Home Was ist ot ? Regeln Mitglieder Maintainer Impressum FAQ/Hilfe
PDS-Programmentwurf, Teil 3
Maintainer: Hans-Gert Gräbe, Version 1, 03.05.2001
Projekt-Typ:
Status: Archiv
Sozialistische Politik hat ihren Ausgangspunkt dort, wo Menschen sich gegen Ungerechtigkeit wehren. Sie greift die Forderungen nach freier und gleicher Teilhabe aller an den gesellschaftlichen Freiheitsgütern auf. Sie findet statt, wo die Würde der Menschen wiederentdeckt wird statt ihre Vermarktung hinzunehmen, wo Menschen Mut fassen für emanzipatorisches Handeln statt sich der wirtschaftlichen Konkurrenzlogik unterzuordnen, wo Menschen sich selbst in die Lage versetzen, Herrschafts- und Eigentumsverhältnisse zugunsten selbstbestimmter und solidarischer Entwicklung zu verändern statt auf die Veränderung durch andere zu warten.
Sozialistische Politik gründet in dem Widerspruch zwischen den Interessen der herrschenden Mächte und den Interessen der von ihnen Abhängigen, Ausgebeuteten, Ausgenutzten. Empörende soziale Ungleichheit auf dem Erdball, soziale und patriarchale Spaltung der Gesellschaften, die Gefährdung ihres sozialen Zusammenhalts und der natürlichen Lebensgrundlagen bringen Gegenbewegungen hervor. Ihr Ziel ist es, die emanzipatorischen Potenziale der gegenwärtigen sozialen, kulturellen und politischen Umbrüche für eine gerechtere Welt freizusetzen.
Sozialistische Politik und jede Politik, die die Würde der Menschen in den Mittelpunkt stellen will, wird die Macht des organisierten Kapitals herausfordern. Aber sie selbst kann ebenfalls machtvoll sein. Ihre Macht ist die der Demokratisierung der Gesellschaft. Demokratie aber hängt von den Kräfteverhältnissen in der Gesellschaft und vor allem in der Wirtschaft ab. Wer machtlos ist, hat keine Verhandlungsmacht und ist kein Partner. Die Allmacht des organisierten großen Kapitals zieht die Ohnmacht der Politik gegenüber der Wirtschaft zwangsläufig nach sich. Dies wollen wir ändern.
(4.1) gute ideen, 27.02.2004, 12:27, marie sonnenbureger: hallo liebe leute ich finde echt gut was ihr zu sagen habt aber ich habe mir den kommentar ehrlich gesagt noch nicht durchgelesen. aber ich wollte einfach mal meinen eigene kommentar verfassen auch wenn er schwachsinnig ist. ich hoffe ihr habt sehr viel verständniss dafür sonst kann ich euch nämlich nicht helfen und wenn ihr kein verständnis für mich habt dann finde ich eure kommentare auch nicht mehr gut(ohne sie zu lesen)hihi hab euch alle ganz doll lieb
Sozialistische Politik widersetzt sich den so genannten Sachzwängen. Es sind Zwänge, die sich aus der Übermacht der einen und der relativen Machtlosigkeit der anderen ergeben. So wie im politischen System die Gewaltenteilung eine Bedingung für Demokratie ist, so ist die Teilung von ökonomischer Macht Bedingung einer sozialen und ökologischen Wirtschaftsordnung. Eine gemeinwohlorientierte Entwicklung kann nur aus der Institutionalisierung sozialer und ökologischer Gegenmächte gegenüber der Macht bloßer Kapitalverwertung und der Besitz- und Konsummaximierung derjenigen erfolgen, die den gesellschaftlichen Reichtum gehortet haben.
Sozialistische Politik ist keinem abstrakten Modell verpflichtet, sondern stellt eine kapitalismuskritische Bewegung dar. Wir wollen im Widerstand gegen sozialen und politischen Rückschritt das Bestehende verändern und zugleich Wege in eine von Ausbeutung, Unterdrückung und Naturzerstörung befreite Weltgesellschaft finden. Auf diesem Wege der Emanzipation kann auch jeder einzelne Schritt nur emanzipatorisch sein.
(6.1) echt klasse, 27.02.2004, 12:30, marie sonnenbureger: dieses mal bin ich schon ein bisschen weiter gekommen ich habe mir die ersten zwei wörter durchgelsen.sie hießen ich habs vergessen warte kur6z ich habs wieder"sozialistische politik"na ja was hab ich noch zu äußern wenn ich so darüber nachdenke merke ich nur dass ihr ganz schön intelligente köpfe seit.
Sozialistische Politik ist eine offene Suche nach Auswegen aus Unterdrückung, Ausbeutung und Diskriminierung. Wir achten andere demokratische Überzeugungen und wollen den politischen und geistigen Wettbewerb mit ihnen. Die Möglichkeiten sozialistischer Politik können nur gemeinsam mit anderen politischen und sozialen Kräften entwickelt werden: in den realen Bewegungen und sozialen Kämpfen der Gesellschaft, aus den konkreten Interessen und aktuellen Erfahrungen der Menschen, in der Auseinandersetzung mit den gesellschaftskritischen Debatten der Gegenwart.
Sozialistische Politik tritt für einen grundlegenden Politikwechsel ein, in dessen Zentrum die Öffnung der gesellschaftlichen Entwicklung für emanzipatorische Prozesse und soziale und ökologische Nachhaltigkeit steht. Die Politik der SPD schließt bisher die Suche nach Kompromissen mit Kräften links von ihr und die Suche nach einer echten Alternative zum Neoliberalismus weit gehend aus. Wir wollen dazu beitragen, eine gegenläufige Entwicklung durchzusetzen, eine Öffnung der Sozialdemokratie, der geistigen und politischen Verhältnisse nach links. Aktuell und realistisch bedeutet das für einen mittelfristigen Zeitraum nicht mehr und nicht weniger als für solche Veränderungen zu streiten, die soziale Polarisierungen nicht vertiefen, sondern abbauen, und das bedeutet engagierte Politik für einen Einstieg in den sozial-ökologischen Wandel.
Sozialistische Politik ist dem Leitbild selbstbestimmt und solidarisch handelnder Menschen in einer Gesellschaft des gerechten Zugangs zu ihren Freiheitsgütern verpflichtet. Die reale Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an den Entscheidungsprozessen in der Gesellschaft, Frieden und Schutz vor Gewalt, die Erhaltung der Natur und ihre gerechte Nutzung, der Zugang zu Erwerbsarbeit für alle, gleiche soziale Chancen beim Zugang zu Bildung und Kultur und soziale Sicherheit sind die Güter, die jeder und jedem in den heutigen und künftigen Generationen, im Norden und Süden der Erde zustehen. Sie sind die Allmende der Gegenwart, unser gemeinsamer Reichtum, und müssen der Vorherrschaft des Kapitals, der Unterwerfung unter seine Verwertung und Profitmaximierung entzogen werden. Sie müssen jeder und jedem unabhängig von Geschlecht oder Nationalität gleichermaßen zustehen. Ohne sie können Menschen nicht glücklich sein.
Sozialistische Politik in der Gegenwart unserer Gesellschaft und der Europäischen Union bedeutet daher für uns erstens Streit für die Möglichkeit der realen Teilhabe aller an der Gestaltung der Gesellschaft, denn Freiheit braucht die Demokratisierung der Macht.
Sozialistische Politik ist für uns zweitens Streit für Frieden und Freiheit von Gewalt, denn die Durchsetzung des Rechts auf Leben für jede und jeden Einzelnen ist auch die elementarste Voraussetzung der Freiheit für alle.
Sozialistische Politik heißt für uns drittens Streit für die Bewahrung und Gestaltung unserer natürlichen Umwelt, denn die Natur ist das gefährdetste Freiheitsgut der gesamten Menschheit und ein Erbe, das wir "den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen" haben (Marx).
Sozialistische Politik ist für uns viertens Streit für eine Gesellschaft grundlegend erneuerter Vollbeschäftigung, denn existenzsichernde, sozial anerkannte und ökologisch orientierte Arbeit für alle trägt unter heutigen Bedingungen am wirkungsvollsten dazu bei, der individuellen Freiheit eine soziale Grundlage zu geben.
Sozialistische Politik ist für uns fünftens Streit für den sozial gleichen Zugang zu Bildung, Kultur und Information. Denn in der Wissensgesellschaft werden diese gesellschaftlichen Güter in völlig neuer Weise über die Chancen der Einzelnen und die Zukunft der Gesellschaft bestimmen.
Sozialistische Politik heißt für uns sechstens Streit für soziale Sicherheit und die Bewahrung und Erneuerung solidarischer sozialer Sicherungssysteme, denn soziale Sicherheit ist eines der zentralen Güter menschenwürdigen Lebens.
1. Demokratische Teilhabe
Die Möglichkeit aller, gleichberechtigt an der Gestaltung der Gesellschaft teilzuhaben, ist das politisch wichtigste Freiheitsgut. Es darf nicht von Besitz, sozialer Stellung, Geschlecht und Herkunft abhängig sein. Seine Substanz darf nicht durch die globale Deregulierung zerstört werden. Demokratisierung des Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft ist für uns die Schlüsselfrage bei der Verteidigung und Erweiterung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger in der Gegenwart. Wir wollen, dass das politische System erneuert wird, damit die Bürgerinnen und Bürger endlich in wirklich demokratischer Weise selbst über ihre Zukunft entscheiden können.
Die individuellen politischen Grundrechte, freie Wahlen, die parlamentarische Demokratie, politischer Pluralismus, Gewaltenteilung und Rechtstaatlichkeit sind für uns unverzichtbare Errungenschaften emanzipatorischer Kämpfe. Mit Rosa Luxemburg sind wir der Überzeugung, dass "es sich bei den demokratischen Formen des politischen Lebens in jedem Lande... tatsächlich um höchst wertvolle, ja unentbehrliche Grundlagen sozialistischer Politik handelt". Das Beseitigen wichtiger demokratischer Formen und Institutionen in den staatssozialistischen Ländern haben wir als zerstörerischen Rückschritt erfahren. Wir verteidigen daher heute und in Zukunft solche demokratischen Formen und Institutionen als elementare Bedingungen jeder Freiheit.
Ausgehend von den Erfahrungen mit politischen Diktaturen stellen wir fest, dass die entfesselte Macht großer Konzerne und Finanzorganisationen sowie die globale Deregulierung zur Gefährdung von Demokratie, Parlamentarismus und die Verwirklichung der Menschenrechte geworden sind. Die schon in der bisherigen Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft eingeschränkten sozialen Voraussetzungen einer Demokratie werden untergraben. Demokratische Antworten auf die Globalisierung werden bewusst zugunsten der Erhaltung und des Ausbaus des internationalen Monopols der westlichen Metropolen und ihrer Konzerne über Entscheidungsprozesse verhindert. Die Medienkonzerne, die neue gewaltige "vierte Macht", sind der demokratischen Kontrolle weitestgehend entzogen. Der Weltmarkt und die ihn regulierenden Institutionen von Welthandelsorganisation (WTO) und Internationalem Währungsfonds (IWF) haben sich zu einer alle anderen Gewalten dominierenden Macht entwickelt.
Niemals wieder werden wir die individuelle politische Freiheit als Grundlage aller Freiheit gering schätzen. Wir wollen, dass Bedingungen geschaffen werden, die jeder und jedem die gleichen Chancen für den dauerhaften Zugang zu den gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen bieten. Eine Demokratie, die die Menschen ermutigt, alle Möglichkeiten wahrzunehmen, sich selbstbewusst an der Diskussion gesellschaftlicher Fragen zu beteiligen und über sie zu entscheiden sowie solidarisch einzugreifen, wenn Menschenrechte bedroht sind, ist ein zentraler Charakterzug zukunftsfähiger Gesellschaften. Wir wollen, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger und ihrer Organisationen gegenüber dem Staat und der Wirtschaft geschützt und ausgebaut werden. Unsere Vorstellung von der zukünftigen Rolle des Staates ist die eines entbürokratisierten und von einer selbstbestimmten Zivilgesellschaft geprägten Staates. Demokratie verlangt, dass ein solcher Staat seine Verantwortung für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft, die Förderung der sozial Benachteiligten und als demokratische Institution gegenüber der Macht der nationalen und internationalen Wirtschaftsakteure wahrnimmt. Diese Position bestimmt auch unseren Beitrag in der Debatte über eine europäische Verfassung.
Wir wenden uns gegen jede Form juristischer, politischer, sozialer und kultureller Diskriminierung. Wir prangern die anhaltende Benachteiligung Ostdeutscher an. Sie ist eine ernste Gefahr für die demokratische Verfasstheit unseres Landes. Demokratie ist nicht zuletzt von der Möglichkeit abhängig, die unterschiedlichen Interessen selbstbewusst vertreten zu können. Wir werden uns dafür einsetzen, dass der kulturelle Reichtum, die Erfahrungen, der Leistungswille der Ostdeutschen und die Notwendigkeit einer selbsttragenden Wirtschaftsentwicklung in Ostdeutschland zu einem Ausgangspunkt für die zukunftsfähige demokratische, wirtschaftliche und ökologische Erneuerung der Bundesrepublik Deutschland als Ganzes genutzt werden.
Wir wollen eine Gesellschaft, in der die Menschen verschieden sein können und ihre Verschiedenheit geachtet wird. Die von uns geforderte Demokratisierung der Gesellschaft verlangt, dass Betroffene ihre Interessen wirksam selbst vertreten können. Ihre Rechte und ihre finanziellen und politischen Möglichkeiten müssen gestärkt werden. Die Gewährung der Bürger- und Menschenrechte für Migrantinnen und Migranten in Deutschland und in der Europäischen Union gehört zu unseren unaufgebbaren Positionen. Menschenrechte sind nicht teilbar, nicht in politische und soziale, individuelle und kollektive, nicht in Menschenrechte für Deutsche und Nichtdeutsche, nicht in Rechte für Menschen ohne und für Menschen mit Behinderungen, nicht in Männerrechte und Frauenrechte.
Solange Frau und Mann nicht in allen gesellschaftlichen Bereichen gleichgestellt und die Voraussetzungen dafür geschaffen sind, dass Frauen in der Arbeitswelt und in der Reproduktionsarbeit wie in allen anderen gesellschaftlichen Aktivitäten gleiche Teilhabe wahrnehmen können, solange werden Demokratie und Menschenrechte in Deutschland und der Europäischen Union ein unvollendetes Projekt bleiben. Wir halten unsere Forderung nach einem Recht der Frauen auf selbstbestimmte Schwangerschaft uneingeschränkt aufrecht.
Wo die parlamentarische Demokratie gegen die Macht und Interessen der Banken, Anlagefonds und Konzerne und ihren antiparlamentarischen Lobbyismus verteidigt wird, wird die PDS ebenso zu finden sein wie bei der Verteidigung und Wiedergewinnung kommunaler Selbstverwaltung gegen ihre finanzielle und politische Strangulierung. Wir werden dafür streiten, die repräsentative Demokratie mit starken Formen direkter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen, Landkreisen und Ländern zu verbinden und auf Bundes- und EU-Ebene Volksentscheide einzuführen.
Neue Bedeutung gewinnt die Gestaltung und Stärkung demokratischer Gegenmächte gegenüber den Wirtschaftsinteressen. Die Idee der Wirtschaftsdemokratie ist für uns keine anachronistische Forderung, sondern ein Erfordernis des sozial-ökologischen Umbaus der Zukunft. Wir setzen uns dafür ein, dass Belegschaften, Gewerkschaften, Verbraucher- und Naturschutzverbände, Bürgerinnen- und Bürgerinitiativen, kommunale und parlamentarische Vertretungen politisch und rechtlich in die Lage versetzt werden, die sozialen, ökologischen und kulturellen Lebensinteressen der heutigen und der künftigen Generationen machtvoll gegenüber solchen ökonomischen Verwertungsinteressen zur Geltung zu bringen, die diesen Lebensinteressen entgegenstehen.
Die Erneuerung der Demokratie ist ohne die Veränderung der Regulationsweise unmöglich. Wir wollen, dass neue volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen mit marktkonformen Instrumenten und Ordnungspolitik, mit Geboten und -- soweit erforderlich -- Verboten das Gewinninteresse der Unternehmen auf nachhaltige Entwicklungen orientieren. Wo soziale Kälte und ökologische Blindheit der Marktkräfte zerstörerisch wirken, müssen Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik dem durch Gesetze Grenzen setzen. Wo diese Grenzen missachtet werden, sind andere Regulationsmechanismen als der Markt erforderlich.
Globalisierung ohne Demokratisierung der internationalen Beziehungen erzeugt Diktatur und imperiale Herrschaft. Eine neue demokratische Weltordnung muss die globalen wirtschaftlichen, sozialen, politischen, kulturellen Prozesse regulieren. Dazu gehören Stärkung und Demokratisierung der UNO und ihrer Unterorganisationen, gleichberechtigter Einfluss des Südens und Ostens in Welthandelsorganisation, Internationalem Währungsfonds und Weltbank, Re-Regulierung der Finanzmärkte, die Einführung von international wirksamen Devisenumsatz- und Kapitalverkehrssteuern, gesicherte Kontrollen großer Kapitalbewegungen und eine engere Bindung von Dollar- und Euro-Kursen. Die umfassende Durchsetzung von Menschenrechten und die Einführung international geltender, möglichst hoher sozialer und ökologischer Standards erfordern eine verbindliche Unterstützung der ökonomisch schwächeren durch die reicheren Länder, sollen diese Forderungen nicht zum Druckmittel in den Händen des Nordens werden.
2. Frieden und Gewaltfreiheit
Der Schutz des Lebens ist das elementarste Gut, auf das alle Menschen Anspruch haben. Die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" stellt heraus: "Der Mensch hat das Recht auf Leben und Freiheit und Sicherheit der Person." Mit Leidenschaft werden wir uns dafür engagieren, diesem Recht und seiner Verwirklichung als Gewaltfreiheit nach innen und Frieden nach außen Geltung zu verschaffen.
Von 1945 bis 1988 fanden 202 Kriege statt. In den zehn Jahren danach kamen 42 neue Kriege hinzu. Sie forderten erneut Millionen Tote und Verwundete. Bürgerkriege in vielen Ländern der Welt haben die Lebensgrundlagen ganzer Völker für lange Zeit zerstört. Hunderttausende irakische Kinder sind im Gefolge des UN-Embargos gestorben. Eine neue Welle der Hochrüstung hat begonnen. Jährlich werden für Rüstung weltweit 700 Milliarden Dollar ausgegeben. Deutschland hat noch vor Großbritannien und China das vierthöchste Militärbudget. 90 Prozent der Ausgaben für militärische Forschung werden durch die USA und ihre Verbündeten getätigt. An die Stelle der Gefährdungen des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion sind Gefahren getreten, die aus Unterentwicklung, Staatenzerfall, ökologischer Degradation und einer neuen imperialen Sicherheitsordnung erwachsen. Ein Fünftel der Militärausgaben würde reichen, um nachhaltig die Grundversorgung aller Menschen mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Bildung und Gesundheitsbetreuung zu sichern.
Die PDS versteht sich als konsequente Antikriegspartei. Diese Position, die unseren Widerstand gegen den Krieg der NATO gegen Jugoslawien begründet hat, wird uns auch künftig leiten. Frieden oder Barbarei! Jeder realistische Weg und jeder einzelne Schritt, Krieg endlich und endgültig zu ächten und Rüstungen und Streitkräfte abzubauen, wird von uns unterstützt werden. Keine Mutter soll ihre Kinder durch Krieg verlieren, keine Familie vertrieben, keine Frau vergewaltigt werden, kein Kind als Soldat Kriegsdienst leisten.
Wir wissen, dass einer solchen Politik die Interessen mächtiger transnationaler Unternehmen an Einfluss und Ressourcen, die Interessen von Rüstungsunternehmen und starker politischer Machtgruppen entgegenstehen. Wir wissen, dass in vielen Ländern eine zivile, demokratische und soziale Staatsmacht erst noch aufgebaut werden muss. Doch das Ziel kann nicht kleiner sein: Krieg gehört nicht auf die Erde, sie ist zu klein und zu verletzlich dafür. Krieg gehört nicht in die Politik, denn er ist ihr Versagen. Krieg gehört nicht in die Zukunft, denn er zerstört Zukunft. Die Menschen haben ein Recht auf Frieden, die Politik hat eine Pflicht, Kriege unmöglich zu machen.
Mit dem Krieg gegen Jugoslawien ist der ursprüngliche Konsens, von deutschem Boden dürfe nie wieder Krieg ausgehen, zerstört worden. Die PDS war die einzige Bundestagspartei, die den ursprünglichen Konsens zehn Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer verteidigt hat. Davon werden wir niemals abrücken! Die Geschichte Deutschlands und seine Verantwortung für zwei Weltkriege verbieten nicht angebliche Sonderwege, sondern gebieten eine uneingeschränkte Friedenspflicht.
Unsere Ziele bleiben das Verbot und die Beseitigung aller nuklearen und anderen Massenvernichtungswaffen, ein Stopp für die Produktion hochtechnologischer Angriffswaffen und aller Rüstungsexporte, die Abschaffung der Wehrpflicht und aller anderen Zwangsdienste. Wir sagen Nein zur Bildung eines neuen hochgerüsteten westeuropäischen Militärblocks und fordern eine friedensstiftende Korrektur der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union.
Die PDS definiert ihre sozialistische Politik als Menschenrechtspolitik. Ihr Engagement für Menschen- und Minderheitenrechte ist konsequent und unteilbar. Imperiale Menschenrechtspolitik ist Politik gegen die Menschenrechte. Imperiale Sicherheitspolitik untergräbt die Grundlagen gemeinsamer Sicherheit. Wir akzeptieren keinen Missbrauch der Menschenrechtspolitik für militärische Interventionen und für die Schwächung der UNO und des auf ihrer Charta beruhenden Völkerrechts. Deshalb lehnen wir auch die von den USA und ihren Verbündeten praktizierte Missachtung des internationalen Gewaltmonopols des Sicherheitsrats der UNO strikt ab.
Das von den USA und der durch sie geführten NATO beanspruchte internationale militärische Machtmonopol ist keine Lösung für die überall aufbrechenden Konfliktherde, sondern ein Teil ihrer Ursachen. Dieser Machtanspruch verstärkt den Zerfall von Staaten und hat eine neue Welle von atomarer, hochtechnologischer und konventioneller Rüstung in Gang gesetzt. Da die NATO eine -- völkerrechtswidrige -- nukleare Abschreckungsdoktrin verfolgt und Anspruch auf Interventionsrechte rund um den Erdball erhebt, fordern wir, die NATO durch ein gesamteuropäisches und internationales Sicherheitssystem zu ersetzen oder sie in ein solches umzuwandeln. Auch die USA und die NATO müssen sich endlich dem Völkerrecht unterordnen.
Wir sind der Idee gemeinsamer und ziviler Sicherheit und einer Politik präventiver Konfliktvorbeugung und -lösung verpflichtet. Ihre wichtigsten Instrumente sind die gleichberechtigte Zusammenarbeit der Staaten, die Stärkung der Vereinten Nationen, die Demokratisierung der internationalen Beziehungen und eine gerechtere Weltwirtschaft, die radikale Abrüstung, das Verbot des internationalen Waffenhandels, einschließlich des Handels mit den so genannten Kleinwaffen, und die konsequente Kontrolle dieses Verbots. Soziale und ökologische Nachhaltigkeit ist nur im Frieden möglich, Frieden dauerhaft nur gesichert, wenn verhindert wird, dass Ressourcenknappheit zu neuen Kriegen beiträgt.
Krieg beginnt immer in den Köpfen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, die Erziehung zu Frieden und Toleranz in den Schulen und in der gesamten Gesellschaft zu stärken. Gewaltfreiheit nach außen wird unmöglich bleiben, wenn Gesellschaft und Politik nicht Gewaltfreiheit nach innen anstreben und erreichen. Für 90 Prozent der Bevölkerung stellt Gewalt die größte persönliche Bedrohung dar. Viele Frauen und Kinder sind alltäglich physischer Gewalt ausgesetzt. Im Jahre 2000 wurden fast 16.000 Straftaten mit rechtsextremistischem, fremdenfeindlichem und antisemitischem Hintergrund öffentlich erfasst.
In Deutschland stellen wir eine Verrohung der politischen Kultur, empörenden Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz gegenüber anderen Lebensweisen fest. Wir sind überzeugt, dass das Wiederaufleben rechtsextremer und neonazistischer Kräfte aus der Mitte der Gesellschaft und aus der bewussten Missachtung gegenüber der Aufgabe entsteht, allen Menschen ein soziales und menschenwürdiges Leben zu bieten. Deutsche Geschichte und Gegenwart stellen uns in eine besondere Verantwortung für aktiven Antifaschismus und Widerstand gegen rechtsextreme Entwicklungen.
Wir wollen gemeinsam mit anderen die Ursachen für den Rechtsextremismus beseitigen und soziale, freiheitliche und kulturelle Antworten auf die gesellschaftlichen Probleme finden. Junge Menschen müssen eine Gesellschaft erfahren können, der ihr Schicksal nicht gleichgültig ist, die sich mit dem Verfall von Bildungs- und der Schließung von Kultureinrichtungen, dem Fehlen von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen nicht länger abfindet. Nicht die Ausweitung der repressiven Funktion des Staates, sondern die Wiederherstellung seiner sozialen Funktion sowie die Ausweitung der Bürgerrechte sind geeignet, den Rechtsextremismus und die Gewaltkriminalität nachhaltig zurückzudrängen. Staat und Zivilgesellschaft müssen die Menschen wirksam gegen rechte Gewalt und Rassismus schützen. Daran werden wir auch künftig aktiv beteiligt sein. Es gehört zu unseren Erfahrungen aus der DDR: Emanzipatorischer Antifaschismus braucht mündige Bürgerinnen und Bürger. Die PDS kämpft für eine offene und tolerante Gesellschaft, die allen hier lebenden und arbeitenden Menschen gleiche materielle und soziale Bedingungen und gleiche demokratische Grundrechte einräumt.
Wir werden uns nicht an der Politik anderer Parteien beteiligen, mit der Aushöhlung des Asylrechts, der Verweigerung einer liberalen Einwanderungspolitik sowie einer law-and- order-Politik das Gedankengut des Rechtsextremismus hoffähig zu machen. Unsere Position bleibt gültig: Offene Grenzen für Menschen in Not. Für diese Position streiten wir auch gemeinsam mit Linken innerhalb der Europäischen Union. Das Schengener Abkommen und seine Integration in den Amsterdamer Vertrag fordern Widerstand heraus. Gegen Rassismus, Neonazismus und Gewalt ist das breiteste Bündnis erforderlich. Zu dieser Gemeinsamkeit sind wir bereit, aber nicht dazu, die politische Mitverantwortung der herrschenden Politik für den Rechtsextremismus zu verschweigen.
Sicherheit gegenüber Kriminalität ist ein legitimes Grundbedürfnis und hohes Gut. Der Schutz gegen kriminelle Gewalt ist ein Grundrecht, das der Staat für jede und jeden zu gewährleisten hat. Er ist jedoch keine Begründung für den repressiven Staat und die Einschränkung der Bürgerrechte. Schutz vor Kriminalität muss mit einer langfristigen Politik verbunden werden, die die sozialen und politischen Ursachen von Kriminalität beseitigt. Gut ausgebildete und human motivierte Polizeikräfte stellen einen besseren Schutz gegen Verbrechen dar als Videokameras und Abhöranlagen und andere Formen der Einschränkung von Bürgerrechten. Der notwendige Schutz aller in Deutschland lebenden Menschen kann und muss mit einer Stärkung von Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Transparenz und Freiheitsrechten einhergehen. Wir wollen, dass die ganze Gesellschaft für eine umfassende Bewegung gegen Gewalt insbesondere an Kindern und Frauen gewonnen wird.
3. Umwelt
Keines der Freiheitsgüter ist gefährdeter als die irdische Natur. Sie ist durch unumkehrbare Zerstörung bedroht. Die Menschen haben Waffensysteme mit der Fähigkeit zur Selbstvernichtung der Menschheit hervorgebracht. Nun aber untergraben auch die ganz "normalen" profitbestimmten Produktions- und Lebensweisen die Naturgrundlagen unseres Lebens.
Täglich werden weltweit etwa 100 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen und lassen eine Klimakatastrophe wahrscheinlich werden. Allein für 1998 wies der Weltkatastrophenbericht 60.000 Tote und 380 Millionen weitere durch Sturm- und Flutkatastrophen schwer Betroffene aus. Jeden Tag werden 55.000 Hektar Tropenwald abgeholzt, sterben rund 100 Tier- und Pflanzenarten aus, dehnen sich die Wüsten um 20.000 Hektar aus.
Wir sind dafür verantwortlich, die natürlichen Voraussetzungen menschlichen Lebens auf der Erde zu schützen und den Reichtum der Natur zu erhalten. Der ökologische Wandel von Produktions- und Lebensweise ist zwingend erforderlich. Die nachhaltige Bewahrung oder Wiederherstellung einer lebenswerten Umwelt heutiger und zukünftiger Generationen, der Menschen im Süden und Norden unseres Planeten gehört zu den zentralen Fragen sozialistischer Programmatik und Politik.
Auch in der Umweltpolitik beziehen wir einen sozialistischen Standpunkt: Einheit von sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit, Überwindung der Profitdominanz, gerechte Nutzung des Umweltraums, Wandel der Lebensweisen, umweltgerechte Verbindung von Globalisierung und Regionalisierung, das gemeinsame Wirken aller Akteure sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit bilden die Eckpunkte dieser Politik. Es geht um nicht weniger als um die politische Gestaltung der Revolution im Verhältnis des Menschen zur Natur.
Umweltpolitik ohne Lösung der sozialen Fragen muss scheitern. Da Umweltpolitik zu einer Politik menschlichen Überlebens geworden ist, ist die Lösung sozialer Fragen heute ebenfalls zu einer Existenzfrage der Menschheit geworden: kein Vorrang der Beschäftigungspolitik zu Lasten der Umwelt und kein ökologischer Wandel ohne Beschäftigungspolitik; kein ökologischer Umbau, der nicht mit sozialer Sicherheit für die Betroffenen verbunden ist. Die Grundgüter eines Lebens in Freiheit und Selbstbestimmung sind dauerhaft nur miteinander zu haben oder gar nicht.
Umweltpolitik ist mit wirtschaftlichem Gewinn, aber nicht mit der Dominanz des Profits als Maßstab aller gesellschaftlichen Entwicklung vereinbar. Ökonomische Effizienz setzt notwendige Ressourcen sozial-ökologischen Wandels frei, doch müssen diese auch nach sozialen und ökologischen Maßstäben verwendet werden. Wir wollen jene Eigentums- und Machtstrukturen, die einem sozial-ökologischem Wandel entgegenstehen, schrittweise verändern und schließlich überwinden. Es sind vor allem die Träger der fossilen Energiewirtschaft, die Atom- und Rüstungslobby, die Konzerne der Automobilindustrie, der Gentechnik und Agrarindustrie, der Pharma- und Chemiebranche, die Profiteure des Nord- Süd-Gegensatzes und die Gewinner der internationalen Börsen- und Devisen- Spekulationen, die den Übergang zu ökologischer Nachhaltigkeit blockieren. Diese Blockade muss durchbrochen werden -- auch durch die Förderung ökologischen Unternehmertums.
Umweltpolitik muss zu internationaler Gerechtigkeit beitragen. Daran hat sich auch der notwendige Strukturwandel der Bundesrepublik Deutschland zu orientieren. Allen Bewohnerinnen und Bewohnern der Erde gebühren die gleichen Anrechte, Naturressourcen der Erde zu nutzen und natürliche Kreisläufe zu belasten. Wir müssen durch eine deutliche Verminderung von Naturbelastung und Ressourcenverbrauch in den reichen Ländern die Entwicklung der ärmeren Länder ermöglichen. Von den reichen Ländern geht der Hauptteil der Umweltzerstörungen aus. Sie müssen lernen, dass Globalisierung globales Teilen verlangt.
Umweltpolitik erfordert einen Wandel der Lebensweisen. Auch in den reichen Ländern brauchen Millionen Menschen ein höheres Einkommen, um das Lebensnotwendige erwerben zu können. Zugleich werden für viele der Reichtum zwischenmenschlicher Beziehungen, weite Bildungshorizonte, selbstbestimmte Lebensräume, Kultur und Sicherheiten des Lebens wichtiger als die immer weitere Ausdehnung von materiellem Konsum. Alternative Lebensweisen müssen unterstützt werden. Von ihnen können starke Impulse für den sozial-ökologischen Wandel ausgehen. Die Kämpfe der Zukunft werden in starkem Maße Kämpfe um eine neue Lebensweise sein.
Umweltpolitik schließt die Ökologisierung der internationalen Arbeitsteilung ein. Globaler Informationsaustausch, regionale Stoff- und Energiekreisläufe und lokale humane Dienstleistungen müssen sich ergänzen. Der Gütertransport insbesondere auf der Straße muss deutlich reduziert werden. Der Vermeidung von Abfällen geben wir den Vorrang vor der Verwertung und Entsorgung. Wir treten für dezentrale und umweltverträgliche Abfallbehandlungsverfahren anstelle von Müllverbrennung ein. Regionalisierung ist zugleich eine Chance, die demokratische Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger in ihren unmittelbaren Lebensräumen zu stärken.
Umweltpolitik im 21. Jahrhundert ist Teil der notwendigen globalen Revolution des Verhältnisses zur Natur. In den nächsten Jahrzehnten ist die Aufgabe zu lösen, eine Effizienzrevolution zu vollziehen, Produktion, Konsumtion und Lebensweise ökologisch nachhaltig umzugestalten und das Verhältnis zwischen Wissenschaft, technologischer Entwicklung und Politik grundsätzlich zu verändern.
Die ökologisch erforderliche Effizienzrevolution ist wirtschaftlich und technisch möglich. Wir werden jeden Schritt unterstützen, sie politisch durchzusetzen. Wir drängen darauf, den Kohlendioxid-Ausstoß in der Bundesrepublik bis 2010 im Vergleich zu 1990 um 35 Prozent zu senken und die Voraussetzungen für weitere schnelle Rückgänge zu schaffen. Eine Schlüsselrolle wird dafür die Einleitung einer solaren Energiewende in der ersten Dekade des neuen Jahrhunderts spielen müssen. Durch Energieeinsparung, größere Energieeffizienz und Förderung erneuerbarer Energien soll ein Weg gefunden werden, der aus der Sackgasse der atomaren und fossilen Energiewirtschaft herausführt.
Die ökologische Effizienzrevolution erfordert, Marktregulierung mit staatlicher Ordnungspolitik und langfristig berechenbarer Verteuerung des Verbrauchs knapper Ressourcen zu verbinden. Eine solche Politik wird nur dann Akzeptanz finden, wenn sie sozial abgesichert und gerecht ist. Weder weltweit noch in unserem eigenen Land darf der Luxuskonsum und die Ressourcenverschwendung der einen durch die Armut und den Ausschluss von Ressourcenverwendung der anderen bezahlt werden.
Eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft muss eine gesunde Ernährung sichern und von Respekt vor allen Lebewesen bestimmt sein. Sie stellt nachwachsende Rohstoffe und Energieträger bereit, hat Natur erhaltende, Umwelt schützende und Landschaft gestaltende Aufgaben und trägt Verantwortung für den Artenschutz. Dazu gehört ein umfassender und wirksamer Tierschutz. Sie soll stärker in regionale Wirtschafts- und Stoffkreisläufe eingeschlossen werden. Dringlich ist, den ökologischen Land- und Waldbau wesentlich auszuweiten. Die einseitig auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Landwirtschaftspolitik muss durch eine Verbraucherinnen und Verbraucher und Natur schützende Entwicklungspolitik für den ländlichen Raum, durch den Übergang zu einer zugleich sozial, ökologisch und ökonomisch orientierten Förderpolitik abgelöst werden. Wir unterstützen die Forderung, Deutschland- und europaweit ein kohärentes Schutzgebietssystem zur Erhaltung der Öko- und Biodiversität zu entwickeln.
Ökologischer Umbau der Gesellschaft ist zugleich Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse und ihrer wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen. Der Übergang zu einer wissensbasierten Gesellschaft und hochtechnologischer Wandel bieten große Chancen für den sozial-ökologischen Umbau. Dieser muss zum wichtigste Feld neuer Technologien werden. Dadurch verändert sich die Rolle technischer und sozialer Innovationen. Das bedingt Förderung von Innovationen nach dem Maßstab der Einordnung effizienter Wertschöpfung in soziale, ökologische und gesundheitliche Ziele sowie Technologietransfers zur Verringerung des Nord-Süd-Gefälles.
Umweltpolitik muss gemeinsam durch alle getragen werden, die sich für soziale und ökologische Nachhaltigkeit einsetzen. Sie verpflichtet zum gemeinsamen Wirken mit Umwelt- und Tierschutzverbänden und allen anderen Akteuren eines ökologischen Umbaus der Bundesrepublik. Ohne Gewerkschaften und ohne feministische Emanzipationsbewegungen wird dieser Umbau nicht möglich sein. Für Umweltorganisationen, Verbraucherverbände, Gewerkschaften und andere zivilgesellschaftliche Kräfte wollen wir demokratische Planungs-, Kontroll- und Einspruchsrechte beim sozial-ökologischen Umbau.
4. Arbeit
Der rechtlich gesicherte Zugang für jede und jeden zu existenzsichernder und ökologisch verantwortbarer Erwerbsarbeit ist ein Freiheitsgut ersten Ranges und Grundelement einer gerechten Gesellschaft. Eine solche Erwerbsarbeit ist die wichtigste ökonomische Grundlage eines selbstbestimmten Lebens. Sie ist die entscheidende Form sozialer Integration und eine Voraussetzung dafür, dass Flexibilisierung auch im Interesse der Beschäftigten selbst erfolgen kann.
Die Wegwerfgesellschaft wirft auch Menschen weg. Nahezu 20 Prozent der Erwerbsfähigen in der Deutschland, in Ostdeutschland fast ein Drittel, sind von offener oder verdeckter Arbeitslosigkeit betroffen. Weltweit sind es fast eine Milliarde Menschen. Unter dem Druck der Arbeitslosigkeit ist der Anteil mindergeschützter und diskriminierender Arbeitsverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland auf rund ein Viertel aller Arbeitsverhältnisse gestiegen und nimmt weiter zu. Mit ihnen sind Leistungsstress, Existenzängste, persönliche Abhängigkeitsverhältnisse, geringe Einkommen, ungenügende Absicherung bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und im Alter und beschränkte berufliche Entwicklungsmöglichkeiten verbunden.
Arbeit muss kein knappes Gut sein. Sie kann dann für jede und jeden gesichert werden, wenn drei beschäftigungspolitische Ansätze zusammengeführt werden: Zugang zu existenzsichernder Erwerbsarbeit für alle; unter dieser Voraussetzung Bedeutungszuwachs und gesellschaftliche Anerkennung von Nichterwerbsarbeit bei deren angemessener sozialer Absicherung; gleiche Teilhabe von Männern und Frauen an Erwerbs- und Nichterwerbsarbeit.
Erwerbsarbeit muss Schritt für Schritt aus einem ökonomischen Zwangsverhältnis in eine Bedingung realer Freiheit verwandelt werden. Wir setzen uns ein für eine demokratische Arbeitskultur, die erweiterte Mitbestimmung und gleichberechtigte Kooperation zwischen Individuen und Gruppen, zwischen Generationen und Völkern, zwischen Frauen und Männern. Der Profit darf nicht das dominante Maß für Zuteilung, Organisation und Bewertung der Arbeit bleiben.
Es gibt keinen gesellschaftlichen, sondern nur einen kapitalistisch bedingten Mangel an Erwerbsarbeit. Der Gesellschaft geht die Arbeit nicht aus. Zurück geht nur der Teil der dauerhaften und gut bezahlten Arbeitsplätze, der an Kapitalrentabilität gebunden ist. Der betriebswirtschaftliche Produktivitätsgewinn zieht massenhafte Arbeitslosigkeit nach sich. Die gegenwärtig vorherrschende Antwort darauf heißt: Ausweitung des Niedriglohnsektors, der geringfügigen, sozial und arbeitsrechtlich prekären Beschäftigung, der Scheinselbständigkeit und der Welt der "Job-Nomaden", die ständig zwischen diesen Formen wechseln müssen.
Ein neuer sozial-ökologischer Entwicklungspfad schafft viele neue Arbeitsfelder. Er braucht jede und jeden und kann existenzsichernde Arbeit für alle hervorbringen. Die Grundlage dafür wird durch die Umgestaltung der Binnenmärkte gelegt. Dazu gehört die sozial gerechte und ökologisch verantwortliche Regulierung der Weltmärkte. Zwar ist die Beschäftigung der wachsenden Informationsarbeiterschaft und anderer qualifizierter Gruppen stark von der internationalen Wettbewerbsfähigkeit in den hochtechnologischen Branchen abhängig. Die Integration dieser modernen wissenschaftlich-technischen Umwälzungen in den sozial- ökologischen Umbau kann jedoch nur dann gelingen, wenn diese Umwälzungen mit Ausprägung regionaler Kreisläufe und intensiver Entwicklung von Umwelttechnologien verbunden und in den notwendigen Strukturwandel eingebracht werden.
Die beiden wichtigsten neuen Felder der Erwerbsarbeit sind der ökologische Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft und der Ausbau qualifizierter humanorientierter Dienstleistungen. Drei Grundgüter des Lebens erfahren so eine Verknüpfung: der Zugang zu existenzsichernder Arbeit, der Erhalt ökologischer Lebensbedingungen und soziale Sicherheit durch qualifizierte Leistungsangebote im Gesundheits- und Bildungswesen, in Erziehung, Pflege und Kultur. Demokratie und Gewaltfreiheit erhalten eine stabilere Grundlage. In diesen Bereichen werden wichtige Grundlagen einer wissens- und kommunikationsbasierten Produktionsweise geschaffen.
Gesellschaftspolitik, die von der tradiert männlichen bezahlten Erwerbsarbeit und weiblichen Hausarbeit ausgeht, ist antiquiert. Nicht nur Erwerbsarbeit ist Arbeit. Der größte Teil der geleisteten Arbeit wird nicht bezahlt und sollte auch nicht in bezahlte Arbeit verwandelt werden. Die Erziehung der Kinder, die Gestaltung von Lebensumwelt, Wohnung, Haus und Garten, die Vorbereitung von Essen und Trinken, Engagement für soziale, kulturelle, politische und ökologische Belange und kommunale Angelegenheiten tragen maßgeblich sowohl zu gesellschaftlichem Wohlergehen als auch zu individueller Selbstverwirklichung bei. Es sind keine zu verwirtschaftenden Zwänge, von denen man sich durch Bedienstete weit gehend befreien muss. Die Reduzierung der Erwerbsarbeitszeit wird erlauben, selbstbestimmte Eigenarbeit dafür aufzuwenden, sinnvoll kombiniert mit bezahlten Dienstleistungen. Die kommunale und soziale Infrastruktur muss entsprechend ausgestaltet werden.
Was vorher durch die Trennung von zumeist männlicher Erwerbsarbeit und zumeist weiblicher Hausarbeit versteckt wurde, ist jetzt offenkundig geworden: Alle Formen von Arbeit bedürfen gesellschaftlicher Anerkennung. Sie sollen freiwillig gewählt und dürfen nicht aufgezwungen werden. Sie müssen Ansprüche in den sozialen Sicherungssystemen begründen. Dazu gehört eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung.
Eine erhebliche Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit, die soziale Absicherung von Selbständigkeit und Wechsel zwischen Phasen von Erwerbsarbeit und freiwilliger Eigenarbeit sowie gesellschaftlichem Engagement sind Grundbedingungen dafür, dass die Arbeit gerechter und beschäftigungswirksamer verteilt wird und dass Männer und Frauen gleichgestellt teilnehmen können. Dies schafft zugleich neue Möglichkeiten für die reale Teilhabe von Frauen an der Erneuerung von Demokratie. Die wirkliche Gleichstellung verlangt, dass es nicht zu Sektoren mit deutlicher Unterbezahlung kommt, bei denen Frauen oder auch Männer finanziell an Partner gefesselt oder auf die Sozialhilfe des Staates verwiesen werden.
Eine kooperativere Arbeitswelt, eine neue Beschäftigungspolitik und die stärker selbstbestimmte Verbindung von Erwerbsarbeit mit Phasen freiwilliger Eigenarbeit für alle ermöglicht es, den Missbrauch des durch die patriarchale Sozialisierung entwickelten spezifisch weiblichen Arbeitsvermögens (zwischenmenschliche Solidarität und Fürsorgebereitschaft, soziale Sensibilität, Kompromissorientierung) in zumeist schlecht bezahlten Dienstleistungsbereichen zu überwinden und solche Verhaltensorientierungen allgemeiner auszuprägen.
(66.1) 27.02.2004, 12:35, Susanne Irrengarten: guten abend die damen wie die herren wie sie schon alle wissen halte ich von politik nicht sehr viel. wenn ich mir jedoch das gfanze geschwafel von euch lieben anhöre merke ich dass mein ganzer körper wie auch geist interesse daran gewinnt.jetzt muss ich euch ertsmal ein kompliment machen so eine uninteressiert unaufmerksame wie faule junge dame wie ich ist nicht leicht umzustimmen. doch sie haben es geschafft. ich bin stolz über meinen schatten gesprungen zu sein. denn ich wollte zwar weiter nur schlimme dinge produzieren habe mich aber überwunden und habe so zum ersten mal in meinem leben einen artikel geschrieben dere länger war als zwei zeilen. kompliment und meine hochachtung habt ihr mit freundlichen grüßen eure susanne
Das Versagen der kapitalistischen Märkte bei der Überwindung der Arbeitslosigkeit verweist auf die Bedeutung öffentlich geförderter Beschäftigung in gemeinnützigen Bereichen. Sie sollte zu einem dritten großen Wirtschaftssektor neben Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst entwickelt werden. Dieser Sektor kann zu tariflich gesicherten Bedingungen soziale, kulturelle und ökologische Dienstleistungen, den Aufbau regionaler Infrastruktur für Selbsthilfe und innovative, privat nicht finanzierbare Produktionen übernehmen -- in einem sinnvollen Wechselverhältnis mit kleinen und mittleren Unternehmen.
Wir sehen in einer umweltverträglich strukturierten, sozial gerechter verteilten Kaufkraft auf den Binnenmärkten eine Chance für mehr Beschäftigung und unterstützen daher die Forderung nach Einkommenszuwächsen besonders bei den unteren Einkommensschichten, nach Sicherung hoher sozialer Standards und Zurückdrängung prekärer Beschäftigung. Es geht bei ökologischer Nachhaltigkeit nicht um Verzicht seitens der Mehrheit der Bevölkerung, sondern um eine andere Nutzung des materiellen Reichtums, der Mobilität, des Raumes und der Güterwelt. Die Gegenstände des Konsums sind dann Gegenstand des Genusses und der Befriedigung, wenn sie die Vielfalt genussvollen Verhaltens und den Reichtum menschlicher Beziehungen vermitteln. Dazu bedarf es freier Zeit und selbstbestimmter Eigenarbeit sowie solidarischen Engagements.
Das heutige Sozialversicherungssystem ist für die Mehrheit der Bevölkerung an den "Faktor Erwerbsarbeit" gebunden. Es ist Teil der Kapitallogik, diesen Faktor zu minimieren. Wir werden uns deshalb weiter dafür einsetzen, die Zahlung der Unternehmerbeiträge zu den sozialen Sicherungssystemen auf der Basis der jeweiligen Wertschöpfung und damit auch flexibel nach der schwankenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit statt nach der Lohnsumme zu erheben. Das würde arbeitsintensive Unternehmen mit hoher Beschäftigung begünstigen und jene Unternehmen, die ihre Gewinne maximieren, indem sie durch kapitalintensive Rationalisierung Beschäftigung abbauen, in gerechterer Weise an der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme beteiligen.
In Ostdeutschland steht ein wirtschafts-, umwelt- und beschäftigungspolitischer Neubeginn auf der Tagesordnung. Wir verkennen weder die politischen Gewinne der Ostdeutschen durch die Vereinigung, die Fortschritte an persönlicher Freiheit, die Wohlfahrtsgewinne von Teilen der Bevölkerung und die Modernisierung von Infrastruktur, Städten und Gemeinden, noch den großen Beitrag, den Menschen in der ganzen Bundesrepublik Deutschland dafür geleistet haben. Aber wir stellen fest, dass das Fehlen einer sich selbst tragenden Wirtschaft in Ostdeutschland und die materielle, kulturelle und mentale Benachteiligung Ostdeutscher dramatische und letztlich zerstörerische gesellschaftliche Konsequenzen hat. Sie drohen, unumkehrbaren Charakter anzunehmen. Sie sind ein wesentlicher Ausgangspunkt für den Rechtsextremismus in Teilen der ostdeutschen Gesellschaft. Wir vermissen bei anderen Parteien den politischen Entscheidungs- und Gestaltungswillen, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verwerfungen in Ostdeutschland zu überwinden.
Die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Krise Ostdeutschlands kann nur dann überwunden werden, wenn Struktur- und Regionalisierungspolitik und die Verbesserung der Kommunalfinanzen dazu beitragen, regionale Beschäftigungspotenziale ökologisch vorteilhaft auszuschöpfen und demokratischen Einfluss von unten zu begünstigen. Innovationsprogramme sollten die Bündelung von Fördermitteln erleichtern und Anstoß für den notwendigen Wandel der Regulationsweise in der Bundesrepublik sein. Anhaltende Investitionsförderung und eine höhere Investitionsquote sollten auf zukunftsträchtige Produktion und Dienstleistungen mit hohen Umweltansprüchen konzentriert werden, auf die Herausbildung weiterer technologischer Kompetenzzentren, auf deren Einbindung in die Entwicklung regionaler Kreisläufe, auf die Ansiedlung und Unterstützung von Unternehmen mit hohen regionalen Verflechtungseffekten und auf die Integration mittel- und osteuropäischer Länder. Gleichwertige Bezahlung und Anerkennung von Leistungen in Ost und West sind wichtige Voraussetzungen für die Überwindung krisenhafter Erscheinungen und Verwerfungen in Ostdeutschland.
5. Bildung, Wissen und Kultur
Die Möglichkeit der freien Aneignung von Bildung und Kultur ist zur Voraussetzung geworden, sich in der heutigen Welt bewusst zu orientieren, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und die Zukunft der Gesellschaft mitgestalten zu können. Kultur ist eine der wenigen erneuerbaren Ressourcen der Menschheit. Im gleichen Maße, wie die modernen Produktionsprozesse immer stärker von der Leistung allgemeiner Arbeit, von Informationsarbeit, von sozialer und gestalterischer Kreativität abhängig werden, im gleichen Maße wird der sozial gleiche Zugang zu Wissen und zur Teilhabe am kulturellen Austausch wichtiger für die reale Freiheit der Einzelnen.
Die Gestaltung der Bedingungen zur Aneignung von Bildung und Kultur entscheidet wesentlich über die soziale Struktur der Verteilung von Lebenschancen. Sie ist eine zentrale Macht- und Eigentumsfrage. Die Gesellschaft spaltet sich gegenwärtig national und global zunehmend in jene, die über die Kompetenzen zur Beherrschung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien verfügen, und jene, die davon ausgeschlossen sind. Diese Spaltung ist ökonomisch und soziokulturell bedingt und wird an die nachwachsenden Generationen vererbt. Wir wollen die zu Grunde liegenden Eigentums- und Machtverhältnisse grundlegend verändern und diese Spaltung überwinden.
Die neue Revolution der Produktivkräfte rückt kulturelle Qualifikationen, soziale Kompetenzen und Ideenfindungen an die erste Stelle. Viele Menschen erfahren mit Bitterkeit, dass sie auf die Veränderung nicht vorbereitet wurden und von sozialem Abstieg und Ausschluss bedroht sind. Die Arbeitsgesellschaft wird nicht durch die Freizeitgesellschaft abgelöst. Aber der Anteil von freier Zeit wird über die verschiedenen Lebensphasen fast gleichwertig zur Arbeitszeit. Es fehlen jedoch die sozialen Strukturen und die individuellen Fähigkeiten, um dies in wirklichen Freiheitsgewinn und nicht allein in puren Konsum und Produkte der neuen Freizeitindustrien umzusetzen.
Die öffentlichen Institutionen von Bildung, Kultur und Kunst, die Schulen und Fachschulen, Universitäten und Hochschulen, die Einrichtungen für Qualifizierung, die Museen und Bibliotheken sind weit hinter diesen revolutionären Umwälzungen zurückgeblieben. Die oberen Mittelschichten wählen deshalb den Weg der Privatisierung, um für sich und ihre Kinder eigene moderne Einrichtungen zu schaffen. Die öffentlichen Stätten von Bildung werden zu Orten kultureller Notversorgung für jene, die nicht zahlungsfähig sind. Um diesem Schicksal zu entgehen, wählen Schulen und vor allem Universitäten und Hochschulen selbst den Weg der Privatisierung und orientieren sich immer mehr ausschließlich daran, Menschen und Ideen für den Markt zu produzieren. Die alten und neuen Medien werden an der Profitmaximierung ausgerichtet, Freizeit wird vorwiegend für private Konsumtion genutzt. Der öffentliche Raum verkommt oder wird privatisiert, er wird selbst zum Teil der Unterhaltungs- und Werbeindustrie.
Sozialistische Politik heute ist vor allem auch ein Kampf darum, das emanzipatorische Potenzial der modernen Kommunikationsmedien, der neuen Formen von Kultur und Bildung, der veränderten Formen von Arbeit und Freizeit allen zugänglich zu machen und in Wirklichkeiten selbstbestimmter und solidarischer Lebensweisen zu verwandeln. Die PDS sucht dazu einen Weg jenseits der früheren Verstaatlichung öffentlicher Bildungs- und Kulturangebote und der neuen neoliberalen Privatisierungsoffensive. Ein neuer dritter Sektor selbstverwalteter Organisationen von Wissenschaft und Kultur, Bildung und Freizeit ist zu fördern. Öffentlichkeit, Transparenz, demokratische Partizipation, Verpflichtung zur Wahrnahme sozialer und ökologischer Aufgaben sind gegenüber allen Institutionen kultureller Produktion und Kommunikation ungeachtet ihrer Eigentumsformen zur Geltung zu bringen. Alle leben von dieser Kultur und alle sind für sie verantwortlich.
Der Staat kann und soll nicht alle Aufgaben im Bereich von Bildung und Kultur allein lösen. Es bedarf des Engagements in öffentlichen, frei-gemeinnützigen und privaten Sektoren. Die Kulturwirtschaft wird zu einem wesentlichen Faktor regionaler Entwicklung. Kommunale und staatliche Bildungs- und Kulturpolitik hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen für eine sozial gerechte und emanzipative Entwicklung zu schaffen. Ausreichende öffentliche Förderung und langfristige Sicherung der kulturellen Grundlagen der Gesellschaft und alternativer innovativer Experimente sind notwendig. Gerade hier ist Profit der denkbar ungeeignetste Maßstab. Die Pluralität von Lebensstilen und Kulturen der verschiedenen sozialen, ethnischen und regionalen Gruppen in der Gesellschaft muss gewahrt werden. Ihnen sind Ausdrucks- und Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. Teilhabe an Kultur darf nicht zum Privileg weniger, sondern muss zur Lebenswirklichkeit aller werden.
Die PDS strebt optimale Bedingungen für die Entfaltung individueller Verschiedenheit auf der Basis sozial gleicher Bildungschancen an. Das schließt die individuelle Förderung spezifischer Begabungen und Fähigkeiten ebenso ein wie den Ausgleich sozialer und kultureller Bildungsbenachteiligungen, schließt hingegen Diskriminierungen aufgrund geschlechtlicher, ethnisch-kultureller oder religiöser Verschiedenheit aus. Der Skandal andauernder und sogar zunehmender Chancenungleichheit beim Zugang zu Bildung, Wissen und Kultur muss rasch und nachhaltig überwunden werden -- von den Kindertagesstätten bis zu den Universitäten und Weiterbildungseinrichtungen. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen und bildungsfernen Bevölkerungsschichten wie zum Teil auch von Zugewanderten aus anderen Ländern. Frauen, Ostdeutsche, Migrantinnen und Migranten, Behinderte werden beim Zugang zur Berufsausbildung bzw. beim Eintritt in den Arbeitsmarkt strukturell benachteiligt. Die PDS setzt sich demgegenüber für die Sicherung eines freien Zugangs zu Schul-, Hochschul- und Erwachsenenbildung sowie für eine eltern-unabhängige, sozial verträgliche finanzielle Absicherung des Regelstudiums ein. Eine Privatisierung oder Kommerzialisierung öffentlicher Bildungseinrichtungen lehnen wir grundsätzlich ab.
Eltern haben Angst angesichts der nachlassenden Fähigkeit der Schulen, Bildung zu vermitteln. Extremer Arbeitsstress, Auflösung der traditionellen Familienstrukturen und vor allem das Fehlen eines entsprechenden sozialen Umfelds erschweren die Erziehung der eigenen Kinder. Viele Schülerinnen und Schüler erleben die Schulen als Fremdkörper in einer Gesellschaft, in der sie neue Möglichkeiten der Unterhaltung und Kommunikation vorfinden und selbstbestimmt zu nutzen versuchen. Lehrerinnen und Lehrer sehen sich oft außerstande, Kinder und Jugendliche zu erreichen. Sie wurden häufig auch nicht ausreichend auf die Umbrüche vorbereitet. Das heutige öffentliche Schulsystem ist in einer tiefen Krise. Sinkende Finanzierung, unzureichende materielle Ausstattung, große Klassen, überforderte Lehrerinnen und Lehrer und die Flucht der Kinder aus besser verdienenden Schichten zur Privatschule sind nur die Symptome dieser Krise.
Die PDS tritt für die Stärkung und den Ausbau des öffentlichen steuerfinanzierten Bildungssystems ein. Damit wendet sie sich gegen alle Versuche, Bildungskosten schrittweise zu privatisieren, Bildungseinrichtungen nach dem Muster gewerblicher Unternehmen umzubauen und Bildungsprozesse über betriebswirtschaftliche Effizienzkriterien zu steuern. Die Gesellschaft als Ganze steht in der Verantwortung für die Schaffung gleicher Zugangsbedingungen zu Wissen und in der Verpflichtung, die Wissensgesellschaft sozial und ökologisch zu gestalten.
Die PDS hält eine tiefgreifende Bildungsreform zur Erneuerung und Demokratisierung des gesamten Bildungswesens für notwendig. Schulen befinden sich heute in Konkurrenz zu vielen anderen Lebensfeldern der Kinder und Jugendlichen. Sie müssen zu attraktiven Orten des Lebens junger Menschen werden, um sich behaupten zu können. Sie sind als jene Orte moderner öffentlicher Kultur, Bildung und Freizeit auszubauen, in denen junge Menschen sich entfalten können. Als zentrales Anliegen der Bildung betrachten wir die Förderung der Individualität kritisch denkender, verantwortungsbewusst und solidarisch handelnder Menschen, ihrer sachlichen und sozialen Handlungs- und Gestaltungskompetenzen und ihrer Befähigung zu umfassender Teilhabe an demokratischen Leitungsprozessen der Gesellschaft.
Unserer Vorstellung vom notwendigen Abbau sozialer Ungleichheit und hierarchischer Strukturen entspräche die bundesweite Etablierung eines integrierten Bildungssystems. Seine Aufgabe soll die gemeinsame Bildung und Erziehung von Mädchen und Jungen bzw. Frauen und Männern bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Bedürfnissen nach besonderer geschlechterspezifischer Förderung sein. Es muss der gemeinsamen Bildung und Erziehung von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen und Lernvoraussetzungen bei gleichzeitiger Berücksichtigung des besonderen Förderbedarfs von Bildungsbenachteiligten oder besonders Begabten und der gemeinsamen Bildung und Erziehung von Menschen mit und ohne Behinderung bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Bedürfnissen nach besonderer Förderung von Menschen mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen verpflichtet sein. Sein Anliegen ist die gemeinsame Bildung und Erziehung von Einheimischen und Zugewanderten. Es bezieht internationale Bildungselemente ein, die auf Integration zielen. Schule, Hochschule, berufliche Bildung und Weiterbildung müssen stärker verknüpft werden.
Viele Menschen haben die Erfahrung, dass ihre Qualifikation nicht mehr gebraucht wird. Aber immer noch sind in Deutschland die Voraussetzungen für lebenslanges Lernen nicht geschaffen worden. Der Bildungsrückstand wird zur Armutsfalle und führt in die soziale Isolation. Recht auf Bildung heißt auch: Recht auf lebenslange Teilhabe an der Entwicklung von Bildung, Wissenschaft und Kultur als Bestandteil individueller und gesellschaftlicher Emanzipation. Voraussetzungen für lebenslanges Lernens müssen für alle geschaffen und Fähigkeiten zu eigenständiger Aneignung wechselnder, neuer Bildungsinhalte entwickelt werden.
Die heutige Ausrichtung von Wissenschaft, Forschung und Hochschulbildung entscheidet maßgeblich darüber, welche neuen Möglichkeiten technischer und sozialer Gestaltung entstehen, welche Voraussetzungen für die Abwehr von individuellen und gesellschaftlichen Gefahren geschaffen werden. Vor der Gaskammer gab es chemische Labors für die Entwicklung tödlicher Gase; vor dem Bau der Atombombe wurden ihre Grundlagen wissenschaftlich erst gelegt; dem Klonen von Menschen geht das Klonen von Schafen voraus. Das therapeutische Experimentieren mit Embryos kann zur Züchtung von Menschen führen.
Wissenschaftlichen und ethischen Vorlauf für nachhaltige ökonomische Entwicklung und eine politische Erneuerung der Demokratie zu schaffen, wissenschaftlich begründete Verantwortung für die Bewältigung der Brüche und Herausforderungen unserer Zeit wahrzunehmen, Hochschulabsolventinnen und -absolventen dazu zu befähigen, alternative Konzepte zu entwickeln, anstatt Lehre und Forschung dem Diktat der Marktideologie zu unterwerfen -- das macht eine entscheidende Differenz demokratisch-sozialistischer Hochschulpolitik zum neoliberalen Bildungskonzept aus. Eine demokratische Wissenschaftspolitik muss dazu beitragen, wissenschaftliche Arbeit auf zukunftsentscheidende Fragen einer nachhaltigen Entwicklung zu konzentrieren, die sozialen und ökologischen Folgen wissenschaftlicher Entwicklung zu bewerten und einen breiten öffentlichen Diskurs über die Maßstäbe und Regeln von Innovationen zu befördern.
Die Gestaltung des Verhältnisses von Information und Demokratie ist für uns eine der zentralen Fragen im Umgang mit den Chancen und Gefahren der "Informationsgesellschaft". Der Zugang aller zu elektronischer Information und Kommunikation ist zu sichern, um neuen Spaltungen in der Gesellschaft entgegenzuwirken. Gleichzeitig müssen die Möglichkeiten politischer Mitbestimmung und Partizipation in den traditionellen und neuen Medien entschieden ausgeweitet, muss das Recht auf Selbstbestimmung über Daten, die die eigene Person betreffen, durchgesetzt werden.
Wir finden uns nicht damit ab, dass Deutschland -- reicher denn je -- unfähig und vor allem nicht bereit ist, allen hier lebenden Menschen den Zugang zu Information, Medien und Kultur zu ermöglichen und Einrichtungen der Kultur und Kunst, darunter solche, die seit vielen Jahrzehnten oder sogar seit Jahrhunderten bestanden, zu erhalten. Wir wenden uns nicht nur gegen die Verletzungen des Einigungsvertrages, in dem die Verpflichtung enthalten ist, die Kultursubstanz der DDR zu bewahren, sondern ebenso gegen die Gefährdung des Systems traditioneller bürgerlicher und neuer soziokultureller Einrichtungen, die von den Städten und Ländern wegen der ungerechten Lastenverteilung nicht länger getragen werden können. Der Widerspruch zwischen wachsendem Reichtum in Teilen der Gesellschaft und Verarmung der öffentlichen Hand, von Bund, Ländern und Kommunen, muss überwunden werden.
Es muss beides möglich sein: Bewahrung und Entwicklung der traditionellen Kultureinrichtungen und Förderung neuer Formen künstlerischen Ausdrucks. Wir wollen, dass den Menschen heute und morgen der ganze Reichtum der Kunst der Vergangenheit und Gegenwart zur Verfügung stehen kann. Durch sie wird die Freiheit der einzelnen und ihre soziale Gebundenheit in aller Widersprüchlichkeit gedacht und erlebt. Die Künste sind unser gemeinsames Gedächtnis und experimentelles Labor menschlicher Zukünfte.
6. Soziale Sicherheit
Soziale Sicherheit ist ein zentrales Gut menschenwürdigen Lebens. Soziale Sicherheit befreit von Existenzängsten. Sie steht nicht im Gegensatz zu Freiheit, sondern trägt im Gegenteil entscheidend dazu bei, den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft gegen seine Erosion durch die neoliberale Ausrichtung der Globalisierung zu verteidigen. Gepaart mit anderen Freiheitsgütern bietet sie Freiräume für Kreativität, Selbstbestimmung und Kooperation.
Eine Politik, die die Angst um den "Standort Deutschland" oder die "Festung Europa" in Zustimmung als Instrument der Leistungserpressung und der Rücknahme sozialer Sicherung verwandeln will, lehnen wir ab. Ständige Ängste vor sozialem Absturz führen in eine Abwärtsspirale von sozialem Druck, Ausgrenzung, Gewalt und gesellschaftlichem Zerfall.
Soziale Sicherheit umfasst das Recht auf existenzsichernde Erwerbsarbeit, sozial gleichen Zugang aller zu Bildung und Ausbildung, das gleiche Recht für alle auf präventive, heilende und nachsorgende medizinische Betreuung, das Menschenrecht auf bezahlbares menschenwürdiges Wohnen, auf Mobilität und auf solidarische Sicherungen gegen Lebensrisiken. Präventive und unterstützende Funktionen der Sozialpolitik sollen im Verhältnis zu nachsorgender Sozialpolitik und entgegen deren oft repressiven Wirkungen zur Geltung gebracht werden.
Wir wollen eine Erneuerung der Sozialpolitik, die ihren solidarischen Charakter verteidigt und ausprägt und sich mit den Wünschen vieler Menschen nach Verwirklichung ihrer individuellen Lebensentwürfe verbindet. Als ein Element der Weiterentwicklung und Ergänzung der Sozialversicherung sehen wir die Einführung einer bedarfsorientierten Grundsicherung an. Sie soll zunächst für alle gelten, die ihre Existenz nicht durch eigene Erwerbsarbeit sichern können. Ihr Ausbau zu einem Bürgerrecht aller, zunächst für eine festzulegende Anzahl von Jahren im Verhältnis zu den Erwerbsarbeitsjahren, wäre ein Rückhalt für individuelle Freiheit und gegen den Zwang zur Annahme auch schlechtester Arbeitsbedingungen. Sie ist für uns nicht vorrangig eine Antwort auf Armut in der Gesellschaft. Vor allem ist sie dem Reichtum und der Wettbewerbsstärke der Bundesrepublik Deutschland, einem libertären Lebensgefühl ihrer Bürger, der Pluralisierung von Lebensstilen und der Gewährung von Lebenschancen für jeden Menschen angemessen. Die Ausweitung von Beitragspflicht und Leistungsanrechten auf alle, die bisher davon ausgeschlossen sind (Selbständige, Politiker, Beamte, Freischaffende) und bei der Krankenversicherung auf alle Einkommensarten, die Bemessung der Unternehmensbeiträge nach der Wertschöpfung und die von uns geforderten Veränderungen der Beschäftigungs-, Steuer- und Haushaltspolitik können zusammen die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme gewährleisten. Das schließt ein, auch bei den öffentlichen Ausgaben der Gesellschaft einen angemessenen Anteil als solidarische Aufwendung für Alterssicherung und Gesundheit vorzusehen, mit dem die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung und die Finanzierung der neuen Möglichkeiten medizinischer Behandlung und Betreuung berücksichtigt werden.
Gesundheitssicherung, Rehabilitation und Pflege sind Menschenrechte und gehören zu den elementaren Voraussetzungen von sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Unser Ziel bleibt eine Gesundheitsversorgung, die allen gleichermaßen zugänglich ist. Eine Zweiklassenmedizin muss verhindert werden. Wir wenden uns daher entschieden gegen die zunehmende Bedrohung des Gesundheitssystems durch Entsolidarisierung, Privatisierung und Individualisierung. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung gilt es daher, die Solidarität der Versicherten durch die Ausdehnung der Beitrags- und Versicherungspflicht zu stärken.
Wir sind überzeugt, dass ein modernes Gesundheitswesen für alle auch in Zukunft finanziert werden kann, wenn mehr Integration und Kooperation von Privatpraxen, Gemeinschaftseinrichtungen, Polikliniken und Krankenhäusern als Teil eines Gesundheitsversorgungsnetzes erfolgen, eine gerechte Bewertung medizinischer Leistungen gelingt, eine Positivliste für Medikamente eingeführt wird, die stärkere Anwendung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung sowie eine Demokratisierung, Vereinheitlichung, Entbürokratisierung und Weiterentwicklung der Selbstverwaltungen der Krankenkassen vorangebracht werden. Wir wollen, dass Gesundheitsförderung und Krankheitsvorbeugung stärker entwickelt werden und deshalb der starke Einfluss der Pharmaindustrie und der Gerätehersteller auf das medizinische Leistungsgeschehen gemindert wird.
Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung muss es bleiben, den Lebensstandard im Alter zu sichern. Innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung könnten flexible Anwartschaften und Rente mit Grundbetrag die Risiken unsteter Erwerbsverläufe ausgleichen. An die Stelle starrer Altersgrenzen für den Renteneintritt könnte ein Lebensarbeitszeitkonto treten. Wenn Erwerbsabhängige in Sorge um ihre Alterssicherung oder gesetzlich verpflichtet private Rentenversicherungen abschließen, tritt die PDS für deren Abkopplung von Risiken auf den Kapitalmärkten durch staatliche Regelungen ein. Generationengerechtigkeit in der Gestaltung der Alterssicherung betrachten wir als einen Grundbestandteil der Gerechtigkeit insgesamt.
Gerechte Einkommen und Zugänge zu persönlichem Eigentum und Vermögen sind Voraussetzungen für soziale Gerechtigkeit. Unterschiede sind notwendig und gerecht, sobald sie nachvollziehbar gesellschaftlich gerechtfertigten Kriterien entsprechen. Alternative Reformpolitik hängt nicht allein von der Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums ab. Doch ohne Umverteilung von oben nach unten wird es in der Bundesrepublik keine gerechte Gesellschaft und keine soziale Sicherheit, keine öffentlich geförderten Beschäftigungssektoren und keine dringlich erforderliche Erhöhung der Ausgaben für Bildung, Wissenschaft und Kultur geben. Tatsächlich haben sich aber die realen Nettoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen in den zwei Jahrzehnten seit 1980 fast verdoppelt, während die realen Nettoarbeitseinkommen nur um etwa fünf Prozent stiegen. Millionen leben von Sozialhilfe, aber 20 Personen beziehungsweise Familien verfügen in Deutschland über ein Nettovermögen von rund 107 Milliarden Dollar.
Der fortschreitende Rückzug von Kapital, von Vermögen und Vermögenseinkünften aus der Finanzierung öffentlicher Aufgaben ist skandalös. Wir wollen ihn umkehren. Steuern müssen nach Leistungsfähigkeit erhoben und besonders die Spekulationsgewinne und Risiken auf den internationalen Finanzmärkten sollen begrenzt werden. Die Finanzierbarkeit alternativer Reformen ist jedoch nicht auf Umverteilung von Reichtum zu reduzieren. Die Haushaltsausgaben würden durch eine erfolgreiche Beschäftigungspolitik erheblich entlastet und die Einnahmen vergrößert werden. Riesige Mittel könnten durch ökologischen Umbau, durch Verringerung des Ressourceneinsatzes, Erhöhung der Ressourceneffizienz, Abrüstung und Entmilitarisierung sowie durch Entbürokratisierung gespart werden. Bereits 1990 erreichten in der Bundesrepublik die Kosten durch die Zerstörung der Ozonschicht, durch Wasser- und Luftverschmutzung, durch Lärmschäden, durch Verschlechterung der Bodenqualität und Übernutzung nichterneuerbarer Ressourcen sowie aus der Beseitigung von langfristigen Umweltschäden die Höhe von rund 379 Milliarden DM. Weitere Milliarden kommen als Verkehrsschäden und als Kosten der Wegwerfgesellschaft hinzu. Selbst ohne Erhöhung der Fördermittel könnten durch bloße Veränderungen in der Förderpraxis Spielräume für die Finanzierung von Reformansätzen vergrößert werden. Für Ostdeutschland müssen durch die Neufestlegungen zum Länderfinanzausgleich und zum Solidarpakt II für längere Zeit Entwicklungsinvestitionen gesichert werden.