext die Forderung im Beschluss des Parteivorstandes einzulösen, einen Programmentwurf so schnell wie möglich vorzulegen. Das ist deshalb wichtig, weil Grundlinien, die ja nicht die konkrete Ausführung von angekündigten programmatischen Absichten bieten können, zwangsläufig Raum für Vermutungen und für Interpretationen eines noch gar nicht vorgelegten Textes lassen.
(130) Fertigstellung, Veröffentlichung und ausführliche Diskussion des Programmentwurfs werden dieses Problem lösen können.
Wir verstehen unter Freiheit die verwirklichte Möglichkeit des Individuums, seine Lebensfragen nach Maßgabe und Erkenntnis der eigenen Interessen zu entscheiden, diese Entscheidungen zur Geltung zu bringen und Konflikte mit Entscheidungen anderer auf dem Wege gleichberechtigter Aushandlung auf der Basis institutioneller Absicherung (Meinungsfreiheit, Rechtstaatlichkeit, Demokratie, Pluralismus) und gesellschaftlich akzeptierter Werte zu lösen.
Wir sehen, dass eine kapitalistisch geprägte moderne Gesellschaft wie die der Bundesrepublik Deutschland diesen hohen Freiheitsanspruch, den sie auf abstrakter Ebene selbst verkündet und im Unterschied zum Staatssozialismus in weiten Zügen juristisch garantiert, nicht umfassend einzulösen vermag.
(133) Als Sozialistinnen und Sozialisten wissen wir und legen wir unserer Politik zu Grunde,